Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 4
[ Bestand in K10plus ]

Reclams Lexikon des deutschen Films


95-4-607
Reclams Lexikon des deutschen Films / hrsg. von Thomas Kramer. - Stuttgart : Reclam, 1995. - 476 S. : Ill. ; 22 cm. - ISBN 3-15-010410-6 : DM 49.80
[2700]

Wieder lexikalisch angelegt ist die Sammlung von über 600 Filmkritiken, die im Filmteil von Reclams Lexikon des deutschen Films vorgestellt werden. Die Auswahl ist hier internationaler und berücksichtigt alle deutschsprachigen Produktionen und internationale Coproduktionen mit deutscher bzw. deutschsprachiger Beteiligung. Die relativ umfangreiche Auswahl berücksichtigt erfreulicherweise auch viele Filme, die nicht unbedingt in den engeren Kreis der bekannten deutschen Filme gehören. Der Blick von "außen" (die Autoren leben in Bristol, Zürich, Wien, Berlin und wieder Wien) und die - nicht nur photographische - Fundierung durch das Filmdokumentationszentrum Wien befähigen offenbar zu einem unkonventionelleren Blick auf das Material: Ausgewählt wurden Filme, "die für das Filmschaffen ihrer Zeit in einer besonderen Weise charakteristisch sind - oder auf prägnante Weise von der Norm abweichen" (Einleitung, S. 14), Epochen und Länder wurden in etwa entsprechend den mengenmäßigen Anteilen berücksichtigt. Dokumentarfilme und Fernsehfilme sind nicht enthalten, resp. TV-Produktionen nur, wenn sie im Kino gezeigt wurden. Die Filmeintragungen umfassen jeweils etwa eine Spalte im zweispaltigen Satz und geben relativ detailliert den Inhalt eines Films wieder, sie schließen immer mit einer kurzen, zwei Sätze umfassenden formalen und historischen Kritik. Die Artikel sind durch Kürzel den 5 Autoren zugeordnet und wirken sehr aufeinander abgestimmt, eine Übersicht der Besprechungen je Autor fehlt. Die filmographischen Angaben sind leider wieder unzureichend knapp (keine Produktionsfirmen, keine Filmlängen, lediglich Produktionsland und Jahr sind angegeben, die Rollen der angegebenen Schauspieler werden in den Filmbesprechungen zugetragen). Aufgelockert wird der Band durch Schwarz-weiß-Photos, die - begrüßenswert - unbekanntere Motive bevorzugen.

Der filmlexikalische Teil wird ergänzt durch ein Lexikon der Regisseure, das auf die entsprechenden Artikel des inzwischen vergriffenenen Reclams deutsches Filmlexikon[1] zurückgreift, unter ihnen auswählt, sie neu bearbeitet (i.d.R. kürzt) und um einige Neueintragungen erweitert. Die 74 biographischen Artikel berücksichtigen auch die Lebensabschnitte im nicht-deutschen Ausland und nennen alle Filme, an denen die Regisseure beteiligt waren. Leider ist die Auswahl bei weitem nicht vollständig, so fehlen wichtige Regisseure wie Herbert Achternbusch, Axel von Ambesser, Josef von Baky, Slatan Dudow, Peter Fleischmann, Hans W. Geissendörfer, Kurt Gerron, Werner Jacobs, Mihaly Kertesz, Klaus Lemke, Joe May, Rosa von Praunheim, Rudolf Thome, Billie Wilder oder Christian Ziewer. Diese - unvollständige und mit Absicht - sehr inhomogene Fehl-Liste ist bis auf eine Ausnahme der Vorlage Reclams deutsches Filmlexikon entnommen und wäre vor allem noch um Dokumentarfilmer und Fernsehregisseure,[2] die nur in zweiter Linie für Kinofilme gearbeitet haben, zu ergänzen. Da die Auswahl nicht weiter begründet wird, müssen wir annehmen, daß die Biographien entweder als Unterscheidungsmerkmal gegenüber den anderen neuen Filmlexika hinzugefügt wurden oder aber, daß aus Platzgründen nicht mehr Biographien aufgenommen werden durften. Beide Begründungen sprechen gegen den biographischen Teil des Lexikons in seiner jetzigen Form. Da hilft es auch nicht, daß die dort erwähnten Filme und Regisseure mit in das Register aufgenommen wurden: sie können nicht als repräsentative biographische Information für die dort registrierten fast 400 Namen gelten.

Man wünschte sich eine Neuausgabe von Reclams deutsches Filmlexikon, denn es ist kaum vorstellbar, daß der Markt für biographische Nachschlagewerke zum deutschsprachigen Film völlig vom CineGraph[3] abgedeckt wird, das für biographische Informationen über Filmschauspieler und Regisseure zwar unübertroffen und unersetzlich ist, aber von seiner Preisklasse und seinem Umfang her nur für wenige Filmliebhaber - hoffentlich aber für alle Bibliotheken - erschwinglich ist.


[1]
Reclams deutsches Filmlexikon : Filmkünstler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz / von Herbert Holba, Günter Knorr und Peter Spiegel. - Stuttgart : Reclam, 1984. 461 S. [0023]. - Vgl. ABUN in ZfBB 31 (1984),6, S. 512 - 514. (zurück)
[2]
Vgl. hierzu: TV-Filmlexikon : Regisseure, Autoren, Dramaturgen 1952 - 1992 / Egon Netenjakob. - Orig.-Ausg. - Frankfurt am Main : Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1994. - 518 S. - ([Fischer-Taschenbuch] ; 11947). - ISBN 3-596-11947-2 : DM 29.90. - Vgl. IFB 94-3/4-504. (zurück)
[3]
CineGraph : Lexikon zum deutschsprachigen Film / hrsg. von Hans-Michael Bock. - München : Edition Text + Kritik. - 22 cm. - Losebl.- Ausg. [0017]. - Lfg. 1 (1984) - . - ISBN 3-88377-479-0 : DM 320.00 (einschl. Lfg. 24 in 5 Ordnern). - Zuletzt Lfg. 25 vom 15.4.1995 : DM 60.00. - Vgl. ABUN in ZfBB 31 (1984),6, S. 512 - 514. (zurück)

Zurück an den Bildanfang