Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 4
[ Bestand in K10plus ]
[ Bestand in K10plus ]

The Oxford companion to English literature


95-4-582
The Oxford companion to English literature / ed. by Margaret Drabble. - 5. ed., rev. - Oxford [u.a.] : Oxford University Press, 1995. - VII, 1171 S. ; 24 cm. - ISBN 0-19-866221-1 : œ 25.00
[2984]
95-4-583
The Cambridge guide to literature in English / Ian Ousby. Foreword by Doris Lessing. - [Rev. ed.]. - Cambridge : Cambridge University Press, 1993. - 1054 S. : Ill. ; 26 cm. - ISBN 0-521-44086-6 : œ 24.95
[3070]

Da der einbändige, von Paul Harvey begründete und 1932 erstmals erschienene Oxford companion zur englischen Literatur seit Jahren in den Bibliotheken eingeführt ist, und umfangreiche Besprechungen der früheren Auflagen[1] vorliegen, genügt es, die wichtigsten Veränderungen sowie die heutige Bedeutung dieses Nachschlagewerkes kurz zu skizzieren.

Die neue Ausgabe stellt eine Überarbeitung der 5. Aufl. von 1985 dar. Nachdem diese bereits eine deutliche Verbesserung, insbesondere in der Aktualisierung der Einträge zu allen Gebieten der alt- und mittelenglischen Literatur brachte, ist die jetzige revidierte und erweiterte Neuauflage vornehmlich bei den englischen Autoren des 20. Jahrhunderts nochmals massiv überarbeitet und in anderen wesentlichen Bereichen berichtigt und modernisiert worden.[2] Viele wertvolle Elemente älterer Auflagen, so die Breite der Darstellung in der englischen Geistes- und Kulturgeschichte, sind jedoch ebenso erhalten geblieben[3] wie die Einbeziehung der Weltliteratur, sowohl in ihren Stoffen als auch in ihren Autoren, sei es auf dem Wege der Rezeption oder Übersetzung, und ferner die großzügige Berücksichtigung der europäischen Kultur- , Kunst-, Literatur- , Musik- und Theatergeschichte mitsamt ihren Bezügen zur britischen Literatur. Der andere große Bereich der Änderungen betrifft die Anhänge, mit folgenden neuen Tabellen und Verzeichnissen: Chronology (55 S.), Poets Laureate, Nobel Prize For Literature, Pulitzer Prize For Fiction, Booker McConnell Prize For Fiction und Library Association Carnegie Medallists.

Das typographisch ansprechende Werk, zweispaltig gesetzt mit lebenden Kolumnentiteln und klarem Druckbild, enthält leider auch in der Neufassung kein Register der enthaltenen Autoren, Begriffe und Werke und verzichtet auf Illustrationen. Die Verweisungen sind, soweit man sehen kann, korrekt durchgeführt, sachliche Fehler und Druckfehler[4] kaum vorhanden. Trotz der beeindruckenden Breite und Tiefe des Lexikons, die von keinem vergleichbaren Werk erreicht wird, ist der Anspruch des Klappentextes als "the most complete reference guide to English literary culture currently available" bei weitem nicht erfüllt. Geblieben sind nämlich alle alten Schwächen dieses liebenswerten Lexikons: Sie liegen in der Knappheit vieler Werkeinträge, die oft über eine Inhaltsangabe nicht hinausgehen, und in der seit Harveys Zeiten traditionellen Scheu vor der Aufnahme moderner Kritiker sowie moderner literaturtheoretischer und literaturkritischer Termini.[5] Auch hat sich an der unbefriedigenden und inkonsequenten Verzeichnung der Sekundärliteratur wenig geändert, ein Mangel der bereits bei früheren Auflagen immer wieder moniert worden war. Sekundärliteratur ist zwar jetzt gegenüber der Auflage von 1985 in größerer Anzahl zitiert, beschränkt sich aber weiterhin bei der Mehrzahl der Einträge auf eine Biographie oder eine Briefausgabe. Bei einigen wenigen Namen sind hingegen mehrere, in der Regel monographische Werke zitiert, so daß kein durchgehendes Auswahlprinzip erkennbar ist. Auch die Neuauflage enthält sachfremde Artikel[6] und Ballast. Andererseits fehlen trotz der Neuaufnahme vieler wichtiger moderner Autoren, wie Peter Ackroyd (1949 - ), James Kelman (1946 - ) oder Craig Anthony Raine (1944 - ), immer noch unverzichtbare Einträge zu Autoren, Gattungen und Werken im Kernbereich der modernen englischen und anglophonen Literatur. Obwohl die Defizite der Auflage von 1985 zum Teil behoben wurden - dort waren Autoren jenseits des Geburtsjahrs 1939 praktisch ausgeschlossen - , und 59 Autoren der Literatur des 20. Jahrhunderts neu aufgenommen wurden, fallen Lücken, vornehmlich beim britischen Gegenwartsdrama und der irischen Literatur auf: So fehlen beispielsweise beim Drama Howard Barker (1946 - ), Howard Brenton (1942 - ), Brian Friel (1929 - ), Trevor Griffiths (1935 - ) und James Saunders (1925 - ) sowie in der Lyrik Eavan Boland (1944 - ), John Hewitt (1907 - 1987), Michael Longley (1933 - ) und Tom Paulin (1949 - ). Es überrascht ferner, daß angesichts der breiten Berücksichtigung von Autoren anderer Sprachkreise, die oft ohne engen Bezug zur englischen Literatur sind, aus dem Bereich der anglophonen Literaturen außerhalb Großbritanniens auch die wichtigeren Autoren nicht hinreichend berücksichtigt werden. So fehlen etwa aus Kanada Frederick Philip Grove (1879 - 1948) und Robert Paul Kroetsch (1927 - ), Aus Indien sind weder Kamala Das (1934 - ) noch Nissim Ezekiel (1924 - ) aufgenommen. Im Falle Australiens und Neuseelands erscheint die Auswahl, die zwar Peter Porter (1929 - ) und Les Murray (1938 - ) einschließt, aber Frank Moorhouse (1938 - ) und Keri Hulme (1947 - ) außer acht läßt, zumindest einseitig. Auch die Lücken in der amerikanischen Literatur, deren major figures laut Vorwort einbezogen werden, sind erstaunlich, da so wichtige Namen wie John Ashberry (1927 - ), Charles W. Chesnutt (1858 - 1932), Langston Hughes (1902 - 1967), Ishmael Reed (1938 - ), Alice Walker (1944 - ), Eudora Welty (1909 - ) oder Louis Zukofsky (1904 - 1978) fehlen. Bei den Werkeinträgen vermißt man beispielsweise John Stuart Mills Subjection of women und die mittelenglische Fabel The Fox and the wolf. Im Gegensatz zu vergleichbaren Lexika fehlt bei den Gattungen ein Eintrag zum debate poem. Obwohl diese Anmerkungen natürlich den Wert vieler inhaltlich und stilistisch hervorragend gestalteter Artikel zu Autoren, Sachbegriffen und Werken kaum mindern, schränken die angeführten Defizite doch das Informationsangebot des bewährten Begleiters zur englischen Literatur ein. Bei kommenden Neuauflagen müßte die Konzeption des Werkes überdacht, und der Nachschlagewert des Bandes erhöht werden, damit der Titel, der eine wahre Fundgrube des Wissens darstellt, der die Primärliteratur vorzüglich verzeichnet und auch bei so komplexen Gebieten wie den Metaphysical poets den Forschungsstand wiedergibt, in der anglistischen Fachlexikographie seinen früheren Rang wieder einnehmen kann.

Das erstmals 1983[7] erschienene einbändige Lexikon der gesamten anglophonen Literatur liegt als Cambridge guide to literature in English jetzt in einer zum zweiten Mal revidierten Auflage vor. Im Adressatenkreis - nichtspezialisierte Leser -, dem Mitarbeiterstab, der Struktur der Artikel und dem Informationsangebot mit dem Oxford companion vergleichbar, enthält es über 4000 alphabetisch geordnete, ungezeichnete Artikel zu Autoren, Gattungen, literarischen Bewegungen, literaturkritischen Termini und Werken aus dem Gesamtbereich der englischsprachigen Literaturen Afrikas, Asiens, Kanadas, der Karibik, Australiens, Neuseelands sowie Indiens und Pakistans ohne die Autoren, Gebiete und Themen der traditionellen Anglistik und Amerikanistik zu vernachlässigen.

Im Unterschied zum Oxford companion sind die Einträge generell jedoch auf die Literatur im engeren Sinne des Wortes ausgerichtet, so daß Schriftsteller und Stichwörter am Rande der Geistes-, Kultur- und Literaturgeschichte kaum aufgenommen werden.[8] Der gesamte Bereich der englischsprachigen Literatur wird trotzdem gut erfaßt, insbesondere ist auch die britische Literatur hervorragend berücksichtigt.[9] Hin und wieder vermißt man jedoch Wichtiges, so etwa bei den literarischen Charakteren Sir John Falstaff, bei den Werktiteln John Drydens Fables, Ancient and Modern, Edmund Burkes Sublime and Beautiful und das mittelenglische Drama Mary Magdalene, bei den Stil- und Epochenbegriffen Baroque oder Edwardian, bei den Gattungsbegriffen Jazz poetry oder Campus novel, bei den Verlagen den Namen Chapman and Hall und bei den literarischen Zeitschriften den Titel Stand. Auch Einträge zum Chartist movement oder zum Irish revival erscheinen unverzichtbar. Natürlich gibt es wie bei jedem einbändigen Lexikon, zumal von solcher Spannweite, auch Desiderata bei Autoren: genannt seien nur Anthony Hecht (1923 - ), Edna Ferber (1887 - 1968) und Thomas Merton (1915 - 1969) aus der amerikanischen Literatur, sowie neben einigen anderen beispielsweise Amitav Ghosh (1956 - ) aus der indischen Literatur. Die Einträge sind in der Regel auf dem neuesten Stand, bringen aber keinerlei Sekundärliteratur. Der Nachschlagewert des Lexikons ist bei der Primärliteratur, abgesehen von einigen Versehen, Lücken und fehlenden Aktualisierungen[10] recht gut, allerdings vermißt man die beim Oxforder Pendant in den Einträgen zu alt- und mittelenglischen Werken genannten Standardausgaben. Wie beim Oxford companion fehlt immer noch ein Register der enthaltenen Autoren und Begriffe. Im Unterschied zu diesem ist der Cambridge guide illustriert. Beide Lexika überschneiden sich zum Teil inhaltlich, ergänzen sich aber in ihren Stärken und Schwächen wechselseitig und bieten kostengünstig eine Fülle fast immer verläßlicher Erstinformation: sie gehören zusammen mit der New Cambridge bibliography of English literature[11] und der New Princeton encyclopedia of poetry and poetics zum elementaren Kern der anglistischen literaturwissenschaftlichen Nachschlagewerke in den Lesesälen der Zentralwie der Fachbibliotheken. Aufgrund ihrer spezifischen Fokussierung sind beide Werke jedoch in ihrem Nachschlagewert gemindert, zumal sie auch wenig Sekundärliteratur[12] bringen bzw. im Falle des Cambridge guide völlig darauf verzichten. Der Oxford companion ist viel umfassender als es sein Titel vermuten läßt und in mancher Hinsicht eher ein Begleiter zur Weltliteratur. Er deckt wie kaum ein anderes Werk auch die Ränder der englischen Geistes- und Literaturgeschichte ab und ist trotz seiner schon erwähnten Schwächen das beste einbändige Lexikon zur britischen Literatur geblieben. Als sein direkter, unterschätzter Konkurrent liegt inzwischen der Bloomsbury guide to English literature[13] vor, der aus längeren Aufsätzen zur Gattungs- und Literaturgeschichte und aus einer Reference section mit Einträgen zu Autoren, Begriffen und Werken besteht, die vom Altenglischen bis zur Moderne reichen und in Einzelfällen mehr Informationen und Sekundärliteratur bieten als der Oxford companion.

Der Cambridge guide von 1993 stellt in vieler Hinsicht das aktuellere und modernere Lexikon dar. Zwar kann es in der britischen Kultur- und Literaturgeschichte nicht so tief gehen wie der Oxford companion, bringt aber in einem einzigen Band zugleich alle wesentlichen, in Europa rezipierten Schriftsteller der anglophonen Literatur, wird dabei aber auch der modernen britischen und amerikanischen[14] Literatur gerecht.

Sebastian Köppl


[1]
Review of English studies. - 37 (1986), S. 620 -623 (B. Cottle); Times literary supplement. - 1985-04-26, S. 455 - 456 (I. McGilchrist); ABUN in ZfBB 33 (1986),1, S. 30 - 31. (zurück)
[2]
Vgl. Preface und Note to revised edition. So sind jetzt etwa auch Autoren aus dem Bereich der Science-fiction und der Kriminalliteratur aufgenommen. (zurück)
[3]
So werden etwa Stoffe und Motive des Klassischen Altertums sowie ihre weltliterarische Ausformung knapp und präzis dargeboten, und Autoren wie Catull, Lukrez, Ovid und Seneca detailliert in ihrer englischen Rezeption mitsamt der Angabe der wichtigen Übersetzungen mustergültig erläutert. (zurück)
[4]
Beim Stichwort Francis Quarles ist wohl der Herausgeber John Horden gemeint (S. 812). (zurück)
[5]
Begriffe wie Chicago School, Deconstruction oder New Historicism fehlen. Da Terry Eagleton, William Empson und Frank Raymond Leavis neben anderen enthalten sind, wären auch Einträge zu Kenneth Burke oder Frank Kermode zu erwarten gewesen. (zurück)
[6]
Beispiele sind Artikel für Benito Mussolini, Jules Michelet oder Parnassians. (zurück)
[7]
The Cambridge guide to English literature / by Michael Stapleton. - Cambridge University Press, 1983. - XI, 992 S. : Ill. Die Besprechung vom Claude Rawson im Times literary supplement. - 1983-05-20, S. 508 ist trotz aller berechtigter Kritik in Einzelpunkten dem Werk nicht gerecht geworden, hat jedoch die traditionelle Fehleinschätzung des Bandes begründet. Zur Auflage von 1988 vgl. die Kurzbewertung in James L. Harners Literary research guide, 1993, S. 15, Nr. 125. (zurück)
[8]
So fehlen, etwa aus dem Bereich des Buchstabens B, im Unterschied zum Oxford companion, Einträge zu Daines Barrington (1727 - 1800) oder zu Sir Arnold Bax (1883 - 1959), während der Oxford companion auf den Dramatiker John Baldwin Buckstone (1802 - 1879) verzichtet. (zurück)
[9]
Im Gegensatz zum Oxford companion sind im Cambridge guide auch - dies sind Beispiele aus dem 20. Jahrhundert - Idris Davies (1905 - 1953), E. J. Scovell (1907 - ) und Graham Swift (1949 - ) berücksichtigt. (zurück)
[10]
Auf geringe Fehler verweist S. Monods Besprechung in Etudes anglaises. - 48 (1994), S. 62 - 63. (zurück)
[11]
Vgl. ABUN in ZfBB 24 (1977), S. 377. (zurück)
[12]
Dieses Defizit eignet leider auch dem Oxford companion zur amerikanischen Literatur, so daß für die Ermittlung der Sekundärliteratur beispielsweise das Dictionary of literary biography mitsamt seinen Unterreihen, die Bibliographie in Contemporary authors (IFB 95-3-399) oder die deutschsprachigen Lexika, wie Lexikon amerikanische Literatur / von Alfred Hornung. - 1992 (IFB 93-1/2-061) oder Lexikon der englischen Literatur / Horst W. Drescher. - Stuttgart : Kröner, 1979. - X, 534 S. - (Kröners Taschenausgabe ; 465) herangezogen werden müssen. (zurück)
[13]
Bloomsbury guide to English literature : the new authority on English literature / ed. by Marion Wynne-Davies. - 1. publ. - London : Bloomsbury, 1989. - X, 1066 S. : Ill. ; 24 cm. - Lieferbar ist derzeit die 2., repr. ed. - 1995. - ISBN 0-7475-1738-X : œ 20.00. Das Werk wird in den USA als Prentice-Hall guide to English literature. - New York : Prentice Hall, 1992. - ISBN 0-13-689662-6 (pb) : $ 20.00 vertrieben. (zurück)
[14]
Unerläßlich bleibt hier natürlich der gerade in überarbeiteter Auflage erschienene Oxford companion to American literature / James D. Hart. - 6. ed. / with revisions and additions by Phillip W. Leininger. - New York ; Oxford : Oxford University Press, 1995. - IX, 779 S. ; 24 cm. - ISBN 0-19-506548-4 : œ 35.00. - Er ist gemeinsam mit dem folgenden Werk zu benutzen: Benét's reader's encyclopedia of American literature / ed. by George Perkins ... - 1. ed. - New York : Harper Collins, 1991. - VIII, 1176 S. - ISBN 0-00-270027-8 : $ 45.00. - Für die Frauenliteratur kann jetzt auf den Oxford companion to women's writing in the United States / ed.: Cathy N. Davidson ; Linda Wagner-Martin. - 1995, verwiesen werden; eine Rezension in IFB ist vorgesehen. (zurück)

Zurück an den Bildanfang