Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 1
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Opern-Lexikon


96-1-060
Opern-Lexikon / Pahlen. [Das Komponistenverzeichnis, Opernverzeichnis der deutschsprachigen Titel und das Opernverzeichnis der fremdsprachigen Titel wurden von Gerd Theato erstellt]. - München : Heyne, 1995. - 1023 S. ; 22 cm. - Verf.: Kurt Pahlen. - Früher u.d.T.: Pahlen, Kurt: Das grosse Heyne-Opern-Lexikon. - ISBN 3-453-09088-8 : DM 78.00
[3050]
96-1-061
Harenberg-Opernführer : der Schlüssel zu 500 Opern, ihrer Handlung und Geschichte. Mit CD-Empfehlungen der "Opernwelt"-Redaktion / [Autoren: Alfred Beaujean ... Opernwelt-CD-Tips: Thomas Voigt und Stephan Mösch]. - Dortmund : Harenberg. - 1181 S. : Ill. ; 25 cm + 10 CDs. - ISBN 3-611-00496-0 : DM 98.00 + DM 149.00 (CDs)
[3072]
96-1-062
Bertelsmann-Opernführer : Werke und Komponisten / hrsg. von Curt A. Roesler und Siegmar Hohl. - Gütersloh ; München : Bertelsmann-Lexikon-Verlag, 1995. - 607 S. ; 24 cm. - ISBN 3-577-10522-4 : DM 79.00
[3137]

Dem Wunsch des Verlegers nach einer Neuauflage seines Werkes[1] konnte Kurt Pahlen nicht nachkommen, hätten doch zu viele Änderungen vorgenommen werden müssen. Daher entschloß sich der Autor, ein weiteres Opern-Lexikon zu schreiben. Von der Prämisse ausgehend, daß ein Opernabend dem Besucher nur dann Genuß bereiten kann, wenn er sich darauf vorbereitet (Vorwort S. 11), hat Pahlen sich zum Ziel gesetzt, aus der Fülle der ca. 60.000 Opern etwa 2000 auszuwählen, um sie näher zu betrachten. Wichtig war ihm dabei die Berücksichtigung des zeitgenössischen Opernschaffens (Vorwort S. 10). Pahlen gelingt es, diese im Vergleich zu anderen Opernführern[2] große Zahl von Werken in einem Band unterzubringen und mit ihrer Darstellung eine subjektive Geschichte der Oper zu schreiben, die erfreulich umfassend ist. Das Buch selbst - in Form eines Lexikons - enthält verschiedene Teile, von denen der mit dem Titel Die Komponisten und ihre Werke der umfangreichste ist. Im Alphabet der Komponisten werden zunächst deren Biographien vorgestellt, wobei Pahlen sich allein auf das Opernschaffen beschränkt; darauf stellt er die ausgewählten Werke in chronologischer Ordnung vor. In einem Kasten sind zudem sämtliche Bühnenwerke des jeweiligen Komponisten verzeichnet. Nähere Angaben zu Titel, Originaltitel, Originalsprache, Personen, Ort und Zeit der Handlung, zu Textbuch, zu Musik und Geschichte der Oper folgen. In der Schilderung der "Handlung" geht Pahlen auch auf den musikalischen Aufbau ein (Beethoven: Fidelio, S. 47 ff.) und nimmt eine deutliche Gewichtung vor. Aufgrund der großen Anzahl an aufgenommenen Opern finden auch solche Werke Berücksichtigung, die üblicherweise in den gängigen Opernführern fehlen; so ist z.B. neben dem Opernschaffen von Samuel Barber auch die erste Jazz-Oper, Treemonisha von Scott Joplin enthalten. In Pahlens Opern-Lexikon fehlen jedoch - im Gegensatz zu den meisten anderen Nachschlagewerken - Angaben zur Aufführungsdauer. Dafür wird dem Benutzer der Gebrauch des Lexikons zum einen durch ein Komponistenverzeichnis erleichtert, das neben den Komponistennamen auch die besprochenen Opern enthält, zum anderen durch ein Verzeichnis der deutsch- und fremdsprachigen Operntitel, die unter dem ersten sinntragenden Wort aufgeführt sind. "Um dem Benutzer die Dichte, Buntheit und Universalität des Opernlebens anschaulich vor Augen zu führen" (S. 913) enthält das Opern-Lexikon schließlich noch einen Überblick über das Opernschaffen der letzten 10 Jahre. Hier bezieht Pahlen auch Pressekritiken in seine Bewertung ein. Diese Aufstellung endet mit der Uraufführung der Oper Esmée von Theo Loevendie vom 31. Mai 1995. 32 Jahre nach seinem Buch Oper der Welt spricht aus der Betrachtung Pahlens die Reife und Abgeklärtheit des Autors. Doch zur Gänze konnte er sein Ziel, ein neues Opern-Lexikon zu schreiben, nicht erreichen. Die Einleitung, der Aufbau des lexikalischen Teils und die darin enthaltenen Besprechungen und Wertungen sind teilweise unverändert aus dem früheren Band übernommen.

Der Harenberg-Opernführer unterscheidet sich von anderen Werken dieser Art in seiner Konzeption und Aufmachung dadurch, daß man ihn lesen und dazu auch hören kann. In enger Verzahnung mit dem Buch sind 10 CDs erschienen, die in über 150 Musikbeispielen und 12 Stunden Gesamtspieldauer einen Querschnitt durch das Opernschaffen bieten. In dem einbändigen Werk selbst sind 500 Opern besprochen. Es wird auf Einspielungen auf den CDs verwiesen; der die Artikel ergänzende "Opernwelt-CD-Tip"[3] nennt weitere Produktionen. Die Aufgabe, den Wandel der Oper zum Musiktheater unter Einbeziehung vergessener Werke und zeitgenössischer Opern (S. 5) zu dokumentieren, gelingt diesem Buch gut, wenngleich sich unter den genannten Opern von 150 Komponisten kaum vergessene Werke befinden. Hier wird man eher in Pahlens Opern-Lexikon fündig. Überzeugen kann der Harenberg-Opernführer allerdings dadurch, daß er den Zeitgeist widerspiegelt. Die Aufmachung ist modern, der durchgehend vierfarbig gedruckte Band enthält sehr viele Abbildungen, die neben Komponistenportraits auch historische Bühnenbilder und aktuelle Inszenierungen zeigen. Der Inhalt ist alphabetisch nach den Komponistennamen gegliedert, die Opern folgen bei den einzelnen Komponisten in chronologischer Reihung. Die Kurzbiographie enthält auch Literaturangaben, der Überblick über das gesamte Opernschaffen des Komponisten auch die Aufführungsdauer der Werke. Die Einzelbetrachtungen der ausgewählten Werke gehen neben den üblichen Angaben zu Titel, Personen und Handlung auch auf die Musik und die Wirkung des Werkes in seiner Zeit ein. Die eigentliche Stärke des Harenberg-Opernführers liegt jedoch in dem auf Seite 1033 beginnenden Registerteil. Ein Sängerlexikon verzeichnet die Namen bekannter Interpreten meist des 20. Jahrhunderts und nimmt teilweise eine Wertung ihrer Leistungen vor. Eine Chronik der Oper schließt sich an: sie verzeichnet Opern von Beginn an bis zur Uraufführung von Alfred Schnittkes Oper Historia von D. Johann Fausten am 22.06.1995 in Hamburg. Freilich sind in dieser Chronik nur die im Harenberg-Opernführer besprochenen Opern enthalten, so daß dieses Verzeichnis mit der Uraufführung von Monteverdis Orfeo am 24.02.1602 beginnt und Jacopo Peris Oper Euridice dagegen fehlt, obwohl es sich dabei um die erste Oper handelt, deren Partitur erhalten blieb und deren genaues Premierendatum - am 06.10.1600 im Palazzo Pitti in Florenz - wir kennen. Ein Werke-Register führt in alphabetischer Folge alle im Harenberg-Opernführer beschriebenen Opern auf. Ergänzt wird dieser Teil durch ein Register der für die Handlung der Opern bedeutenden Rollen. Ein ebenso sinnvolles Arien-Register, das alle im Text erwähnten Arien- und Choranfänge (dazu in Klammern auch Komponist und Operntitel) verzeichnet, folgt. Ein Personen-Register und die Adressen der Musiktheater in Deutschland und Europa (genannt wird auch als einziger außereuropäischer Eintrag das Metropolitan Opera House in New York) vervollständigen den Registerteil, durch dessen Ausführlichkeit sich der Harenberg-Opernführer von anderen Werken positiv abhebt.

Der Bertelsmann-Opernführer "unternimmt es, die Kluft zu schließen, die sich in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts zwischen elitärem Anspruch und popularer Erwartungshaltung aufgetan hat" (Geleitwort S. 7). Daß dabei das Hauptaugenmerk der "popularen Erwartungshaltung" gilt, mag ganz legitim sein. Dafür muß dem Benutzer beim Nachschlagen in dem solide hergestellten und optisch ansprechenden einbändigen Werk jedoch klar sein, welche Zielgruppe der Verlag mit seinem Opernführer ansprechen möchte, nämlich den interessierten Laien. Und so kann der Bertelsmann-Opernführer getrost auf einen wissenschaftlichen Apparat verzichten, der üblicherweise den Hauptteil ergänzt. Im alphabetisch nach Originaltiteln geordneten Werkteil selbst werden 366 Opern besprochen. Die Länge der Betrachtungen richtet sich nach dem Stellenwert, den die jeweilige Oper nach Meinung der Herausgeber einnimmt. Wer hier nicht fündig wird, kann über das Register der Originaltitel die deutsche Entsprechung ermitteln. Die Artikel nennen neben dem Librettisten und dem Tag der Uraufführung die handelnden Personen, Zeit und Ort; sie sind nach den drei Abschnitten Handlung, Erläuterung und Das Werk auf der Bühne strukturiert. Die Erläuterung ist im Hinblick auf die Leserschaft oberflächlich informativ und pauschalisierend. So steht bei Aida zu lesen: "Verdi setzt auf weitgehende Selbständigkeit der Singstimme" (S. 13). Doch wartet der Bertelsmann-Opernführer auch mit vielen nützlichen Informationen auf, wie etwa der Nennung der "Glanznummern" der Opern. Das Werk auf der Bühne erzählt die Geschichte, die die jeweilige Oper im Lauf der Zeit genommen hat. Man erfährt hier von den großen Inszenierungen und kann sich - anhand der über 200 überwiegend farbigen Photographien, mit denen der Band bebildert ist und die bewußt moderne Inszenierungen berücksichtigen - auch optisch einen Eindruck verschaffen (gelungen ist z.B. die Gegenüberstellung zweier kontroverser Inszenierungen von Mozarts Zauberflöte, S. 421). Ein weiterer Teil des Bandes verzeichnet die Komponisten. Nach einer kurzen Biographie nehmen die Autoren eine Eingliederung des Künstlers in die allgemeine Musikgeschichte vor, wobei auch ihre anderen Gattungen angehörenden Werke Berücksichtigung finden. Auch hier herrscht die Erfüllung der "popularen Erwartungshaltung" vor, doch sind diese Texte ebenso mit viel Sachverstand und Liebe zum populärwissenschaftlichen Detail geschrieben. Leider fehlen im Register Querverweisungen gänzlich. So ist z.B. im Artikel Vincenzo Bellini ein Zitat Richard Wagners zu lesen (S. 427), das über das Register nicht aufzufinden ist. Ein Verzeichnis der wichtigsten Sängerinnen und Sänger schließt sich an, wobei der Schwerpunkt bewußt auf Interpreten gelegt wurde, die gegenwärtig die Bühne beherrschen. Ein summarischer Überblick über die Opernhäuser und ein sehr informatives Glossar, das dem (fachfremden) Benutzer den Einstieg in das Verständnis der Opernwelt erleichtert, beschließen den Bertelsmann-Opernführer, der in gelungener Weise die Vermittlung von faktischem Wissen mit populärwissenschaftlicher Darstellung und unterhaltenden Elementen verbindet.

Weder Pahlens Opern-Lexikon noch die beiden Opernführer von Harenberg und Bertelsmann enthalten Notenbeispiele, wie sie z.B. noch in Pahlens Oper der Welt von 1963 zu finden waren. Dort gab es zusätzlich auch ein Verzeichnis der Opern, aufgeschlüsselt nach Ländern sowie ein solches der Operntheater der Welt. Ebenso muß man in den drei vorliegenden Werken auf so sinnvolle Angaben wie Kurzbiographien der Librettisten, die Orchesterbesetzung und die musikalische Form verzichten, wie sie der Opernführer von Csampai[4] bietet. Das sich ansonsten gleichfalls an eine breite Leserschaft wendende Oxford dictionary of opera[5] enthält immerhin relativ zahlreiche Literaturangaben.

Von den drei hier vorgestellten Opernlexika, die alle primär auf den Opernliebhaber zielen, empfiehlt sich Pahlens Opern-Lexikon durch die Breite der Auswahl. Mit dem Harenberg-Opernführer erhält man ein Werk, das durch den einfachen Zugang, die Fülle der Recherchemöglichkeiten und nicht zuletzt durch seine ansprechende Aufmachung in Verbindung mit den CDs dem Neuling ebenso wie dem Opernliebhaber die Welt der Oper näher bringt. Für den Bertelsmann-Opernführer spricht dagegen wenig, zumal er keinen Preisvorteil bietet. Als weiteres handliches und insbesondere preiswertes Werk empfiehlt sich das Handbuch der Oper von Kloiber/Konold,[6] das wegen vieler zusätzlicher technischer Angaben auch für den Fachmann bzw. den Künstler hilfreich ist. Für den Musik- und Theaterwissenschaftler und natürlich auch für alle großen Bibliotheken unverzichtbar sind die beiden großen mehrbändigen Werke The new Grove dictionary of opera[7] und Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters,[8] die aber trotz ihrer Inklusivität der Ergänzung durch andere spezielle Nachschlagewerke zur Oper[9] bedürfen.

Klaus Peter Leitner


[1]
Zuerst u.d.T. Oper der Welt / Kurt Pahlen. - Zürich : Druck- und Verlagshaus, 1963. - 575 S. (zurück)
[2]
Vgl. zuletzt die Komplexrezension von Opernlexika in IfB 95-2-229 - 235. (zurück)
[3]
Stichwortartig werden Aufnahmejahr, Interpreten und Label genannt. (zurück)
[4]
Opernführer / Attila Csampai ; Dietmar Holland. - 3. Aufl. - Hamburg : Hoffmann und Campe, 1994. - 1399 S. - ISBN 3-455-08336-6 : DM 78.00. (zurück)
[5]
The Oxford dictionary of opera / John Warrack and Ewan West. - Oxford [u.a.] : Oxford University Press, 1992. - XVIII, 782 S. - ISBN 0-19-869164-5 : œ 25.00 [1576]. - Vgl. IFB 93-3/4-203. (zurück)
[6]
Handbuch der Oper / Rudolf Kloiber ; Wulf Konold. - 8. Aufl., gemeinschaftliche Originalausg. - München : Deutscher Taschenbuch-Verlag ; Kassel [u.a.]: Bärenreiter-Verlag, 1994. - 1100 S. ; 19 cm. - (dtv ; 3297). - ISBN 3-423-03297-9 (dtv) - ISBN 3-7618-3297-9 (Bärenreiter) : DM 39.80 [2679]. - Vgl. IFB 95-2-232. (zurück)
[7]
The new Grove dictionary of opera / ed. by Stanley Sadie. - London : Macmillan ; New York, NY : Grove's Dictionaries of Music Inc., 1992. - Vol. 1 - 4. - ISBN 0-333-48552-1 : œ 445.00 - ISBN 0-935859-92-6 : $ 850.00 [1577]. - Vgl. IFB 93-3/4-204. (zurück)
[8]
Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters : Oper, Operette, Musical, Ballett / hrsg. von Carl Dahlhaus und dem Forschungsinstitut für Musiktheater der Universität Bayreuth unter der Leitung von Sieghart Döhring. - München ; Zürich : Piper. - 26 cm [0244]. - Bd. 1 (1986) - . - Das Werk ist erst bis zu Bd. 5. Werke: Piccini - Spontini. - 1994 gelangt. - Vgl. die Rezension von Bd. 1 ABUN in ZfBB 34 (1987),3, S. 230 - 235. (zurück)
[9]
Vgl. ABUN in ZfBB 34 (1987),3, S. 230 - 235 sowie IFB 94-1-092. (zurück)

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