Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 1
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Deutsch-französisches Wörterbuch für Kunstgeschichte und


96-1-048
Deutsch-französisches Wörterbuch für Kunstgeschichte und Archäologie / von Werner Jost. Unter Mitarb. von Roland Grünberg. - Berlin : Erich Schmidt, 1995. - 267 S. ; 20 cm. - ISBN 3-503-03716-0 : DM 39.80
[3283]

In den letzten Jahren sind einige zweisprachige Fachwörterbücher zur Kunst erschienen,[1] bei denen es sich um den Normaltyp des alphabetisch angelegten zweisprachigen Wörterbuchs handelt. Somit trifft auf diese Wörterbücher vieles von dem zu, was nachfolgend für die jüngste Publikation dieses Typs ausgeführt wird.

Als Seitenstück zu dem genannten Wörterbuch für deutsch und englisch von Mary L. Apelt legte Werner Jost Ende 1995 im selben Verlag den ersten Teil seines Deutsch-französischen Wörterbuchs für Kunstgeschichte und Archäologie vor. Dem Vorwort ist zu entnehmen, daß die Anlehnung an die Konzeption der Wörterbücher von Apelt beabsichtigt ist. Hier erfährt man auch, daß "die französischen Begriffe ... aus den verschiedensten Quellen zusammengetragen werden (mußten)", ohne daß der Verfasser auch nur eine seiner Quellen nennt, nicht einmal das weiter unten erwähnte Wörterbuch von L. Réau. Die Anlage folgt dem Alphabet der ca. 10.000 deutschsprachigen Lemmata. Außer den Genus-Angaben bei Substantiva in beiden Sprachen verzichtet das Wörterbuch ebenso wie sein Vorbild auf jede Art von Definition oder Wortfeldzuordnung. Daß dies auch in knapper Form nicht nur möglich, sondern auch sinnvoll wäre, zeigt das erwähnte Wörterbuch von Claude Ferment, in dem neben Kurzdefinitionen auch nützliche Hinweise zur Begriffsverwendung und Verweisungen auf verwandte Begriffe angeboten werden. Es ist offenkundig, daß dieses Verfahren zumindest in all jenen Fällen unerläßlich ist, in denen zwischen den Begriffen in den beiden Sprachen keine einfache Wortgleichung vorliegt. Wenn einem deutschen Ausgangsbegriff mehr als ein französischer Terminus zuzuordnen ist, beschränkt sich Jost auf eine reine Aufzählung möglicher französischer Entsprechungen ohne Hinweise auf Abgrenzung oder Differenzierung: Z.B. Fuß (Füße) m: 1. pied 2. piédouche m; base f. Das aber dürfte für eine aktive Verwendung des Fachwörterbuchs zu wenig sein und ist erst recht von einer systematischen und intensiven Wortfeldaufarbeitung, wie sie etwa das Glossarium artis für Teilbereiche des Faches bereits bietet, weit entfernt. Das Jostsche Wörterbuch leistet daher nicht mehr, als die Register des Glossarium artis, die zusätzlich zu ihrer Registerfunktion im Hinblick auf den systematisch geordneten Hauptteil eben auch als einfaches Wörterbuch genutzt werden können.

Selbst eines der älteren mehrsprachigen Wörterbücher zur Kunst, das von Louis Réau,[2] bietet bereits in seiner Ausgabe von 1953 in Einzelfällen für Begriffe der französischen Ausgangssprache knappe definitorische Präzisierungen; für die Zielsprachen: italienisch, spanisch, englisch, deutsch, teilw. auch niederländisch, russisch, schwedisch usw. galt dies allerdings nicht. Aufgrund seines polyglotten Anspruchs ist dieses Fachwörterbuch auch heute noch von Interesse, zumal die erweiterte Auflage von 1977 zwar den Text der Ausgabe von 1953 wieder abdruckt, aber ihn durch deutsch-französische, englisch-französische und italienisch-französische Register ergänzt.[3] Der deutsch-französische Teil des Wörterbuchs von Réau in der Ausgabe von 1977 kann es in lexikographischer Hinsicht durchaus mit dem Jostschen Wörterbuch von 1995 aufnehmen, unbeschadet der Tatsache, daß bei Réau eine Reihe ungewöhnlicher Wortgleichungen begegnen, die der deutsche Verlag hätte verbessern können.[4] Jost bewegt sich dagegen auf der Höhe der Zeit bzw. - je nach Perspektive - des Zeitgeistes: Mit Stolz verweist er im Vorwort darauf, mit zusätzlichen Eintragungen unter weiblichen Berufsbezeichnungen - neben Kunsthistoriker auch Kunsthistorikerin usw.[5] geradezu "Neuland betreten" zu haben, "selbst um den Preis nicht immer zufriedenstellender Lösungen besonders auf der französischen Seite" (S. 7). Doch bedarf es wohl keines sonderlichen Talents, vorauszusagen, daß die hier gelegentlich anzutreffende Überstrapazierung französischer Wortbildungsmuster weder die in diesem Bereich eher restriktive französische Sprachnorm so bald verändern noch gar die Académie Fran‡aise beeindrucken wird. Vielmehr dürfte die Übernahme der angebotenen Wortbildungen und Wendungen leicht als stilistisch-normative Abweichung im Französischen erkennbar bleiben.

Da in den Fächern Kunst und Archäologie Englisch keineswegs unangefochten den Rang einer lingua franca einnimmt, sondern auch dem Französischen und nicht zuletzt dem Italienischen eine besondere Bedeutung zukommt, wird man zumindest für den deutsch-französischen Sprachbereich und mit Blick auf die noch vorhandenen thematischen Einschränkungen des Glossarium artis nicht auf das Jostsche Wörterbuch verzichten können; seine baldige Abrundung durch einen französisch-deutschen Teil wäre daher in jedem Fall wünschenswert. In Bereichen, für die bereits Bände des Glossarium artis vorliegen, verdient dieses aus den oben genannten Gründen den Vorzug. Für andere Sprachen, angefangen beim Italienischen, bleiben mehrsprachige Fachwörterbücher zur Kunst, die über reine Listen mit Wortgleichungen hinausgehen, ein ausgemachtes Desiderat.

Angela Karasch


[1]
English-German dictionary: art history - archaeology = Englischdeutsches Wörterbuch für Kunstgeschichte und Archäologie / von Mary L. Apelt. - Berlin : Erich Schmidt, 1987. - 253 S. - ISBN 3-503-02259-7 : DM 49.00. - German-English dictionary: art history - archaeology = Deutsch-Englisches Wörterbuch für Kunstgeschichte und Archäologie / von Mary L. Apelt. - 2. überarb. und erg. Aufl. - Berlin : Erich Schmidt, 1990. - 277 S. -ISBN 3-503-03003-4 : DM 49.80.
Dictionnaire des termes de l'art : anglais/fran‡ais & fran‡ais/anglais / Claude Ferment. - Paris : Maison du Dictionnaire, 1994. - 490, [32] S. : Ill. - ISBN 2-85608-059-6. (zurück)
[2]
Dictionnaire polyglotte des termes d'art et d'archéologie / Louis Réau. - 1. ed. - Paris : Presses Universitaires de France, 1953. - 247 S. - Zuvor bereits als: Lexique polyglotte des termes d'art et d'archéologie / Louis Réau. - Paris : Laurens, 1928. - 175 S. (zurück)
[3]
Dictionnaire polyglotte des termes d'art et d'archéologie / Louis Réau. - Réimpression de l'ed. de 1953, augmentée de tables de renvois en allemand, anglais et italien. - Osnabrück : Zeller, 1977. - 961 S. - ISBN 3-535-01550-2. (zurück)
[4]
So ist, um ein Beispiel zu nennen, Kreuzschleppung (neben Kreuztragung) für portement de croix eher ungebräuchlich. (zurück)
[5]
Übrigens: Wenn schon männliche und weibliche Berufsbezeichnungen weitestgehend symmetrisch berücksichtigt werden sollen, dürfte man dann neben dem Maurer - dieser Eintrag wurde offensichtlich für notwendig erachtet - nicht auch die Maurerin erwarten? Wirklich vermißt haben wir dagegen nicht nur die Denkmalpflegerin, sondern auch den Denkmalpfleger: für beide fehlt ein Eintrag. (zurück)

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