Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 4
[ Bestand in K10plus ]

Auditorium Academiae Franekerensis


96-4-391
Auditorium Academiae Franekerensis : Bibliographie der Reden, Disputationen und Gelegenheitsdruckwerke der Universität und des Athenäums in Franeker 1585 - 1843 / F. Postma & J. van Sluis. - Leeuwarden : Fryske Akademy, 1995. - XLVIII, 706 S. : Ill. ; 30 cm. - (Fryske Akademy ; 760) (Minsken en boeken ; 23). - ISBN 90-6171-760-4 : Hfl. 125.00. - (Fryske Akademy, Postbus 54, NL-8900 AB Leeuwarden)
[3348]

Die niederländischen Universitäten zogen in der frühen Neuzeit Studenten aus ganz Europa an. Nicht nur unzählige Deutsche, sondern auch Dänen, Schweden, Polen, Tschechen oder Ungarn studierten in Leiden, Utrecht, Groningen, Harderwijk, Franeker und publizierten dort zahllose Dissertationen, deren bibliographische Kontrolle bisher trotz einiger verdienstvoller Initiativen[1] nach wie vor lückenhaft ist. Zwar liegen die Promotionsmatrikeln aller fünf niederländischen Universitäten gedruckt vor und weisen den ganz überwiegenden Teil der Inauguraldissertationen vom Titel her, nicht jedoch anhand von Autopsie nach, doch fehlte bisher für alle Hochschulen ein Gesamtverzeichnis der dort entstandenen Hochschulschriften.

Die kleine, aber gerade im 17. Jahrhundert recht bedeutende westfriesische Universität Franeker verfügt nun über ein derartiges Gesamtverzeichnis ihrer Schriften von der Gründung 1585 bis zur Aufhebung des Athenäums 1843. Die Universität hatte ihre Pforten bereits 1811 geschlossen. Mit bewundernswerter Akribie haben die Bearbeiter F. Postma und J. van Sluis die akademischen Kleinschriften aus vielen europäischen Bibliotheken zusammengetragen, wobei der Reichtum ungarischer und rumänischer Bibliotheken besonders ins Auge sticht, die von Geschenken profitierten, die Studenten aus dem alten Königreich Ungarn von ihrer peregrinatio academica mitbrachten. Bei den Vorarbeiten konnten sich Postma und v. Sluis auf den leider unpublizierten, auch nicht vollständigen, aber doch immens hilfreichen Gesamtkatalog niederländischer Dissertationen stützen, den der Bibliothekar der Universitätsbibliothek Amsterdam, S. van der Woude, aufgebaut hat und der dort als Zettelkatalog weitergeführt wird.

Die Bibliographie enthält die folgenden Hauptteile: 1. Orationes et disputationes sub praesidio, 2. Disputationes pro gradu und 3. Miscellanea. Hinzu kommen eine Konkordanz zum Album studiosorum,[2] zur 1968 publizierten Matrikel, und ein Personenverzeichnis, d.h. ein alphabetisches Register der Autoren und Gefeierten.

Im 1. Teil "Reden und Übungsdisputationen" unternehmen die Verfasser den Versuch, alle in Franeker herausgebrachten Universitätsschriften sämtlicher Professoren zu erfassen. Letztere sind chronologisch nach Amtsantritt verzeichnet. Eine Liste der Dozenten mit den Daten ihres Wirkens in Franeker erleichtert die Orientierung. Die bibliographische Beschreibung orientiert sich ganz an der Vorlage, verzichtet also auf Normierung der Personennamen, die so in der Reihenfolge Vorname Nachname auftauchen. Ansonsten werden alle für die exakte Beschreibung alter Hochschulschriften wichtigen Elemente bis hin zum Disputationsdatum berücksichtigt. Darüber hinaus finden auch die in den meisten Dissertationenbibliographien fehlenden Gratulationes, meist Glückwunschgedichte, Berücksichtigung. Die beeindruckend breitgestreuten Standortnachweise (mit Signaturen) legen Zeugnis vom enormen Spürsinn und Fleiß der Bearbeiter ab. Für die am Ende der Titelaufnahme bei den meisten Respondenten aufgeführten Belegstellen im Album studiosorum und, bei den Graduierten, im Album promotorum,[3] werden die Universitätshistoriker dankbar sein.

Längst nicht so umfangreich fällt der 2. Teil "Inauguraldissertationen" aus, in dem Postma und v. Sluis zwar einige nicht in der Promotionsmatrikel belegte Titel aus der Frühzeit der Universität nachweisen können, auf der anderen Seite aber auch bei zahlreichen Kandidaten die Inauguraldissertation bisher vergeblich suchten, wobei es fraglich ist, ob dies nur an der mangelnden Überlieferung liegt. Eindeutig ohne schriftliche Arbeit wurden die im Album promotorum mit dem Vermerk "Remissa disputatione" gekennzeichneten Kandidaten promoviert, die die Bearbeiter aber ebensowenig aufgenommen haben wie fast alle nicht autopsierten, nur in Bibliographien belegten Schriften. Bei zahlreichen Promovenden des 17. Jahrhunderts, deren Dissertationen nicht nachweisbar sind, haben sich wenigstens Gratulationsschriften erhalten, die im folgenden Teil detailliert beschrieben werden.

Der 3. Teil "Miscellanea" beinhaltet dann all die Glückwunsch- und Trauerschriften aus dem Umkreis der Universität Franeker, Vorlesungsverzeichnisse, Kataloge der Universitätsbibliothek wie einzelner Professorenbibliotheken usw.

Was die Gliederung anbetrifft, muß der Rezensent gestehen, daß er eine Unterteilung des Disputationsschrifttums chronologisch nach Fakultäten und zwar ohne weitere, da rein formale, Differenzierung nach Übungs- und Inauguraldissertationen sowie dann nach Schriftengattungen wie Reden, Trauerschriften usw. bevorzugt hätte, da so der wahrscheinlich häufigste Benutzer solcher Bibliographien, der Wissenschaftshistoriker, sich wesentlich schneller über die gesuchten Quellen informieren könnte. Da aber nicht nur viele Wege nach Rom, sondern auch zur angemessenen Verzeichnung alter Hochschulschriften führen, ist vieles natürlich auch Geschmackssache.

Auf jeden Fall haben Postma und v. Sluis eine sehr vollständige Bibliographie einer im protestantischen Europa der frühen Neuzeit beliebten Universität vorgelegt, deren Schriften nach der Auflösung weit verstreut wurden. Ein Register der Heimatorte bzw. -regionen hätte die weite Ausstrahlung Franekers eindrucksvoll belegen können. Allerdings wäre dies noch eher Aufgabe der erwähnten Matrikeleditionen gewesen, wo ein solches Register aber wie in allen niederländischen Studenten- und Kandidatenalben leider fehlt.

Manfred Komorowski


[1]
Etwa die zahlreichen Arbeiten von Robert Feenstra und Margreet Ahsmann im Bereich der Rechtswissenschaft oder auch die früheren Publikationen der beiden Bearbeiter, die allesamt im Literaturverzeichnis (S. XXXI - XXXVI) aufgeführt sind. (zurück)
[2]
Album studiosorum Academiae Franekerensis : (1585 - 1811, 1816 - 1844) / in opdracht van het Fries Genootschap van Geschied-, Oudheiden Taalkunde te Leeuwarden uitgeg. - Franeker : Wever. - 1. Naamlijst der studenten / onder red. van S. J. Fockema Andreae en Th. J. Meijer. - [1968]. - 539 S. - [Mehr nicht ersch.]. (zurück)
[3]
Album promotorum Academiae Franekerensis : (1591 - 1811) / samengest. door Th. J. Meijer in opdracht van het Fries Genootschap van Geschied-, Oudheid- en Taalkunde te Leeuwarden. - Franker : Wever, [1973]. - 159 S. : Ill. ; 35 cm. - ISBN 90-6135-202-9 (vergirffen). (zurück)

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