Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 4(1996) 1
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Patrimoine des bibliothŠques de France


96-1-015
Patrimoine des bibliothŠques de France : un guide des régions / [chef de projet: Anne-Marie Reder. Banques CIC pour le Livre ; MinistŠre de la Culture]. - [Paris] : Payot, 1995. - Vol. 1 - 11 : Ill ; 24 cm. - ISBN 2-228-88977-6 : FF 1500.00
[3203]
96-1-016
Guide des fonds patrimoniaux des bibliothŠques d'Alsace / [enquˆte et rédaction: Daniel Bornemann et Catherine Olry]. - Strasbourg : B.N.U.S. ; Mulhouse : CORDIAL, 1995. - 288 S. ; 24 cm. - ISBN 2-85923-022-X : FF 150.00. - (BibliothŠque Nationale et Universitaire de Strasbourg, Service des Publications, B.P. 1029, F-67070 Strasbourg)
[3091]

Auf die Unterschiede zwischen Deutschland und Frankreich bei der Bereitstellung von Informationsmitteln über die Bibliotheken und ihre Bestände wurde bereits früher[1] aufmerksam gemacht: so fehlte es in Frankreich bisher sowohl an aktuellen amtlichen oder von Fachverbänden bearbeiteten Bibliotheksadreßbüchern als auch an Bestandsführern. Während für erstere jetzt in der 2., oben besprochenen Ausgabe von Papyrus ein ganz Frankreich und alle Bibliothekstypen berücksichtigendes Adreßbuch vorliegt, ist ein Bestandsführer, der auch nur in etwa dem Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland entspricht, nicht in Sicht. Das neue Werk Patrimoine des bibliothŠques de France kann, um es vorweg zu sagen, diese Rolle auf keinen Fall spielen, handelt es sich doch bei dieser Publikation in zehn Bänden und einem Registerband nicht um ein Instrument, das dem an den Altbeständen interessierten Forscher dienen soll, sondern gehört in den Rahmen der vielfältigen Bemühungen in unserem Nachbarlande, den patrimoine breiten Bevölkerungskreisen nahe zu bringen. Sie steht somit in einer Reihe mit den zahlreichen eher didaktischen Publikationen, die in großer Zahl parallel zu den klassischen Denkmälerinventaren erscheinen, über die demnächst in IFB ausführlich berichtet werden soll.

Konzentrierten sich früher derartige Publikationen häufig genug auf die Pariser Bibliotheken,[2] so werden heute, der Politik der kulturellen Aufwertung der Provinz entsprechend, selbstverständlich die Bibliotheken der Departements berücksichtigt, was nicht ausschließt, daß der erste Band, der die Ile-de-France und somit auch Paris behandelt, besonders umfangreich ist, obwohl die französische Nationalbibliothek keine Aufnahme findet. Das Werk gliedert sich in 10 Bände, zu denen die 22 Regionen zusammengefaßt werden. Innerhalb der Bände sind die Bibliotheken dann im Ortsalphabet, also ohne Berücksichtigung sowohl der Region als auch des Departements verzeichnet. Die Auswahl der 380 Bibliotheken erfolgt alleine auf Grund ihrer historischen Bestände und somit stehen die alten Stadtbibliotheken zahlenmäßig an der Spitze, während z.B. von den Universitätsbibliotheken nur die relativ wenigen mit bedeutenden Altbeständen vertreten sind. Berücksichtigt sind in geringem Umfang auch Bibliotheken in nicht-staatlicher Trägerschaft.[3] Was nun die historischen Bestände betrifft, so stehen zwar die Buchbestände - alte und wertvolle Drucke und Handschriften - im Vordergrund, berücksichtigt werden jedoch auch alle anderen Sammlungen, also Münzen und Medaillen, Graphik, Photographien oder auch die zur Innenausstattung gehörenden Kunstgegenstände wie Gemälde oder Skulpturen.

Die Artikel über die einzelnen Bibliotheken schwanken zwischen 2 und 12 Seiten, nur ausnahmsweise sind es mehr (BiliothŠque Nationale et Universitaire in Straßburg mit 23 S.), stammen von den Bibliothekaren und sind mit deren Namen gezeichnet. Sie behandeln die Geschichte der Institution, die Bestandsgeschichte unter besonderer Berücksichtigung von Sammelschwerpunkten sowie das Gebäude, wenn es sich um ein historisch interessantes handelt. Die Artikel schließen mit einigen wenigen Literaturangaben und zwar sowohl Publikationen über die Bibliothek als auch neuere Publikationen der Bibliothek, hier zumeist Ausstellungskataloge. Einen beträchtlichen Teil des Umfangs nehmen die fast ausnahmslos farbigen Abbildungen ein (bei der genannten Straßburger Bibliothek sind ca. 10 Seiten den Bildern vorbehalten, davon 6 ganzseitige) und zwar nicht nur der Buchmaterialien, sondern auch der anderen oben erwähnten Kunstgegenstände. Insgesamt sind es lt. Verlagswerbung 3000 Abbildungen.

Alle praktischen Angaben zu den Bibliotheken werden von den Artikeln selbst separiert und in einen Anhang verbannt: Adresse, Öffnungszeiten und ganz knappe Bestandsbeschreibung. Jeder Band verfügt über ein Bandregister (Orte, benannte Sammlungen, erwähnte Personen in Auswahl sowie Sachschlagwörter), die zu Band 11, dem Generalregister kumulieren. Diese Register sind fast unbrauchbar, da sie nicht auf die Seite verweisen, sondern auf die laufende Nummer der Bibliotheken, so daß man evtl. viele Seiten auf der Suche nach einem Begriff oder einer Person durchsuchen muß. Schlimmer noch: die laufende Nummer steht weder bei den Artikeln selbst, noch im Kolumnentitel, sondern nur im Inhaltsverzeichnis, das zwischen den Einleitungstexten (drei in allen Bänden identische Texte der Leiter der herausgebenden Institutionen sowie von Emmanuel Le Roy Ladurie und einem Vorwort zum jeweiligen Band) und den eigentlichen Text versteckt ist. Die vorderen und hinteren Umschlagklappen der Broschuren enthalten Kartenskizzen, in denen die Lage der Orte eingezeichnet ist, die mit Bibliotheken vertreten sind.

Obwohl sich dieser Führer, der von der genannten Stiftung eines Geldinstituts finanziert wurde, während die Direction du Livre et de la Lecture des MinistŠre de la Culture die ihm unterstellten Bibliothekare zur Mitarbeit gewann, an das breite Publikum wendet, für dessen Erbauung auch die zahlreichen Illustrationen gedacht sind, sollte dieses Werk natürlich auch in die wissenschaftlichen Bibliotheken des Auslandes Eingang finden, da man siechhier rasch über die wesentlichen Fakten der historischen Bibliotheksbestände in unserem Nachbarland informieren und auch durchaus mit interessanten Entdeckungen rechnen kann.[4]

Obwohl in Format und äußerer Aufmachung fast identisch und gleichfalls mit zahlreichen Abbildungen ausgestattet, ist der Guide des fonds patrimoniaux des bibliothŠques d'Alsace von ganz anderem Charakter und deswegen wesentlich besser geeignet, Ansprüchen wissenschaftlicher Benutzer zu genügen. Im Gegensatz zu dem Führer für ganz Frankreich, der für das Elsaß nur 13 Bibliotheken in Hagenau (1), Straßburg (6), Schlettstadt (1), Kolmar (3) und Mülhausen (2) berücksichtigt, sind es hier nicht weniger als 202 öffentliche, halböffentliche und private Bibliotheken. Sie wurden auf Grund einer vorausgehenden Fragebogenaktion ausgewählt und dann von den beiden Projektbearbeitern aufgesucht. Die Artikel, geordnet im Orts-, innerhalb im Namenalphabet, gliedern sich wie folgt: Elementarinformationen (Name, Anschrift, Öffnungszeiten, Ansprechpersonen, summarische Angaben zu Bestandsgröße und Zusammensetzung); Abriß der Geschichte der Bibliothek und ihrer Sammlungen; statistische Übersicht über die gedruckten Altbestände nach Jahrhunderten und Sprachen, z.T. auch nach Fächern auf Grund von Stichprobenerhebungen; Beschreibung der Altbestände nach Handschriften, Inkunabeln und sonstigen Beständen unter Erwähnung herausragender Stücke; gedruckte und Zettelkataloge; sonstige Bestände (z.B. Graphik, Plakate, Karten und Pläne, Münzen und Medaillen); ausführliche Bibliographie zur Bibliothek und zu einzelnen Beständen. Getrennte Sach- und Personen/Sammler-Register. Das Inhaltsverzeichnis der Bibliotheken wird durch eine Übersicht über die vertretenen Bibliothekstypen eingeleitet.

Wie man leicht sieht, ähnelt das Programm dieses Zensus in seinen Prinzipien, wenn auch nicht in der Detailliertheit der Beschreibungen, dem Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Erfreulicherweise ist das Bewußtsein für die Notwendigkeit in den letzten beiden Jahrzehnten auch in Frankreich gewachsen, die Altbestände in den Bibliotheken außerhalb von Paris zu inventarisieren und damit besser bekanntzumachen,[5] und es wäre sehr zu wünschen, wenn dem Beispiel des Elsaß bald auch weitere Regionen[6] folgen würden.

sh


[1]
IFB 95-2-199 - 200. (zurück)
[2]
Eine Ausnahme macht die folgende Publikation, die in gewisser Weise als Vorgängerin der hier besprochenen angesehen werden kann: Les richesse des bibliothŠques provinciales de France : historique des dép“ts, oeuvres d'art, manuscrits, miniatures, livres, reliures, musique, dessins & gravures, monnaies & médailles, fonds locaux, spécialités / ouvrage rédigé par les conservateurs des bibliothŠques provinciales et publié par Pol Neveux et Emile Dacier. - Paris : Editions des BibliothŠques Nationales de France, 1932. - T. 1 - 2. - Wenn man diese sorgfältig gedruckte Publikation mit ihrem heutigen bunten Nachfolger vegleicht, gewinnt man eine Vorstellung vom Niedergang der Typographie und Buchgestaltung. (zurück)
[3]
Zur Trägerschaft fehlen jegliche Angaben. Es ist jedoch anzunehmen, daß etwa die BibliothŠque Diocésaine in Metz (Bd. 3, S. 70 - 75) in letztere Kategorie fällt. (zurück)
[4]
Z.B. die BibliothŠque Européenne du Roman Populaire in Laxou (bei Nancy), die sich trotz ihres Namens nach der Beschreibung zu schließen (Bd. 3, S. 68 - 69) auf französische Trivialliteratur beschränkt. (zurück)
[5]
Vgl. dazu Plaidoyer pour l'inventaire des fonds patrimoniaux / Dominique Varry. // In: Bulletin des bibliothŠques de France. - 35 (1990),2, S. 99 - 103. - Alle diese Überlegungen basieren auf einer bereits 1975 durchgeführten Erhebung: Les fonds anciens des bibliothŠques fran‡aises : résultat de l'enquˆte de 1975 / Fran‡oise Blechet et Annie Charon. - Paris : Institut de Recherches et d'Histoire des Textes, 1981. - 146 S. (zurück)
[6]
Drei in der Literaturliste auf S. 269 - 270 genannte Verzeichnisse für die Stadtbibliotheken der Ile de France (1988) sowie für die Altbestände in den Regionen Basse-Normandie (1989) und Rh“ne-Alpes (1992) waren dem Rezensenten nicht zugänglich, so daß er ihren Nutzen nicht beurteilen kann. - Weniger aufwendig, nämlich ohne Abbildungen, und weniger ausführlich als das Verzeichnis für das Elsaß, aber durchaus nützlich, ist das folgende für Burgund:
Guide des fonds patrimoniaux de Bourgogne / Association Régionale de Coopération des BibliothŠques et Centres de Documentation de Bourgogne. - Dijon, 1993. - 185 S. ; 21 cm. - ISBN 2-9505126-1-5 : FF 100.00. - (ABIDOC, 41, rue Vannerie, F-2100 Dijon) [3255].
Verzeichnet sind 130 Institutionen mit Altbeständen - ganz überwiegend Bibliotheken, aber auch Archive und Museen - im Ortsalphabet mit 1. Adreßangaben, Öffnungszeiten und Benutzungshinweisen; 2. Abriß der Geschichte der Bibliothek und 3. der Sammlungen; 4. personenbezogene Sammelschwerpunkte; 5. tabellarische Übersicht über die Zusammensetzung des Bestandes nach Schriftengattungen, Fächern und Jahrhunderten, z.T. auch über die regionalen Sammlungen; 6. sonstige bemerkenswerte Sammlungen (die BibliothŠque Municipale in Nevers z.B. nennt einen Fonds Fran‡ois Mitterrand mit 17.000 Bänden); 7. Veröffentlichungen über die Bibliothek und ihre Sammlungen; 8. ungedruckte Bestandsverzeichnisse. - Register (u.a.) 1. der Bibliotheken innerhalb der vier Departements der Region Burgund; 2. der benannten Sammlungen und der Schenker; 3. der sonstigen Personen. (zurück)

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