Die kleine, aber gerade im 17. Jahrhundert recht bedeutende westfriesische Universität Franeker verfügt nun über ein derartiges Gesamtverzeichnis ihrer Schriften von der Gründung 1585 bis zur Aufhebung des Athenäums 1843. Die Universität hatte ihre Pforten bereits 1811 geschlossen. Mit bewundernswerter Akribie haben die Bearbeiter F. Postma und J. van Sluis die akademischen Kleinschriften aus vielen europäischen Bibliotheken zusammengetragen, wobei der Reichtum ungarischer und rumänischer Bibliotheken besonders ins Auge sticht, die von Geschenken profitierten, die Studenten aus dem alten Königreich Ungarn von ihrer peregrinatio academica mitbrachten. Bei den Vorarbeiten konnten sich Postma und v. Sluis auf den leider unpublizierten, auch nicht vollständigen, aber doch immens hilfreichen Gesamtkatalog niederländischer Dissertationen stützen, den der Bibliothekar der Universitätsbibliothek Amsterdam, S. van der Woude, aufgebaut hat und der dort als Zettelkatalog weitergeführt wird.
Die Bibliographie enthält die folgenden Hauptteile: 1. Orationes et
disputationes sub praesidio, 2. Disputationes pro gradu und 3.
Miscellanea. Hinzu kommen eine Konkordanz zum Album studiosorum,[2] zur
1968 publizierten Matrikel, und ein Personenverzeichnis, d.h. ein
alphabetisches Register der Autoren und Gefeierten.
Im 1. Teil "Reden und Übungsdisputationen" unternehmen die Verfasser
den Versuch, alle in Franeker herausgebrachten Universitätsschriften
sämtlicher Professoren zu erfassen. Letztere sind chronologisch nach
Amtsantritt verzeichnet. Eine Liste der Dozenten mit den Daten ihres
Wirkens in Franeker erleichtert die Orientierung. Die bibliographische
Beschreibung orientiert sich ganz an der Vorlage, verzichtet also auf
Normierung der Personennamen, die so in der Reihenfolge Vorname
Nachname auftauchen. Ansonsten werden alle für die exakte Beschreibung
alter Hochschulschriften wichtigen Elemente bis hin zum
Disputationsdatum berücksichtigt. Darüber hinaus finden auch die in
den meisten Dissertationenbibliographien fehlenden Gratulationes,
meist Glückwunschgedichte, Berücksichtigung. Die beeindruckend
breitgestreuten Standortnachweise (mit Signaturen) legen Zeugnis vom
enormen Spürsinn und Fleiß der Bearbeiter ab. Für die am Ende der
Titelaufnahme bei den meisten Respondenten aufgeführten Belegstellen
im Album studiosorum und, bei den Graduierten, im Album promotorum,[3]
werden die Universitätshistoriker dankbar sein.
Längst nicht so umfangreich fällt der 2. Teil
"Inauguraldissertationen" aus, in dem Postma und v. Sluis zwar einige
nicht in der Promotionsmatrikel belegte Titel aus der Frühzeit der
Universität nachweisen können, auf der anderen Seite aber auch bei
zahlreichen Kandidaten die Inauguraldissertation bisher vergeblich
suchten, wobei es fraglich ist, ob dies nur an der mangelnden
Überlieferung liegt. Eindeutig ohne schriftliche Arbeit wurden die im
Album promotorum mit dem Vermerk "Remissa disputatione"
gekennzeichneten Kandidaten promoviert, die die Bearbeiter aber
ebensowenig aufgenommen haben wie fast alle nicht autopsierten, nur in
Bibliographien belegten Schriften. Bei zahlreichen Promovenden des 17.
Jahrhunderts, deren Dissertationen nicht nachweisbar sind, haben sich
wenigstens Gratulationsschriften erhalten, die im folgenden Teil
detailliert beschrieben werden.
Der 3. Teil "Miscellanea" beinhaltet dann all die Glückwunsch- und
Trauerschriften aus dem Umkreis der Universität Franeker,
Vorlesungsverzeichnisse, Kataloge der Universitätsbibliothek wie
einzelner Professorenbibliotheken usw.
Was die Gliederung anbetrifft, muß der Rezensent gestehen, daß er eine
Unterteilung des Disputationsschrifttums chronologisch nach Fakultäten
und zwar ohne weitere, da rein formale, Differenzierung nach Übungs-
und Inauguraldissertationen sowie dann nach Schriftengattungen wie
Reden, Trauerschriften usw. bevorzugt hätte, da so der wahrscheinlich
häufigste Benutzer solcher Bibliographien, der
Wissenschaftshistoriker, sich wesentlich schneller über die gesuchten
Quellen informieren könnte. Da aber nicht nur viele Wege nach Rom,
sondern auch zur angemessenen Verzeichnung alter Hochschulschriften
führen, ist vieles natürlich auch Geschmackssache.
Auf jeden Fall haben Postma und v. Sluis eine sehr vollständige
Bibliographie einer im protestantischen Europa der frühen Neuzeit
beliebten Universität vorgelegt, deren Schriften nach der Auflösung
weit verstreut wurden. Ein Register der Heimatorte bzw. -regionen
hätte die weite Ausstrahlung Franekers eindrucksvoll belegen können.
Allerdings wäre dies noch eher Aufgabe der erwähnten Matrikeleditionen
gewesen, wo ein solches Register aber wie in allen niederländischen
Studenten- und Kandidatenalben leider fehlt.
Manfred Komorowski
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