Der erste Band erinnert an eine Ausstellung, die im Rahmen der Zweihundertjahrfeiern der Französischen Revolution an drei amerikanischen Universitäten gezeigt wurde. Das kommentierte und reich bebilderte Verzeichnis der Ausstellungsstücke - nicht nur von Büchern, sondern auch zeitgenössischen Objekten - bildet den zweiten Teil des Bandes (S. 89 - 221). Im Mittelpunkt steht die Encyclopédie von Diderot und d'Alembert sowie die nach ihrem Druckort benannte Encyclopédie d'Yverdon; berücksichtigt - wenn auch wesentlich knapper - werden andere Vorgänger und Nachfolger des 18. Jahrhunderts, wobei der Abschnitt für die deutschen (Zedler und Krünitz), englischen (Encyclop‘dia Britannica) und amerikanischen (Dobson) Werke doch gar kurz ausfällt; die letzte Abteilung der Ausstellung über die planches der Encyclopédie und die Illustrationen ihrer Konkurrentinnen ist dann erwartungsgemäß wieder sehr umfangreich; leider sind die 153, fast ausschließlich schwarzweißen Abbildungen von sehr mäßiger Qualität und beeinträchtigen den Wert dieses Werkes als Bildband erheblich.
Die einleitenden Essays (S. 19 - 87) sind der sicherlich wichtigere Teil dieser Publikation: die ersten beiden behandeln die Encyclopédie in ihrer Vorbild-Funktion, die weiteren sind bis auf den letzten, allgemeinen, den Ablegern und Konkurrenten in anderen Ländern gewidmet: Schweiz, Italien, Deutschland (über die Deutsche Enzyklopädie, 1778 - 1804, nur A - K erschienen sowie die Enzyklopädie-Pläne des Sekretärs der Berliner Akademie der Wissenschaften, J.-H.-S. Formey), Lateinamerika und Spanien. Daß diese Essays trotz vieler Fußnoten allein schon auf Grund ihres beschränkten Umfangs nicht allen Wissensdurst stillen können, liegt auf der Hand.
Diesen Anspruch erfüllt wesentlich besser die Aufsatzsammlung aus der
Voltaire Foundation Notable..., die sich als Fortsetzung eines bereits
1981 erschienenen Bandes über die Vorläufer der Encyclopédie
versteht.[1] Die zehn gut dokumentierten Beiträge (z.T. sind dieselben
Autoren wie in der amerikanischen Publikation beteiligt) gliedern sich
in 4 Kapitel: 1. Die französischsprachigen Ableger (den Dictionnaire
de Trévoux in Frankreich selbst, sowie die italienischen und die
Schweizer Derivate, darunter natürlich die Encyclopédie d'Yverdon, von
der man inzwischen weiß, daß es sich keineswegs um eine bloße
Übersetzung des Vorbildes handelt). 2. Die englischsprachigen
Nachfahren; 3. Enzyklopädien in weiteren europäischen Ländern, nämlich
in Deutschland (auch hier - besonders ausführlich auf S. 257 - 333
- die Deutsche Enzyklopädie) sowie, bisher wenig untersucht, die
Wirkung
der Encyclopédie in Rußland mit einem bibliographischen Anhang der
russischen Teilübersetzungen von 1767 - 1805 und der wenigen
einschlägigen Sekundärliteratur (S. 369 - 386). Das letzte Kapitel
enthält nur einen einzigen, dazu relativ kurzen Beitrag über den
Einfluß der Encyclopédie auf die Enzyklopädie-Tradition des 18.
Jahrhunderts. Es folgt ein sehr interessantes Musterschema für die
Beschreibung alter Enzyklopädien, von dem man sich wünschte, daß es
als Grundlage einer soliden Bibliographie der Enzyklopädien des 18.
Jahrhunderts dienen möchte. Ein weiterer Wunsch, der nach einer
kommentierten Bibliographie der Forschungsliteratur zu diesem Thema,
sei angeschlossen.
sh
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