Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 1
[ Bestand in K10plus ]

Die Medizinische Fakultät der Universität Helmstedt (1576


96-1-123
Die Medizinische Fakultät der Universität Helmstedt (1576 - 1810) : eine Studie zu ihrer Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Promotions- und Übungsdisputationen / Michaela Triebs. - Wiesbaden : Harrassowitz, 1995. - 354 S. ; 25 cm. - (Repertorien zur Erforschung der frühen Neuzeit ; 14). - Enth. S. 37 - 69: Kurzbiographien der Helmstedter Medizinprofessoren. S. 117 - 343: Katalog der Helmstedter medizinischen "pro-gradu"-Disputationen und der Übungsdisputationen mit Register der Respondenten. - ISBN 3-447-03699-0 : DM 138.00
[3169]

Unter den Universitäten des Alten Reiches ist die Universität Helmstedt bibliographisch mittlerweile sehr gut erschlossen. Nach Werner Kundert[1] für die juristische und William A. Kelly[2] für die theologische liegt nun auch für die medizinische Fakultät ein umfassendes Verzeichnis der dort verteidigten Inaugural- und Übungsdisputationen vor. Wie ihre Vorgänger bettet Michaela Triebs ihre Darstellung in den wissenschafts- bzw. universitätsgeschichtlichen Kontext ein, indem sie uns ausführlich über die Geschichte der Universität, der Fakultät und die medizinischen Promotionen allgemein informiert. Dieser einleitende Abschnitt, der auch ausführliche Biographien der Medizinprofessoren enthält, nimmt etwa ein Drittel des Buches ein. Der eigentliche Kern der Darstellung ist der Kataloganhang (S.117 - 343), der 495 Dissertationen pro gradu, also für den Grad eines Lizentiaten oder Doktors der Medizin und einige Promotionen ohne schriftliche Arbeit sowie 311 Übungsdisputationen nachweist. Obwohl die Quellenlage durch die vorzüglichen Wolfenbütteler Bestände und die für alte medizinische Dissertationen immer sehr ergiebige Göttinger "Collectio maxima" für Helmstedt besser als für andere Universitäten ist, mußte auch Triebs in etlichen Fällen auf archivalische oder fachbibliographische Nachweise zurückgreifen, um die Existenz eines Druckes zu belegen, von dem bisher kein Exemplar mehr zu ermitteln ist. Dieses allen Bibliographen alter Universitätsschriften nur allzu vertraute Phänomen unterstreicht aber auch den bleibenden Wert einiger historischer Fachbibliographien, hier vor allem Johann Karl Heffters Museum disputatorium physico-medicum, Zittau, 1756 - 1764. Die bibliographische Beschreibung enthält alle bei alten Hochschulschriften wichtigen Elemente. Zusätzlich erfahren wir, daß die meisten Kandidaten den viel kostspieligeren Doktor- dem Lizentiatengrad vorzogen. Um 1800 häuften sich dann die Promotionen in absentia, bei denen die Kandidaten keine oder nur eine handschriftliche Dissertation vorlegten. Wie an anderen Universitäten der frühen Neuzeit machten die Medizinstudenten nur einen sehr kleinen Teil der Studentenschaft aus. In Helmstedt bewegte sich deren Zahl durchschnittlich bei etwa 5%, was auch damit zusammenhängt, daß die medizinische Fakultät kaum jemals einen bedeutenderen Rang im universitären Vergleich innehatte. Zu bemängeln bleibt, daß es nur ein Register der Respondenten gibt. Die Kurzbiographien der Helmstedter Medizinprofessoren (S. 37 - 69) können trotz ihrer alphabetischen Anordnung kein Register der Präsiden ersetzen, und ein Register der Heimatorte bzw. -regionen sollte eigentlich zum Standard universitätsgeschichtlicher Quellendokumentationen gehören. Nichtsdestoweniger haben wir es mit einem wichtigen Beitrag auch zur Erschließung alter Dissertationen zu tun.[3] Für Helmstedt blieben jetzt nur noch die philosophischen Streitschriften zu erfassen.[4]

Manfred Komorowski


[1]
Katalog der Helmstedter juristischen Disputationen, Programme und Reden : 1574 - 1810 / Werner Kundert. - Wiesbaden : Harrassowitz, 1984. - 543 S. - (Repertorien zur Erforschung der frühen Neuzeit ; 8). (zurück)
[2]
The theological faculty at Helmstedt : an outline of its intellectual development as mirrored in its dissertations ; together with a chronological catalogue / William A. Kelly. - Ph. D. Thesis, Strathclyde University, 1992. - Vol. 1 - 2. (zurück)
[3]
Vgl. Research on early German dissertations : a report on work in progress / Manfred Komorowski. // In: The German book 1450 - 1750 : studies presented to David L. Paisey in his retirement / ed. by John L. Flood and William A. Kelly. - London : British Library, 1995, S. 259 - 268. (zurück)
[4]
Ein wichtiger Teil ist allerdings schon durch die Personalbibliographie des Universalgelehrten Hermann Conring (1606 - 1681) abgedeckt: Hermann Conring : gedruckte Werke 1627 - 1751 / William A. Kelly ; Michael Stolleis. // In: Hermann Conring : (1606 - 1681) ; Beiträge zu seinem Leben und Werk / hrsg. von Michael Stolleis. - Berlin : Duncker & Humblot, 1983. - (Historische Forschungen ; 23), S. 535 - 572. (zurück)

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