Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 5(1997) 3/4
[ Bestand in K10plus ]
[ Bestand in K10plus ]

The Oxford companion to African American literature


97-3/4-330
The Oxford companion to African American literature / ed. William L. Andrews ... - Oxford : Oxford University Press, 1997. - XXVII, 866 S. ; 24 cm. - ISBN 0-19-506510-7 : $ 55.00
[4555]

Der neue Oxford companion to African American literature[1] enthält ca. 400 Autoren- bzw. Personenartikel, rund 150 Werk- und eine Fülle von sonstigen Sachartikeln, die von knapp über 300 Beiträgern überwiegend aus den USA stammen. Alle Artikel sind gezeichnet und schließen in der Regel mit einer kurzen, vorzüglichen Bibliographie ab. Das nicht illustrierte, klar und übersichtlich gestaltete Werk ist zweispaltig mit Kolumnentiteln in einer gut lesbaren Schrift gesetzt.

Das Lexikon führt, wie bei anderen Oxford companions üblich, die Einträge zu Personen, Sachen, direkten Verweisungen und Werken in einem Alphabet auf. Am Ende folgt ein sorgfältig gearbeitetes, dreispaltiges Register (S. 803 - 866) mit dessen Hilfe, der direkten Verweisungen im Artikelkopf und im Text selbst sowie der Siehe-Auch-Verweisungen am Ende der Artikel wird der Inhalt des Lexikons musterhaft erschlossen.

Der vorliegende Oxford companion ist, über die Titelfassung hinausgehend, zugleich ein Autoren-, Real- und Werklexikon, das in enzyklopädischer Form dem Gesamtbereich der Geistes-, Kultur-, Literatur- und Sozialgeschichte der Afroamerikaner mit ihren geschichtlichen Quellen, Stoffen und Traditionen in all seinen Verästelungen gerecht wird. Aufgrund der sorgfältigen, normativen und verläßlichen Darstellung des jetzigen Wissensstandes dürfte es, von kleineren, später gegebenenfalls nötigen Aktualisierungen einmal abgesehen, für längere Zeit das maßgebliche Informationsmittel bleiben. Diese Bewertung beruht auf folgenden Faktoren:

1. In deutlichem Gegensatz zu vergleichbaren Titeln dieses Typs gehen die rund 150 Werkartikel über eine Inhaltsangabe weit hinaus. Sie bringen, ohne daß die ausgewogene Beschreibung und Analyse auf knappem Raum darunter litte, auch einen Abriß der Rezeption und erläutern zentrale Fragen der zugehörigen Fachdiskussion, so daß in manchen Fällen die Lektüre von Sekundärtiteln entfallen kann.

2. Ebenso vorzüglich und gut lesbar sind die Autorenartikel bzw. die für sonstige Personen: Es werden dabei nicht nur Literaten oder Literaturkritiker behandelt, sondern auch Historiker, Illustratoren, Journalisten, Künstler, Maler, Politiker, Publizisten, Schauspieler oder Verleger mitsamt ihrem jeweiligen historischen Umfeld. Bei den Literaten beispielsweise folgt nach einem kurzen biographischen Abriß eine Darstellung der wesentlichen Primärliteratur und des literarischen Werdegangs sowie eine präzise, den Forschungsstand in der Regel korrekt erschließende literaturgeschichtliche Bewertung. Leider fehlen Angaben über die jeweiligen Archive oder Nachlässe sowie über heute verlorene oder noch nicht publizierte Werke. Lücken lassen sich kaum feststellen: Die bloße Verweisung beim Namen der Publizistin Fannie Barrier Williams auf den Sacheintrag The woman's era mag ein Grenzfall sein. Nicht ganz nachvollziehbar sind jedoch fehlende Autoren- bzw. Personeneinträge zu Garland Anderson, Bob Cole, Randolph Edmonds, Abraham Hill, Sarah Parker Remond oder Frank Wilson.

3. Nicht minder wichtig für das gute Abschneiden des Werks sind die Sachartikel: Sie behandeln alle literarischen Gattungen, etwa Autobiography, Folk literature, Historical novel, Poetry, Slave narrative oder Travel writing, bringen gute Überblicksartikel, etwa zur Literary history (S. 445 - 459), und erschließen neben Kernbegriffen wie Freedom, Identity oder Race auch wichtige historische Vorgänge - so etwa Civil rights movement, Lynching, Middle Passage, New negro oder Underground railway. Artikel zu relevanten Berufen, literarischen Charakteren oder Motiven werden ebenso angeboten wie zu Ausprägungen der Formen- und Kulturgeschichte, etwa Blues, Dance, Jazz, Music oder Oratory. Zentrale Faktoren der Literaturgeschichte wie Chicago renaissance oder Harlem renaissance werden mit Akribie und großer Sachkenntnis gleich anschaulich und präzise behandelt wie bislang zum Teil eher vernachlässigte Randbereiche, so daß Literary societies genauso nachgeschlagen werden können wie Women's clubs oder Virginia Hamiltons erstes Kinderbuch (beim Eintrag Zeely). Freilich wünschte man sich auch in diesem Sektor zusätzliche Sucheinstiege oder kleine Ergänzungen: Angesichts der ansonsten vorzüglichen Querschnittsartikel vermißte ich einen Eintrag zu den Women writers, wenn natürlich auch einige Aspekte dieses Phänomens durch andere Artikel zum Teil abgedeckt sind.[2] Andere Sachartikel, die man in diesem breit angelegten Lexikon erwartet hätte, wären Black English,[3] New York Amsterdam news (die führende schwarze Tageszeitung in New York City), Umbra Writers Workshop (die New Yorker literarische Bewegung der 60er Jahre) oder die UNIA-Bewegung (die von Marcus Garvey 1914 gegründete Universal Negro Improvement Association).

4. Im Unterschied zu anderen Oxford companions wie beispielsweise der neuesten Auflage des Oxford companion to American literature (1995),[4] steht am Ende jedes Artikels die knapp, aber vorzüglich ausgewählte, wesentliche Sekundärliteratur einschließlich der wichtigen Artikel aus Sammelwerken und Zeitschriften. Auch diese Angaben werden, von minimalen Ausnahmen[5] abgesehen, exakt aufgeführt, mit vollen Vornamen, jedoch aus Platzgründen ohne Verlags- und Ortsangaben. Die schnell und eindeutig identifizierbaren Titel sind chronologisch aufsteigend geordnet. Sie beginnen in der Mehrzahl der Fälle in den 70er Jahren, reichen aber, sofern es grundlegende ältere Werke sind, mitunter auch erheblich weiter zurück. Wie in amerikanischen Werken üblich, werden fast ausnahmslos englischsprachige oder übersetzte Titel genannt. Insgesamt gesehen wird ein arbeitssparender, verläßlicher Einstieg in die Literatur geboten.[6] Zusammenfassend läßt sich festhalten:

1. Dieses in seiner Konzeption und Durchführung kaum verbesserungsfähige Nachschlagewerk stellt einen Markstein in der Geschichte der Amerikanistik, der "Black studies" und ihrer Fachlexikographie dar. Es wird bei allen wissenschaftlichen Bibliotheken sowohl in den Allgemeinen wie auch in den Fachlesesälen benötigt. Darüber hinaus bleibt es für die Weiterbildung im Fachreferat und die Titelauswahl wohl für längere Zeit unerläßlich. Da dieses Lexikon die schnelle Übersicht, die punktuelle Information wie auch die Zusammenschau in der Tiefe leistet und mustergültig auf einheitlich hohem Niveau zusammenführt, was vorher in Speziallexika und anderen Informationsmitteln verstreut war, ist es ein preisgünstiges, in all seinen Aspekten nachahmenswertes einbändiges Fachlexikon, dessen baldige deutsche Übersetzung zu überlegen wäre.

2. Dieses Lexikon stellt in seinem umfangreichsten Teil, den ca. 400 bio-bibliographischen Artikeln, die maßgeblich zur Fixierung des Kanons beitragen dürften, eine unabdingbare Ergänzung zu Reference guide to American literature / Jim Kamp (1994) und zur Neuauflage des des Oxford companion to American literature / Phillip Leininger (1995) dar. Bei vielen Artikeln erweitert es auch die bislang in Teilen noch unersetzten grundlegenden älteren Werke, wie beispielsweise African American writers / Valerie Smith (1991) und verbessert stellenweise die relevanten Teile bei Contemporary authors und beim Dictionary of literary biography.[7] In der Qualität und in den Literaturangaben leistet es mitunter mehr als weit spezialisiertere Lexika.[8]

3. Auch in den literarischen und außerliterarischen Sachartikeln ist das Lexikon von hohem Wert und praktisch vollständig. Es kann somit zusätzlich als Sachlexikon für wenig dokumentierte Begriffe oder zum Teil entlegen erscheinende Bereiche der Geschichte der Afroamerikaner in all ihren Facetten mit Gewinn genutzt werden, so daß es in manchen Fällen wohl die mehrbändige, recht teure Encyclopedia of African American culture and history (1996) ersetzen kann.

Sebastian Köppl


[1]
Vgl. folgende knappen und sehr positiven, aber nicht in die Einzelheiten gehenden Bewertungen: Peter A. Dollard in: Library journal. - 122 (1997),7, S. 70 und Sandy Whiteley in: Booklist. - 93 (1997), S. 1042. (zurück)
[2]
So etwa in den Artikeln Gender und anderen, ohne freilich den Vorteil eines Querschnittsartikels zu bieten. (zurück)
[3]
Auch unter den synonymen Begriffen African-American English, Afro-American English oder Black English vernacular werden keine Sucheinstiege geboten. In den Artikeln Speech and dialect, auf den von Vernacular verwiesen wird, und in Dialect poetry wird das Gebiet teilweise mitbehandelt. Die linguistischen Fakten sind jetzt am schnellsten greifbar in The Oxford companion to the English language / Tom McArthur (1992), S. 133 - 135. (zurück)
[4]
Vgl. IFB 97-1/2-149. (zurück)
[5]
Fehler oder vielmehr Versehen tauchen nur bei Namen auf, so etwa beim Herausgeber von Alain Locke : reflections on a modern Renaissance man, dessen Name richtig Russell J. Linnemann (nicht: Linneman) lautet (S. 461). Ein anderer sachlicher Fehler ist etwa das Geburtsjahr der Autorin Childress, Alice (1920, nicht 1916, S. 140). Mißlich ist freilich der Umstand, daß wichtige Primär- und Sekundärbibliographien wie beispielsweise A century of fiction by American negroes, 1853 - 1952 : a descriptive bibliography / Maxwell Whiteman, (zuerst 1955), oder The Afro-American short story : a comprehensive, annotated index with selected commentaries / Preston M. Yancy (1986), nicht beim zugehörigen Personen-, Sach- oder Werkeintrag stehen, sondern nur mit einer einseitigen Verweisung im Artikel Bibliography (S. 62 - 63) in einer chronologisch aufsteigenden Darstellung zusammengefaßt sind. (zurück)
[6]
Desiderata mögen in einigen Fällen subjektiv erscheinen, jedoch wäre beim Artikel West Indian literature zumindest auch auf Fifty Caribbean writers : a bio-bibliographical critical source book / Daryl C. Dance (1986) und auf Caribbean writers : a bio-bibliographical-critical-encyclopedia / Donald E. Herdeck (1979) hinzuweisen. - Bei James Baldwin wünschte man sich die Nennung der beiden wichtigen Sammlungen nämlich James Baldwin / Harold Bloom (1986) und Critical essays on James Baldwin / Nancy V. Burt und Fred L. Standley (1988). - Bei der Harlem Renaissance wird leider Black culture and the Harlem Renaissance / Cary D. Wintz (1988) nicht berücksichtigt. - Beim Sachartikel Feminism oder dem Werkartikel Incidents in the life of a slave girl erschiene der Hinweis auf Women & sisters : the anti-slavery feminists in American culture / Jean F. Yellins (1989) nötig. - Im Falle Richard Wrights wäre The example of Richard Wright / Dan McCall (1969) einzufügen, wie auch der Aufsatzband New essays on "Native son" / Keneth Kinnamon (1990) mit den wichtigen Aufsätzen von Houston A. Baker, Trudier Harris, John Reilly und Craig H. Werner. - Bei Toni Morrison vermißt man Toni Morrison's world of fiction / Karen Carmean (1993) und Toni Morrison's developing class consciousness / Doreatha [sic] D. Mbalia (1991). (zurück)
[7]
Vergleichende Darstellungen dieser beiden vorzüglichen Autorenlexika findet man in Reference works in British and American literature / James K. Bracken, vol. 1 (1990), S. 163 - 164 und 167 - 171 Literary research guide / James L. Harner (1993), S. 78 - 81. - Die neue African-American biographical database, die für Oktober 1997 angekündigt war (bei Chadwyck-Healey, $ 495.00), lag noch nicht zur Begutachtung vor. (zurück)
[8]
Dies zeigt etwa ein Vergleich des Artikels über die Dramatikerin Katherine D. Tillman mit dem entsprechenden Artikel in Early Black American playwrights and dramatic writers / Bernard L. Peterson (1990). (zurück)

Zurück an den Bildanfang