Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 2/3
[ Bestand in K10plus ]

Iter Italicum [Computerdatei]


96-2/3-129
Iter Italicum [Computerdatei] : accedunt alia itinera ; on CD-ROM ; a database of uncatalogued or incompletely catalogued humanistic manuscripts of the Renaissance in Italian and other libraries / comp. by Paul Oskar Kristeller. - Windows version. - Leiden [u.a.] : Brill, 1995. - 1 CD-ROM + Manual (39 S.). - ISBN 90-04-10122-5 : Hfl. 1837.50, Hfl. 1662.50 (bis 15.08.95)
[3360]

1. Die Druck-Ausgabe des Iter Italicum

Mit dem Erscheinen des sechsten und letzten Bandes seines Iter Italicum : a finding list of uncatalogued or incompletely catalogued humanistic manuscripts of the Renaissance in Italian and other libraries[1] hat Paul Oskar Kristellers monumentales Katalogunternehmen 1996 nach mehr als drei Jahrzehnten seinen vorläufigen Abschluß gefunden. Dieses Verzeichnis humanistischer Handschriften in den Bibliotheken der Welt, das man zu Recht als Kristellers opus magnum bezeichnet hat, erhielt schon nach dem Vorliegen des 1. Bd. im Jahr 1963 in der historischen und philologischen Fachliteratur durchweg positive bis höchst anerkennende Rezensionen. Der Tenor dieser ersten Urteile ist in der Vielzahl der seitdem erschienenen Besprechungen in mannigfacher Weise bestätigt worden.[2] Die hier anzuzeigende CD-ROM-Ausgabe dieses Werkes, die unter der Leitung von Luciano Floridi, Oxford, erarbeitet wurde und ebenfalls beim Verlag Brill in Leiden erschienen ist, erschließt die in Kristellers Werk gespeicherten Informationen - ähnlich wie einige andere CD-ROM-Ausgaben mediävistischer Werke der letzten Jahre - in qualitativ neuer Weise.[3] Die sinnvolle und optimale Nutzung dieses neuen Mediums setzt allerdings voraus, daß man Inhalt, Aufbau und Eigentümlichkeiten des zugrunde liegenden Druckwerkes zumindest in Umrissen kennt. Denn dem Imperativ des hermeneutischen Zirkels entkommt man bekanntlich auch in den elektronischen Medien nicht.

1.1 Entstehung

Über Entstehung, Gegenstand und Methode seines Werkes hat sich Kristeller in den Vorworten zu den einzelnen Bänden des Werkes, insbesondere in dem zum 1. Bd., sowie in dem zur CD-ROM-Ausgabe mit aller wünschenswerten Deutlichkeit geäußert. Die Genesis des Werkes reicht bis in den Anfang der dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts zurück, als Kristeller in der Vorbereitung seiner Arbeit über Marsilio Ficino, mit der er sich bei Heidegger habilitieren wollte, die wesentliche Bedeutung einer gesicherten Textbasis für jede Arbeit über diesen bedeutenden Philosophen der italienischen Renaissance erkannte. Seitdem bemühte er sich mit Erfolg, durch Handschriftenstudien bisher unbekannte Texte Ficinos zu entdecken. Nach der Machtergreifung Hitlers wich er zunächst nach Italien aus und suchte dort in den Bibliotheken und Archiven nach Ficino-Handschriften. 1939, als er gezwungen war, Italien zu verlassen und in die Vereinigten Staaten zu emigrieren, war es ihm möglich, sein Material zu italienischen humanistischen Handschriften über den Atlantik mit sich zu nehmen. Auf Anregung Fritz Saxls entstand 1945 der Plan, diese Materialien unter der Schirmherrschaft des Warburg-Instituts in London zu publizieren.

Kristellers bewußt gewählter Titel für diese große Arbeit spielt mit Blick auf die Entstehungsbedingungen und die wissenschaftliche Reichweite seines Werkes auf die insbesondere im 19. Jahrhundert in der historischen Fachliteratur verbreitete Gattung der gelehrten Berichte über Handschriftenreisen durch europäische, vor allem italienische Bibliotheken an. Die gleichnamigen Buchtitel der Reiseberichte des Rechtshistorikers Friedrich Bluhme[4] (1797 - 1874) und des Historikers und Archivars Julius von Pflugk-Harttung[5] (1848 - 1919) nimmt er sogar direkt wieder auf. Inhaltlich und methodisch dagegen unterscheidet sich sein Werk von dem der Vorgänger durchaus, und zwar vor allem im Hinblick auf den Gegenstand des Interesses, den geographischen Rahmen sowie den Aufbau, die Zielsetzung und die Methode.

1.2 Gegenstand

Inhaltlich ist Kristellers Unternehmen eine Sammlung vor allem, aber nicht ausschließlich humanistischer Handschriften der Renaissance, d.h. "primarily philosophical, scholarly and literary manuscripts in Latin that were copied during the period between 1300 and 1600 and contain the writings of scholars who were active during that period"; Urkunden, Statuten, Chroniken, religiöse und liturgische Werke, volkssprachige Poesie und Literatur, gelehrte juristische, theologische und naturwissenschaftliche Werke sowie Musiktraktate, Karten, Zeichnungen werden in der Regel ausgeschlossen; Ausnahmen mit besonderem Bezug auf Humanismus und Renaissance sind aber möglich. Werke klassischer, patristischer und mittelalterlicher Autoren werden dagegen im allgemeinen nur dann aufgenommen, wenn sie zu einem bekannten Gelehrten der Renaissance eine Beziehung (Kopist; Eigentümer) haben.[6]

Das ursprüngliche Konzept, den geographischen Rahmen des Werkes auf die Beschreibung der Bestände in den italienischen Bibliotheken einzugrenzen, wurde schon bald zugunsten der Entscheidung ausgeweitet, auch die humanistischen Handschriften in anderen Sammlungen vor allem Europas, der Vereinigten Staaten und Kanadas einzubeziehen. Denn ein erheblicher Teil dieses Materials ist im wesentlichen ebenfalls italienischer Herkunft. Das so entstandene, fast die ganze Welt umspannende Verzeichnis, das unter dem Stichwort Utopia sogar humanistische Handschriften aus dem Besitz von Sammlern verzeichnet, die nicht genannt sein wollen, füllt mit allen Ergänzungen und Nachträgen, wie schon erwähnt, sechs zweispaltig und eng bedruckte Bände. Die Auflistung aller besitzenden Bibliotheken und Sammlungen umfaßt in Sigrid Krämers Bearbeitung von Kristellers Bibliographie der Handschriftenkataloge allein dreißig Seiten.[7] Während die beiden ersten Bände die Bibliotheken der Apennin-Halbinsel behandeln, führen die Bände 3 - 5 das handschriftliche Material in den Bibliotheken von Australia bis Sweden to Yugoslavia auf; der abschließende 6. Bd. enthält - ebenso wie bereits vorher die Bände 2, 4 und 5 - Nachträge und Ergänzungen zu den früheren Bänden.

1.3 Methode

Methodisch ist Kristellers Unternehmen, wie es der Untertitel mit aller wünschenswerten Klarheit ausdrückt, eine Findehilfe zu unzureichend oder gar nicht katalogisierten humanistischen Handschriftenbeständen. In modernen Katalogen gut beschriebene Handschriften werden diesem Zweck entsprechend nicht aufgeführt. Nicht redundante, sondern ergänzende Information ist Kristellers Ziel. Das utopische Unterfangen, einen allen modernen paläographischen, kodikologischen und texthistorischen Ansprüchen genügenden wissenschaftlichen Totalkatalog humanistischer Handschriften zu erstellen, strebt er nicht an. Mit dem für die heutige wissenschaftliche Praxis bemerkenswerten Mut zur Vorläufigkeit und Unvollkommenheit hat er ein vor allem auf die überlieferten Texte ausgerichtetes Handschrifteninventar, eben, wie der Titel sagt, eine finding list vorgelegt, die in all ihrer Vorläufigkeit über Jahrzehnte hinweg elementaren forschungspraktischen Bedürfnissen entsprechen wird. Ohne die Zuarbeit von Mitarbeitern und Gelehrten der die Handschriften verwahrenden Institutionen und Sammlungen wäre dieses Projekt nicht realisierbar gewesen. Die Danksagungen in den Vorworten zu den einzelnen Bänden füllen daher auch Seiten. Der Aufbau des Gesamtwerkes folgt - sieht man von den beiden ersten, Italien gewidmeten Bänden ab, dem Länderalphabet. Innerhalb der Länder sind die Kapitel alphabetisch nach den Städten, ihren Bibliotheken und gegebenenfalls nach ihren Handschriftenfonds gegliedert. Diese grundlegende Gliederung des Materials bildet auch für die CD-ROM-Ausgabe die entscheidende Grundeinheit, das Dokument, auf das sich standardmäßig jede Suche bezieht. Die Handschriftenbeschreibungen enthalten, in Absätze oder - in der Sprache der digitalisierten Version - in Paragraphen aufgeteilt, zwei methodisch unterschiedliche Beschreibungsformen, nämlich excerpts und descriptions. Während die Exzerpte auf Abschriften aus den bibliotheksinternen Verzeichnissen und Inventaren beruhen, werden die von Kristeller auf Grund eigener Einsichtnahme verzeichneten Handschriften unter den descriptions aufgeführt. Gerade dieser letztgenannte Teil des Werkes enthält neben den Angaben zu Autor und Werk der überlieferten Materialien recht häufig auch Initien.

2. Die CD-ROM-Ausgabe des Iter Italicum

Ebenso wie Kristellers erwähnte Bibliographie der Handschriftenkataloge hat sich auch der Iter Italicum im Laufe der Jahre zu einem Standardwerk und zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel der Mediävistik, der Renaissanceforschung und der Handschriftenkunde entwickelt. Je häufiger man jedoch dieses Werk konsultierte, desto spürbarer machte sich sein Hauptmangel bemerkbar: die unzureichenden oder fehlenden Spezialregister.[8] Die den gedruckten Bänden beigegebenen Register, die vielfach erst Jahre nach Auslieferung des Textbandes erschienen, erschließen den reichen Inhalt der Bände nur unter einem Aspekt, nämlich dem der erwähnten Autoren und Personen. Spezialregister zu den Werken, Sachbegriffen und Initien fehlen. Auch die durch den Gang der Bestandserschließung notwendig gewordenen Addenda und Supplementa in aufeinander folgenden Bänden machten die Benutzung des Werkes immer unübersichtlicher. Hier nun verspricht die von Luciano Floridi betreute CD-ROM-Ausgabe Abhilfe.

2.1 Datenerfassung und -präsentation

Die Texte von Kristellers gedruckter Vorlage wurden für die digitalisierte Version - anders als bei den vergleichbaren mediävistischen Datenbanken - nicht gescannt, sondern um der Exaktheit willen erneut manuell erfaßt. Bei der Umsetzung der Druckfassung in die CD-ROM-Ausgabe und bei der Gestaltung der elektronischen Oberfläche ließ sich Floridi, wie er in seinem Vorwort kurz darlegt,[9] von zwei Prinzipien leiten: Zum einen sollte die Benutzung auch für den ungeübten Benutzer so einfach wie möglich sein, zum anderen sollte die Organisation der Daten und ihre Präsentation so weit wie möglich der des Druckwerkes entsprechen. Die Verwirklichung beider Ansprüche ist mit der vorliegenden Software von Elektroson (Eindhoven) und Brill (Leiden), weitgehend gelungen, allerdings mit einigen ärgerlichen Einschränkungen. Denn die Anwendungsprogramme enthalten mehr Wermutstropfen als die Verlagsankündigung vermuten läßt.

2.2 Technische Spezifikationen

Die ausgelieferte CD-ROM des Iter Italicum enthält neben der Windows-Version auch eine DOS-Version, die, wie Verlagsprospekt und Handbuch verkünden, "not as advanced as the Windows version" sei (Handbuch, S. 34). Was das bedeutet, wird noch zu zeigen sein. Die Minimalanforderungen an die Hardware für die Installation beider Versionen werden leicht auch von älteren Geräten erfüllt.[10] Die Installation vollzieht sich bei beiden Versionen bis auf die notwendigen Laufwerksangaben problemlos und automatisch. Die Geschwindigkeit vor allem auch der Windows-Version war auf dem Testgerät (486DX, 16 MB RAM, Vierfach-CD-ROM-Laufwerk) auch bei komplexen und suchintensiven Abfragen erfreulich schnell.

2.3 Benutzeroberfläche

Die Benutzeroberfläche kennt als Abfragesprache nur Englisch; in ihrer Anlage mit Suchmaske und Trefferanzeige in gegenüberliegenden Fenstern hat sie große Ähnlichkeiten mit der Patrologia latina database (vgl. IFB 95-1-159). Nach dem Programmstart erhält der Benutzer eine Suchmaske, die in ihrer Standardeinstellung auf sehr einfache Weise auch recht komplexe Datenabfragen ermöglicht. Über Mausklick oder Tastatur lassen sich die Standardeinstellungen für die Suchfelder (Volltext, Land, Ort, Bibliothek, Sammlung) und die Art der Verknüpfung der Felder durch die Boole'schen Operatoren UND, ODER, NICHT nach individuellen Bedürfnissen einstellen. Auch die Kontextoperatoren (paragraph range und Wortabstand) sind auf diese Weise leicht veränderbar. Damit kann man die sich aus der oben detailliert beschriebenen Dokumenten- und Absatzstruktur des Druckwerkes für die Formulierung von Suchabfragen ergebenden Konsequenzen leicht steuern, und zwar die Ausdehnung einer Suche auf ein ganzes Dokument (Bibliothek oder Fonds) oder die Eingrenzung auf ein oder zwei Absätze mit ein oder zwei Handschriftenbeschreibungen (z.B. bei der Suche nach bestimmten Werken eines Autors in einer Handschrift). Dieser zentrale Aspekt der Benutzung der Software ist zwar im Handbuch ausdrücklich betont worden, doch meines Erachtens in seiner ganzen Tragweite für den das Druckwerk nicht genau kennenden Benutzer nicht detailliert genug erklärt. Mit Mausklick oder Tastatur ist auch das gesamte Suchbegriffsregister zu jedem Feld leicht abfragbar und durch einfachen Tastendruck in die Suchmaske übertragbar. Standardmäßig sind aus dieser Oberfläche heraus Fragen z.B. nach einem Werk eines beliebigen Autors in einem bestimmten Land oder einer bestimmten Bibliothek sofort möglich. Für die Handschriftenforschung besonders wichtig ist zudem die Möglichkeit, neben den Sachbegriffen und Titeln der Werke auch die von Kristeller in unterschiedlicher Dichte mitgeteilten Initien über eine einfache UND-Verknüpfung abzufragen. Die Retrievalsprache der Software beherrscht außer den bereits genannten Fähigkeiten auch einige Trunkierungsmöglichkeiten, und zwar die variabler Links- oder Rechtstrunkierung oder fester Innentrunkierung; feste Innentrunkierung ist auch in Verbindung mit variabler Links- oder Rechtstrunkierung zulässig. Dem sich langsam ausbildenen Standard für Datenbanken überwiegend oder ausschließlich lateinischer Texte entspricht auch die Fähigkeit der Software, bei der Suchabfrage durch die Gleichsetzung der Konsonanten- und Vokalkombinationen u/v, i/j und e/ae einige Schwierigkeiten der mittellateinischen Orthographie technisch zu umgehen. Suchabfragen können gespeichert und so wiederholt abgerufen werden.

2.4 Anzeige und Ausgabe

Die Resultate einer Anfrage werden in einander gegenüberliegenden Fenstern angezeigt, links die Trefferliste, rechts nach Tastendruck oder Mausklick das aus der Liste ausgewählte Dokument. Das Programm springt automatisch zum ersten gesuchten Begriff, der rot hervorgehoben ist; über Schaltflächen unterhalb des Dokumentenfensters kann man dann weiter von Belegstelle zu Belegstelle oder von Dokument zu Dokument springen. Über eine Symbolleiste ist es ohne größere Umwege möglich, die Suchmaske oder die beiden Ergebnisfenster zu aktivieren, gefundene Dokumente zu speichern oder zu drucken sowie einzelne Textstücke aus einem Dokument in die Zwischenablage von Windows zu kopieren, um sie dann in einer anderen Windows-Anwendung weiterzubearbeiten. Für umfangreiche Recherchen sind ferner zwei weitere Fähigkeiten von besonderem Interesse, nämlich die Möglichkeit, bei einzelnen Absätzen eines Dokuments elektronische Lesezeichen einzufügen oder auch zu einzelnen Treffern kurze Textnotizen abzulegen.

2.5 Mängel der WINDOWS-Version

Man könnte die Software der CD-ROM-Ausgabe von Kristellers Iter Italicum rundum loben, wären da nicht doch einige ärgerliche Eigenheiten des Produkts, die wieder einmal zeigen, daß - wie anderswo auch - zwar die Suchfähigkeiten recht solide durchprogrammiert sind, die Ausgabefähigkeiten der Software aber, die besonders im Bibliotheksbetrieb für die Benutzer dieser CD-ROM-Ausgaben von besonderer Bedeutung sind, allzu stiefmütterlich behandelt wurden. Gesamte Dokumente, die allerdings sehr lang sein können, lassen sich leicht sichern oder ausdrucken. Doch was tut der Gelehrte, den nur einzelne Handschriften aus einer Bibliothek interessieren und der sich seine Treffer nicht vom Bildschirm mit dem Bleistift abschreiben möchte. Er muß die ihn interessierenden Textstückchen markieren und über die Windows-Zwischenablage exportieren. Die Software läßt aber nur die Markierung eines einzigen Absatzes zu; nicht einmal aufeinander folgende - geschweige denn weiter auseinander liegende - Absätze oder gar Absatz und Fundstellennachweis zusammen können auf diese Weise auf einmal in die Zwischenablage kopiert werden. Der Markierungs- und Kopierprozeß muß, was letztlich unzumutbar ist, für jedes Textpartikel gesondert wiederholt werden. Auch der Ausweg über die Seitenvorschau eines Dokuments ist dem Benutzer verbaut. Zwar verspricht die Programmoberfläche, einzelne Seiten eines bestimmten Dokuments ausdrucken zu können, also beispielsweise die Seite mit der Fundstelle, aber in der Praxis druckt die Software entgegen der Behauptung der Bildschirmanzeige immer ordentlich das ganze Dokument ab Seite 1 aus, wobei es allerdings wahrheitswidrig behauptet und auch druckt, Seite 1 sei die gerade extra ausgewählte Seite. Auch die Ausgabe der so nützlichen Notizen ist nicht frei von Fallen. Zwar wird der Text der Notiz und der des Fundstellennachweises ausgedruckt, das eigentlich Wichtige, nämlich der Text der Fundstelle, fehlt. Hier sind dringend Nachbesserungen nötig.

Ein anderes Problem betrifft nicht die Ausgabeprogramme der Software, sondern die Datenerfassung und Datensuche. Die Suchbegriffsaufbereitung der Software zerschlägt den einzelnen Suchbegriff, sofern auch nur ein Buchstabe in ihm in runde Klammern gesetzt ist, in mehrere Suchbegriffe. Aus dem Initium (S)icut ordo nostre doctine (Bd. 3, S. 695) generieren die Aufbereitungsprogramme die Suchbegriffe s und icut, aus dem Autorennamen (Bd. 3, S. 481) B(ebel) die Suchbegriffe B und ebel. Mit einer Trunkierung der Suchbegriffe gelangt man zwar ans Ziel; doch welcher Benutzer weiß schon, welcher Buchstabe in der handschriftlichen Vorlage ausgefallen ist und daher von Kristeller in runde Klammern gesetzt worden ist. Auch hier ist dringend Nachbesserung nötig.

2.6 Gravierende Mängel der DOS-Version

Die mitgelieferte DOS-Version verhält sich entgegen der oben zitierten euphemistischen Formulierung des Verlages zur Windows-Version wie ein altersschwacher Trabbi zu einer Limousine der oberen Mittelklasse mit Klimaanlage und Sechs-Zylinder-Motor. Wer weiß, wie gut DOS-Datenbanken sein können,[11] ist über die selbstgestrickt und lieblos wirkende Oberfläche des Programms entsetzt. Die Handhabung ist umständlich, die Beschreibung im Handbuch unzureichend. Das Retrieval erlaubt nur variable Links- oder Rechtstrunkierung; die Vokal- und Konsonantengleichsetzung i/j, u/v, e/ae wird nicht unterstützt. Die Suchmöglichkeiten sind erheblich eingeschränkt; sie reduzieren sich letztlich auf ein einfaches Textretrieval. Verknüpfungen zwischen Volltextsuche und einzelnen Feldern sind nicht möglich. Eine Suche nach allen verzeichneten Sallust-Handschriften beispielsweise in Berlin, die für die Windows-Version zu den Selbstverständlichkeiten gehört, ist hier nicht ausführbar. Einen Vorteil allerdings hat diese Version gegenüber der Windows-Version: Sie bietet bei der Datenausgabe auf Festplatte, Diskette oder Drucker zu dem Absatz mit der Fundstelle auch den Fundstellennachweis mit Band- und Fondsangabe. Dennoch ist die DOS-Version nicht einmal ein schwacher Ersatz für die Windows-Version. Der Verlag sollte sich überlegen, dieses Angebot aus dem Programm zu nehmen oder deutlich zu optimieren. Wie man das tun kann, zeigen die von der Konkurrenz Brepols vertriebenen mediävistischen Datenbanken.

Bernd Michael


[1]
Iter Italicum : a finding list of uncatalogued or incompletely catalogued humanistic manuscripts of the Renaissance in Italian and other libraries / comp. by Paul Oskar Kristeller. - London : Warburg Institute ; Leiden : Brill. - Ab vol. 3 mit dem Zusatz: accedunt alia itinera. - 1963 - 1996. - Vol. 1 - 6. - Das Faszikel mit dem Register zu vol. 6 ging erst im August 1996 in den Bibliotheken ein; es enthält vor dem eigentlichen Register (S. 623 - 737) - wie fast nicht anders zu erwarten - weitere Addenda (S. 597 - 622) und im Vorwort die Mitteilung von Kristeller, daß er auf Grund seines Alters die Arbeit an seinem Lebenswerk jetzt endgültig in die Hände jüngerer Forscher legen müsse. - Zum angekündigten Gesamtregister für die Bd. 1/6 s.u. (zurück)
[2]
Eine Zusammenstellung von Rezensionen des 1. Bd. findet sich in der Besprechung von Wolfgang O. Schmitt in: Deutsche Literaturzeitung. - 90 (1969), S. 99, Anm. 1. - Zu den späteren Bd. vgl. u.a. Deutsches Archiv. - 41 (1985), S. 220 - 221; 46 (1990), S. 180; 48 (1992), S. 216 (G. Silagi). - Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken. - 70 (1990), S. 668 - 669 (L. Böninger und H. Goldbrunner). - Scriptorium. - 44 (1990), S. 186*, Nr. 598; 46 (1992), S. 113*, Nr. 477bis (M. Mund-Dopchie). (zurück)
[3]
Vgl. Zwei Quelleneditionen christlicher lateinischer Texte und ein Initienverzeichnis auf CD-ROM : eine vergleichende Bewertung / Bernd Michael. // In: IFB 95-1-157 - 160. (zurück)
[4]
Iter Italicum / von Friedrich Bluhme. - Berlin [u.a.]. - 1 (1824) - 4 (1836). (zurück)
[5]
Iter Italicum / Julius v. Pflugk-Harttung. - Stuttgart, 1883. (zurück)
[6]
Iter Italicum, Bd. 1, S. XIII. (zurück)
[7]
Latin manuscript books before 1600 : a list of the printed catalogues and unpublished inventories of extant collections / by Paul Oskar Kristeller. - 4. rev. and enlarged ed. / by Sigrid Krämer. - München : Monumenta Germaniae Historica, 1993. - (Monumenta Germaniae Historica : Hilfsmittel ; 13), S. 114 - 144. - Vgl. IFB 95-1-001. (zurück)
[8]
Vermutlich wird das Register zu Bd. 6 gar nicht erscheinen, da für August 1996 ein kumuliertes Register für die Bd. 1/6 angekündigt ist; es konnte in dieser Rezension noch nicht berücksichtigt werden:
Iter Italicum : accedunt alia itinera ... / Paul Oskar Kristeller. - Leiden [u.a.] : Brill. - Cumulative index. - Vol. 1 - 6 (1996). - ISBN 90-04-10592-1 : hfl. 245.00.
Vermutlich handelt es sich um ein Abfallprodukt der CD-ROM-Ausgabe. (zurück)
[9]
Versteckt in der Hilfe-Funktion der Windows-Version der CD-ROM. (zurück)
[10]
IBM-kompatibler 386DX-Prozessor, 2 MB RAM, VGA-Monitor, DOS 3.1 oder später und Windows 3.1 oder später, CD-ROM-Laufwerk inklusive Treibersoftware. (zurück)
[11]
Man denke an die Dataware-Produkte für die Cetedoc library of christian Latin texts und für In principio, vgl. IFB 95-1-158 und 95-1-160. (zurück)

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