Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 2/3
[ Bestand in K10plus ]

Gesamtindex mittelalterlicher Handschriftenkataloge


96-2/3-131
Gesamtindex mittelalterlicher Handschriftenkataloge : Kumulation der Register der seit 1945 in der Bundesrepublik Deutschland erschienenen Handschriftenkataloge / erstellt von der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz unter Verwendung der Erfassungen des Seminars für Lateinische Philologie des Mittelalters der Universität Freiburg im Breisgau. Leitung: Bernd Michael. Elektronische Datenverarbeitung: Ruthild Willhardt. - Mikrofiche-Ausg., Stand: 1.7.1995. - Wiesbaden : Harrassowitz, 1995. - 24 Mikrofiches 1:48 + [Begleith.]. - ISBN 3-447-03746-6 : DM 198.00
[3219]

Der Gesamtindex zu den seit 1945 erschienenen Handschriftenkatalogen wurde 1978 am Freiburger Seminar für Lateinische Philologie des Mittelalters in Angriff genommen und weit vorangebracht.[1] Doch nach fast zehn Jahren konnte Freiburg die Arbeit aus systemtechnischen Gründen nicht weiterführen. Die Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz übernahm den Gesamtindex als überregionale Dienstleistung, und zwar zu den gleichen, für ein derartiges Projekt schwierigen Rahmenbedingungen wie in Freiburg: weder ein fester Personalstamm noch eine finanzielle Ausstattung, die eine redaktionelle Überarbeitung der aus den verschiedenen Katalogen zu kumulierenden Register ermöglicht hätten, standen zur Verfügung. Im November 1992 wurde die Arbeit in Berlin endgültig wiederaufgenommen, und zwar nun online im relationalen Datenbanksystem BIS. Doch nicht die seit gut zwei Jahren angebotene DBI-LINK-Datenbank Handschriften des Mittelalters[2] soll an dieser Stelle besprochen werden, sondern die Mikrofiche-Ausgabe von 1995, die "vermutlich letzte ihrer Art".[3]

Gegenüber der letzten Freiburger Ausgabe von 1988 ist die neue um über 40 auf nunmehr 130 ausgewertete gedruckte Handschriften-Kataloge angewachsen. Zu bedauerndes Manko, wenn auch vom Herausgeber begründet, ist der Entschluß, die in der DDR erarbeiteten Kataloge nicht heranzuziehen; sie sollen aber in künftige Datenbankversionen einbezogen werden.[4]

Über die Relevanz und unabdingbare Notwendigkeit derartiger Verzeichnisse für die Mediävistik im allgemeinen und für die Handschriftenkunde im besonderen braucht nicht eigens berichtet zu werden. Daß die Zahl der für die Handschriftenforschung relevanten Hilfsmittel und Editionen im und aus dem elektronischen Bereich zunimmt, ist zunächst eine erfreuliche Entwicklung. Doch die zum Teil immensen Kosten für komfortable Editionen oder Suchinstrumente auf CD-ROM können längst nicht von allen Institutionen aufgebracht werden. Auch fehlen vielerorts, insbesondere in den Handschriftenabteilungen, PCs, die eine Recherche in diesen Datenbanken ermöglichen. Es wird noch einige Zeit vergehen, bis allein die notwendige technische Ausstattung selbstverständlich sein wird. So lange schließen Mikrofiche-Ausgaben wie die hier zu besprechende zu einem - auch für die kleinsten Abteilungen - erschwinglichen Preis eine große Lücke. Daß "dieses Informationsmedium bei der Initienrecherche wegen der Möglichkeit der 'Umgebungssuche' ... den heute angebotenen elektronischen Medien noch weit überlegen ist",[5] mag in Einzelfällen zutreffen, doch "eine vage Suche nach Ähnlichkeiten in listenförmig angebotenen Informationen" ist auch in Datenbanken möglich. Bei der Suche nach Verfasser und Titel wird man - egal mit welchem Hilfsmittel - auch rechts und links suchen. Einen unübersehbaren Vorteil hat die Mikrofiche-Ausgabe freilich unbestritten: jeder kann ohne Kenntnis einer Retrieval-Sprache recherchieren.

Die Register der für den Gesamtindex ausgewerteten gedruckten Kataloge werden in einem Initienregister und einem die Personen-, Orts- und Sachlemmata enthaltenden Kreuzregister zusammengefaßt. Kurze, aber informative Worte des Herausgebers führen in die Geschichte des Index und die Mikrofiche-Ausgabe selbst ein.

Bei der Beurteilung eines Hilfsmittels solchen Umfangs kann es nicht um ein detailliertes Auflisten der Fehler gehen. Doch einige Ungereimtheiten, die gleich bei den ersten Versuchen auffielen, seien genannt. Schriften von Reuchlin findet man sowohl unter Reuchlin, Iohannes als auch Johannes Reuchlin, allerdings ohne wechselseitige Verweisung. Bei der Eintragung unter Wyclif, Johannes erhält man den Hinweis "siehe Johannes Wyclif". Ungeachtet dessen finden sich unmittelbar anschließend Eintragungen unter Wyclif, John. Wäre hier z.B. das Ende einer Spalte, so fände man nach dem Hinweis, man möge unter Johannes Wyclif nachsehen, nur noch durch Zufall auch die Eintragungen unter Wyclif, John. Bei John Mandeville wird verwiesen auf Johann von Mandeville, Johannes von Mandeville und Mandeville, John - zwar viele, aber leider nicht alle gebräuchlichen Varianten. Diese wenigen Beispiele mögen genügen: Eine redaktionelle Überarbeitung, angesichts der riesigen Datenmenge eine nicht zu unterschätzende Aufgabe, hätte dem Einzelnen vor Ort einige (Such-)Umwege erspart. Diese Kritik soll jedoch nicht die Leistung schmälern. Der Nutzen des Gesamtindex überwiegt bei weitem die wenigen Nachteile, die jeder, der sich einmal mit einem Initium oder einer vagen Autorenangabe durch wenigstens 20 Kataloge gearbeitet hat, gerne und dankbar in Kauf nimmt.

Marianne Riethmüller


[1]
Vgl. Gazette du livre médiéval. - Nr. 21 (1992), S. 12 - 17. (zurück)
[2]
Vgl. Bibliotheksdienst. - 27 (1993),11, S. 1700 - 1709. (zurück)
[3]
Begleitheft, S. 8. (zurück)
[4]
" ... die in den letzten Jahrzehnten in der ehemaligen DDR entstandenen Kataloge (sind) nicht vergessen. Da die Register dieser Kataloge jedoch nach etwas anderen Richtlinien erstellt wurden, schien es sinnvoll, diese nicht in der Mikrofiche-Edition, sondern nur in den künftigen Datenbankversionen des Gesamtindexes anzubieten." (Begleitheft, S. 9). (zurück)
[5]
Begleitheft, S. 8. (zurück)

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