Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 4
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Burgen des deutschen Mittelalters


96-4-463
Burgen des deutschen Mittelalters : Grundriss-Lexikon ; mit mehr als 4000 Grundrißzeichnungen des Autors und 89 Farbfotografien / Friedrich Wilhelm Krahe. - Würzburg : Weidlich/Flechsig, 1994. - 760 S. : Ill., graph. Darst. ; 28 cm. - ISBN 3-8035-1372-3 : DM 128.00
[2772]

Die Sammlung von Burgen-Grundrissen des Verfassers bildet die Grundlage des Lexikons. Die Hinweise auf Burgen entnahm er zu 90 % aus anderen Veröffentlichungen,[1] ca. 8 % kamen aus einer Umfrage bei Gemeinden und Eigentümern hinzu und ca. 2 % beruhen auf eigenen Erhebungen des Verfassers. Die geographische Abgrenzung des bearbeiteten Gebietes entspricht der bei Tillmann (Deutschland, Österreich mit seinen ehemaligen Gebieten in Slowenien, Liechtenstein, Luxemburg, Elsaß, Lothringen, deutschsprachige Schweiz, die ehemals deutschen bzw. deutschsprachigen Gebiete in Polen, Böhmen, Mähren und die Gebiete des Deutschen Ordens), der betrachtete Zeitraum liegt zwischen etwa 1000 bis 1500. Insgesamt sind 4056 Grundrisse zusammengetragen, die alle auf einen einheitlichen Maßstab umgezeichnet wurden; die Abbildungen haben den Maßstab 1:2500 für Burggrundrisse und 1:500 für Turmgrundrisse.

Einleitend schildert Krahe die Entstehung des Lexikons und gibt unter der Überschrift Burgen in Zahlen und Fakten eine gute Übersicht über den Burgenbau der Zeit, indem er Burgarten, Grundrissformen, Bauteile und geographische (gemeint: topographische) Lage zusammenstellt und nach statistischer Häufigkeit und Verteilung analysiert. Die Reihenfolge der Burgen im lexikalischen Teil bildet das Alphabet ihrer Namen; haben sie mehrere Namen, so sind alle aufgeführt, von den nicht benutzten wird meistens verwiesen. Zu jeder Burg sind angegeben: die Lage (Gemeinde, Kreis, Bezirk, Bundesland/Kanton und - sofern nicht Bundesrepublik Deutschland - der Staat), die Quelle(n) der Grundrisszeichnung, der Nordpfeil, ein Vergleichsmaßstab sowie kurze Notizen zur Geschichte und zum Bauwerk. Die 143 Ordensburgen finden sich in einem Anhang im Alphabet ihrer deutschen Namen. In den Lexikonteil sind in 6 Lagen 87 manchmal sehr stimmungsvolle Photos von Burgen eingefügt. Leider ist bei den Grundrissen nicht vermerkt, daß zu der Burg ein Photo existiert. Im Literaturverzeichnis nennt Krahe über 120 Titel, überwiegend Monographien, die nach den im Lexikonteil benutzten Zitiertiteln sortiert sind. Die bibliographischen Angaben reichen leider manchmal nicht aus, um einen Titel zu verifizieren.[2] Im Hauptteil bei den einzelnen Grundrissen zitiert Krahe noch weitere Quellen, sowohl Aufsätze als auch Monographien, die im Literaturverzeichnis nicht aufgeführt sind und unter denen wegen der unzureichenden bibliographischen Angaben manche sind, die man gleichfalls nicht verifizieren kann.[3]

Das geographische Register der Burgen ist zunächst nach Ländern geordnet, und zwar im Alphabet von Ländercodes.[4] Es beginnt mit Österreich (A), für die folgenden Länder Belgien und Schweiz wurde die Angabe der ordnenden Codes - vermutlich (B) und (CH) - vergessen, es folgt (CR) Tschechische Republik usw. bis (SL) Slowenien. Innerhalb der Staaten erfolgt die Ordnung im Alphabet der Bundesländer bzw. Kantone, und innerhalb dieser nach Kreisen, Bezirken oder Landschaften. Im Verzeichnis gehören jeweils zwei Spalten zusammen, jedoch wurden die Spaltenüberschriften oder eine vorausgehende Erläuterung vergessen, so daß man nur raten kann, was gemeint ist. In der linken Spalte stehen die Namen der Burgen, in der rechten vermutlich die Namen der zugehörigen Gemeinden. Manchmal steht dort auch nur ein Gedankenstrich, wohl weil Orts- und Burgname identisch sind. Nach (SL) Slowenien folgen Estland, Lettland, Ost- und Westpreußen ohne Anführung eines Ländercodes, und ohne besondere Kennzeichnung wechselt hier die Einteilung vom zweispaltigen zum einspaltigen Format, d.h. es werden nur noch die Burgennamen aufgelistet. Es sind dies die Ordensburgen, für die man sich ein eigenes Register gewünscht hätte, da sie ja auch in einem Anhang zum Hauptteil verzeichnet sind. Der Bildnachweis (S. 760) bleibt unverständlich, da sich auf vielen der angegebenen Seiten keine Bilder oder zeichnerischen Darstellungen befinden. Krahe entschuldigt sich damit, daß eine Überprüfung der aus der Literatur entnommenen Angaben vor Ort wegen der Fülle der Objekte faktisch nicht möglich sei. Soweit dies bauliche Details und Abmessungen betrifft, ist das verständlich. Für die Angabe der Lage jedoch, die jeder Burg beigegeben ist und für das Literaturverzeichnis hätten Autor oder Verlag besser eine Fachkraft zur Bearbeitung hinzuziehen sollen. Die Orte scheinen nicht an aktuellen Verzeichnissen überprüft zu sein. Stichproben ergaben fehlerhafte Ortsangaben sowohl in der Schreibweise als auch in der Lage und der Zuordnung.[5] Bei zweisprachigen Gebieten hätte man sich auf eine Sprache festlegen und nicht beliebig wechseln sollen.[6]

In den letzten Jahren sind viele Führer und Inventarbände zu Burgen erschienen, vor allem auch zu Burgen in eng begrenzten Regionen. So verzeichnet R. Knappe[7] in seinem Band 800 Burgen in Hessen, jedoch bei weitem nicht alle mit Grundrissen. Kurze Vergleiche mit Krahe ergaben gelegentliche Unterschiede in der Grundrißdarstellung oder der Himmelsrichtung (z.B. die Burgen Philippstein, Wartenberg); die Ortsangabe scheint bei Knappe zuverlässiger zu sein. Informationen, die weder Krahe noch Knappe liefern, findet man in dem Werk Die deutschen Burgen und Schlösser in Farbe,[8] das neben vielen Photos auch Angaben über Eigentümer, Zugänglichkeit, Öffnungszeiten, Führungen, Telephonanschluß usw. enthält.

Es ist sehr schade, daß im Grundrißlexikon auf die Zusatz-Informationen nicht mehr Sorgfalt verwendet wurde, da dies den praktischen Nutzen des Werkes erhöht hätte. Wer diese Burgen besuchen möchte, sollte vorsichtshalber noch einmal ihre tatsächliche Lage verifizieren, und ebenso müssen Literatursuchende ggf. erhebliche Mühen aufwenden, um die vollständigen bibliographischen Angaben der genannten Quellen zu ermitteln. Ansonsten ist es ein brauchbares Nachschlagewerk, dessen Verdienst vor allem in seinen im einheitlichen Maßstab abgebildeten und damit nun gut vergleichbaren Grundrissen liegt, dazu in den Quellennachweisen, die aber zu den einzelnen Burgen vermutlich noch mehr Informationen liefern als die von Krahe übernommenen kurzen Angaben.[9]

Angelika Weber


[1]
Wichtigste Quelle war: Lexikon der deutschen Burgen und Schlösser / Curt Tillmann. - Stuttgart : Hiersemann, 1958 - 1961. - Band 1 - 4. - ISBN 3-7772-5710-9 : DM 1920.00. - [Also nicht 3 Bände, 1960, wie Krahe angibt]. Tillmann beschreibt allerdings nur und gibt in dem Atlasband die geographische Lage der Burgen an. (zurück)
[2]
So sind in der Aufzählung der Denkmalinventare auch die Kunstdenkmäler [richtig: Kunstdenkmale] und Alterthümer im Hannoverschen eingeordnet, man tut aber ihrem Verfasser Hector Wilhelm Heinrich Mithoff Unrecht, seinen Namen zu verschweigen, war doch die Verzeichnung der niedersächsischen Bau- und Kunstdenkmale sein Lebenswerk und die bibliographische Verzeichnung erfolgt üblicherweise unter seinem Namen. (zurück)
[3]
S. 536 ist z.B. lediglich angegeben "Scharfenstein-Ostry, Grundriß in: Menclová, S. 158". Menclová fehlt im Literaturverzeichnis; eine flüchtige Recherche ergab für Menclová schon 7 Monographien zum Themenkreis Burgen. Oder S. 644: Burg "Wassenberg, Angabe und Luftbild in: Bornheim", Bornheim fehlt ebenfalls im Literaturverzeichnis. (zurück)
[4]
Offenbar orientiert an den postalischen oder Kfz-Ländercodes, doch kommt LX für Luxemburg bei beiden nicht vor. (zurück)
[5]
So ist z.B. das Fürstentum Liechtenstein unter Lichtenstein (!) innerhalb der Schweiz zwischen Jura und Luzern eingeordnet, die Burg Trips liegt bei Geilenkirchen und nicht bei Gelsenkirchen, Birgelen-Wassenberg (Burg Elsum) gehört nicht zum Kreis Aachen, sondern zum Kreis Heinsberg, das belgische Celmis heißt heute Kelmis oder La Calamine usw. (zurück)
[6]
Beispiel: Schweiz / Graubünden: Münstertal und Müstair, besser Münstertal - Münster oder Val Müstair - Müstair. (zurück)
[7]
Mittelalterliche Burgen in Hessen : 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten / Rudolf Knappe. - 2. Aufl. - Gudensberg-Gleichen : Wartberg-Verlag, 1995. - 600 S. : Ill., graph. Darst., Kt. - ISBN 3-86134-228-6 : DM 39.80. (zurück)
[8]
Die deutschen Burgen und Schlösser in Farbe : Burgen, Schlösser, Festungsanlagen, Herrenhäuser und Adelspalais in der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West). - Frankfurt/Main : Krüger, 1987. - 933 S. : zahlr. Ill. - ISBN 3-8105-0228-6 : (vergriffen). (zurück)
[9]
Das Werk ist nach nur zwei Jahren bereits im Modernen Antiquariat gelandet; vgl. Versandkatalog / Frölich & Kaufmann. - 1997,1, S. 53 (Best.-Nr. 92703 : DM 48.00). Falls dieser Ausverkauf einer Neubear- beitung vorausgeht, sollte diese die genannten Mängel beseitigen. (zurück)

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