Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 2/3
[ Bestand in K10plus ]

Die Philosophie Japans


96-2/3-182
Die Philosophie Japans : von den Anfängen bis zur Gegenwart / Peter Pörtner ; Jens Heise. - Stuttgart : Kröner, 1995. - VIII, 428 S. : 28 cm. - (Kröners Taschenausgabe ; 431). - ISBN 3-520-43101-7 : DM 42.00
[3109]

Nachdem L. Brüll 1989 (2. Aufl. 1993) und J. Hamada 1994 beide erst in jüngster Zeit zwei deutschsprachige Darstellungen der japanische Philosophie vorgelegt haben (s.u.), lassen Peter Pörtner und Jens Heise nun eine weitere, im Grobaufbau gut gegliederte Einführung in die Philosophie Japans folgen. Der rote Faden dieser Einführung ist ein historischer. Von den Anfängen der japanischen Geschichte bis hin zur Moderne wird ein wahrlich weiter Bogen gespannt. Dabei wird immer auch auf die jeweiligen gesellschaftlichen Hintergründe eingegangen. Bis in die Tokugawa-Zeit (1600 - 1868) war das philosophische Denken in Japan stark von religiösen Vorstellungen beeinflußt. Es ist daher nur folgerichtig, daß Pörtner und Heise der Darstellung der Religionen in Japan breiten Raum gewährt haben. So wird der Leser mit den beiden in Japan wirkungsmächtigsten Religionen, dem Shintoismus und dem Buddhismus, vertraut gemacht. Der aus China nach Japan getragene Konfuzianismus (und später der Neo-Konfuzianismus) hatte ebenfalls einen großen Einfluß auf das japanische Denken, so daß auch auf ihn ausführlich eingegangen wird. Wer also einen ersten Zugang zur japanischen Philosophie sucht, wird bei Pörtner und Heise auf jeden Fall fündig.

Bei aller Skepsis gegenüber pauschalisierenden Signaturzuschreibungen ist es für einen Überblick über die japanische Philosophie sicherlich hilfreich, daß die Autoren versuchen, ein in ihr immer wiederkehrendes Denkmuster herauszuarbeiten. Sie charakterisieren die japanische Philosophie im besonderen und die ostasiatische Philosophie im allgemeinen als topische Philosophie. Das heißt, daß in ihr bestimmte Denkbilder und Leitbegriffe - Topoi - ein argumentativ höheres Gewicht haben als rational-logische Ableitungen oder Systembildungen.

Dem guten Gesamtaufbau des Buches und dem Überblick, den es verschafft, stehen jedoch einige Mängel gegenüber. Generell ist festzustellen, daß über weite Strecken das Verhältnis zwischen Allgemeinheits- und Detailebene nicht gut ausgewogen ist. Auf der einen Seite operiert der Text mit allgemeinen Etiketten (Bezeichnungen von Schulen, Denkrichtungen, Philosophemen), die zwar für den Experten aussagekräftig erscheinen mögen, für den Laien aber Worthülsen bleiben. Auf der anderen Seite wird mit Zitaten gearbeitet, ohne daß sich die Kluft zwischen Detail und Allgemeinem schließt. In einigen Kapiteln (und hier besonders im Kapitel zum Buddhismus) verlieren sich die Autoren auf diese Weise in Erörterungen, die eher etwas in der spezifischen Fachliteratur zu suchen haben als in einem Text, der sich doch wohl an das breitere Publikum wenden will. So muß man auch fragen, ob es wirklich hilfreich ist, die in lateinische Schrift transkribierten japanischen Begriffen zu verwenden. Für den Laien tragen die Originalausdrücke sowieso nichts zum Verständnis bei, sie erschweren lediglich die Lektüre. Wenn man aber diese Ausdrücke verwenden will, dann sollte man Nägel mit Köpfen machen und die entsprechenden Ausdrücke auch in ihrer Schreibung mittels chinesischer Schriftzeichen - und sei es nur im Glossar - angeben.[1] Was die Klarheit der Darstellung der philosophischen Positionen angeht, so bleibt sie hinter der von Junko Hamada zurück, der kürzlich ein äußerst instruktives Buch zur jüngeren japanischen Philosophie verfaßt hat.[2] Ein Blick in Hamadas Werk macht zudem deutlich, wie stark Pörtner und Heise den Stoff für ihr Buch reduziert haben. Das ist für ein Einführungswerk sicherlich gut und richtig, doch hätte man diesen Mangel durch einige tabellarische Übersichten und vor allem durch eine gründlichere Bibliographie wettmachen können.

Abschließend sei auf zwei unschöne Fehler hingewiesen, die beim Korrekturlesen nicht entdeckt wurden. Erstens gliedert sich Japan in vier Hauptinseln und nicht in drei, wie in der Einleitung angegeben (S. 7). Und zweitens gehört die japanische Bevölkerung zum mongoliden Typus und nicht zum mongoloiden (S. 46), wenn man schon derlei Typenzuweisungen vornehmen zu müssen glaubt, was allerdings im Zusammenhang mit der Darstellung philosophischer Positionen nicht recht einleuchtet.

Frank Mielke


[1]
So in Die japanische Philosophie : eine Einführung / Lydia Brüll. - 2., durchges. Aufl. - Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1993. - XIII, 214 S. - ISBN 3-534-08489-6. - DM 32.00 (für Mitglieder). (zurück)
[2]
Japanische Philosophie nach 1868 / von Junko Hamada. - Leiden [u.a.] : Brill, 1994. - VII, 188 S. - (Handbuch der Orientalistik : Abt. 5, Japan ; 5). - ISBN 90-04-09897-6 : Hfl. 129.00, Hfl. 105.00 (Forts.-Pr.) (zurück)

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