Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 4
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Der deutsche Heftroman


95-4-578
Der deutsche Heftroman : ein Handbuch der zwischen 1900 und 1945 im Deutschen Reich erschienenen Romanhefte / Peter Wanjek. - Wilfersdorf (Österreich) : Hobby-Nostalgie-Druck K. Ganzbiller, [1994]. - 517 S. ; 21 cm. - öS 385.00, DM 55.00. - (Frieder Maier, Kirchheimer Str. 4, 72622 Nürtingen)
[3023]
Bibliographien und Preisverzeichnisse : 1945 -
95-4-579
Allgemeiner deutscher Roman-Preiskatalog / Matthias Schalow. - Berlin : Krägermann & Poschmann. - 22 cm. - Bis 4 (1992) im Hethke-Verlag, Schönau
[3029]
5. 1994/95 (1993). - 369 S. - DM 39.80
Bibliographien und Preisverzeichnisse : Österreich
95-4-580
Katalog der österreichischen Romanhefte : von 1906 - heute / Manfred Pilz. - Wien : Pollischansky. - 21 cm. - Ausg. [1]. 1985 u.d.T. Österreichischer Romanhefte-Katalog. - (Verlag Heinz Pollischansky, Dreyhausenstr. 20, A-1140 Wien)
[3030]
1995/96. - VI, 163 S. - ISBN 3-85407-044-6 : öS-Preis nicht mitgeteilt

Von wissenschaftlichen Bibliotheken eo ipso, von öffentlichen Bibliotheken aus volkserzieherischen Gründen nicht gesammelt,[1] ist die Heftchenliteratur allenfalls in den Pflichtexemplarbibliotheken überliefert, d.h. selten und somit ein besonderes Objekt von Sammlern.[2] Zu diesen gehört offensichtlich der Verfasser der vorliegenden Bibliographie, der als seine Quellen Bibliotheken, Kataloge, Verzeichnisse und eben Sammler angibt (Einführung) und Wert auf die Feststellung legt, daß diese Bibliographie "weder eine absolute Gültigkeit (hat) noch ... als komplett anzusehen (ist)". Der Rezensent vermutet auf Grund der weiter unten aufgeführten, von ihm am Original überprüften Fälle, daß die auf den Heftumschlägen abgedruckten Übersichten über die erschienenen oder in Vorbereitung befindlichen Titel die Hauptquelle darstellen.[3] Verzeichnet sind ca. 420 Serien mit Titel, Untertitel, Verlag, Verlagsort, Erscheinungszeitraum, Autor (oder "verschiedene", wenn die Hefte von unterschiedlichen Autoren stammen), Format (pauschalisiert als Groß-, Mittel- oder Kleinformat) und durchschnittliche Seitenzahl; dazu tritt die Abbildung eines typischen Umschlags oder zweier, ausnahmsweise mehrerer Umschläge. Darauf folgt die Bandaufführung in numerischer Folge mit Angabe der Autoren, wenn es sich um verschiedene handelt. Unregelmäßigkeiten in der Zählung bzw. Belegung derselben Nummer mit verschiedenen Titeln sind angegeben; ist der Bandtitel (bisher) nicht bekannt, wird die Nummer ohne Inhalt abgedruckt.

Die Masse der einschlägigen Verlage war im östlichen Teil des Deutschen Reiches ansässig; es führt Berlin vor Leipzig und Dresden. Für den württembergischen Pflichtexemplarbereich konnten gerade vier Serien ermittelt werden; die Angaben im Katalog der Württ. Landesbibliothek und in der Bibliographie ergänzen sich zum Teil:

Bunte Sammlung interessanter Erzählungen. - Heilbronn : Otto Weber. - 1 [1907] - 120 [1926]. - Signatur: d.D. oct. K. 2504. - Bd. 1 des Exemplars der WLB trägt den Titel Eine gefährliche Liebschaft / J. Glaesser (32 S. ; 24 cm), während der Titel in der Bibliographie mit Am Tage der Vergeltung / Theo v. Blankensee [18 cm] angegeben ist. Diese Differenz rührt evtl. daher, daß es (wie in der Bibliographie vermerkt) "von einigen der ersten Hefte ... auch eine Ausgabe im Großformat (gibt)", und offensichtlich Bd. 1 mit zwei verschiedenen Titeln belegt worden war. Folgende Bd. liegen in der WLB im Großformat (24 cm) vor: 1 - 3, 5 - 12. - Die Titelaufnahme für die Serie im Katalog der WLB hat die Fußnote: "Von den Verfassern der einzelnen Bände dieser nur Unterhaltungszwecken dienenden Sammlung sind keine Verweisungen gemacht".

Carmen-Bücher. - Stuttgart : Zimmer. - 15 cm. - 1 [1919]; 2 [1921]; 6 [1921]. - Verschiedene Signaturen. - Während es sich bei den angegebenen Jahren offensichtlich um das Jahr der Pflichtablieferung handelt, datiert die Bibliographie alle Bände mit 1919 und nennt zusätzlich noch Titel zu den Bd. 3, 4 und 7. - Der Verlag bot seine Reihe mit folgender Werbung an: "Wenn Sie ein Freund gediegener Unterhaltungslektüre sind, dann lesen Sie bitte die Carmen-Bücher: sie bringen vom Guten immer das Beste", was man leicht nachvollziehen kann bei Titeln wie Die Mädchenhändler von Batavia.

Feinde ringsum! : Erzählungen aus dem großen Krieg 1914/15 [bzw. /16 und /17] für jung und alt. - Reutlingen : Enßlin & Laiblin. - 22,5 cm. - 1 [1915] - 100 [1917]. - Signatur: Paed.J. oct. K. 254. - Die in der Bibliographie nicht mit Titeln belegten Nr. 79 - 99 fehlen auch in der WLB, so daß man wohl annehmen kann, daß sie nicht erschienen sind und daß der Verlag einen "glatten" Abschluß der Serie mit Bd. 100 fingierte.

Rolf-Serie. - Stuttgart : R. Zimmer. - 1 - 6. Copyright 1919. - Fehlt in der WLB.

Während der Beginn der Berichtszeit der vorliegenden Bibliographie beim Jahr 1900 in etwa dem Aufkommen dieses Genres entspricht, endet dieses keineswegs mit dem Jahr 1945. Die Zahl der Serien ist nach 1945 zwar vermutlich geringer, dafür dürften die größeren Serien wesentlich mehr einzelne Titel enthalten. Auch ist es um die Überlieferung der Nachkriegsreihen in den Pflichtexemplarbibliotheken offensichtlich partiell besser bestellt, was man auch daran ablesen kann, daß das GV zahlreiche einschlägige Sammlungen nachweist. Interessant ist ferner die Tatsache, daß manche Vorkriegsreihen nach dem Krieg wieder aufgelegt wurden, wobei sie inhaltlich und ideologisch der neuen Zeit angepaßt wurden; ein Beispiel dafür ist die Reihe Rolf Torring's Abenteuer, die es 1930 - 1939 lt. vorliegender Bibliographie auf 445 Nummern brachte und die in der Nachkriegszeit wiedererweckt wurde und bis 1960 in 265 Nummern erschien.[4]

Auch der Sammler von Heftromanen aus der Nachkriegszeit braucht nicht auf die Hilfe von Bibliographien zu verzichten. Die Funktion der beiden folgenden Verzeichnisse ist jedoch vor allem die von Preiskatalogen zur Orientierung der Sammler und einschlägiger Händler. So verzichtet z.B. der Allgemeine deutsche Roman-Preiskatalog in den meisten Fällen auf die Aufführung der Titel zu den Nummern, sondern gruppiert diese nach Preiskategorien. Genannt sind: Reihentitel (mit Abbildung des Umschlags), Ort und Verlag, Erscheinungszeit, Originalpreis, durchschnittliche Seitenzahl, genaue Formatangaben (auch Formatwechsel), Autoren, dazu häufig knappe Annotationen zu Inhalt, Nachdrucken (auch in anderen Reihen), Unregelmäßigkeiten in Zählung etc. Seit der vorliegenden Ausgabe, die in einem neuen Verlag erscheint, folgen auf den Hauptteil 1. Romanhefte nach 1945 noch 4 weitere, wesentlich kürzere Teile: 2. Romanhefte der ehem. DDR (S. 185 - 196), 3. Romanhefte vor 1945 (S. 199 - 240) mit einem Anhang Titelbilder (S. 245 - 257), 3. Leihbücher nach 1945 (S. 259 - 349), 5. Bücher vor 1945 (S. 351 - 357); die beiden letzten Teile betreffen in der Regel ungezählte Reihen gleichförmig aufgemachter, voluminöser (da auf dickem Papier gedruckter) Romane, die nicht im allgemeinen Handel erhältlich waren, sondern speziell für kommerzielle Leihbüchereien hergestellt wurden. Dazu folgende Anhänge: A. Magazine, Jugendzeitschriften, B. Fan-Publikationen, C. Anstecknadeln, D. Autorenpseudonyme.

Der Katalog der österreichischen Romanhefte entspricht seinem deutschen Gegenstück, führt aber zu jeder Reihe auch die Titel der Nummern auf. Die Annotationen sind eher noch ausführlicher, so etwa die zur österreichischen Lizenzausgabe von Rolf Torring's Abenteuer sowie zu einem kurzlebigen Konkurrenzunternehmen mit dem Titel Rolf Torring. Während in den ersten drei Auflagen 1985[5], 1987/88 und 1990/91 nur Vorkriegshefte verzeichnet waren, hat die neueste, 4. Aufl., drei Teile: 1. vor 1945, 2. nach 1945 und 3. Neu- und Nachdrucke.

Daß sich der Rezensent viel ausführlicher als ursprünglich beabsichtigt mit dem Komplex der Heftromane beschäftigt hat, liegt nicht etwa an einem Anfall von Nostalgie, sondern daran, daß damit zu rechnen ist, daß sich die Germanisten auf der Suche nach immer neuen, immer abgelegeneren und damit wenig oder gar nicht bearbeiteten Gebieten, verstärkt auch dieser "Textsorte" zuwenden. Die Pflichtexemplarbibliotheken sollten also rechtzeitig Vorsorge treffen, d.h. konservatorische Maßnahmen an diesem auf schlechtem Papier gedruckten, fragilen Material in Angriff nehmen und andererseits versuchen, Lücken in der damaligen Pflichtablieferung nachträglich zu schließen; da die Preise für alte Romanhefte z.T. schwindelerregend sind, werden Bibliotheken hierbei freilich zuweilen an Grenzen des Zumutbaren stoßen. Hinweise geben die hier vorgestellten Bibliographien, insbesondere auch die in den beiden letzteren zahlreich enthaltenen Annoncen einschlägiger Händler, die ihrerseits z.T. umfangreiche Angebotskataloge bereithalten.[6] Noch sinnvoller wäre es allerdings, wenn Bibliotheken und Sammler zum gegenseitigen Nutzen aufeinander zugingen: erstere sollten ihre Bestände zum Zwecke einer verbesserten bibliographischen Kontrolle, die nur mit Hilfe der Spezialisten zu erreichen ist, zur Verfügung stellen, zumal nicht anzunehmen ist, daß dieses Material bei der retrospektiven Katalogkonversion voransteht, geschweige denn besser erschlossen werden wird, als in den jetzingen Zettelkatalogen; die Sammler sollten eine auf Dauer sichere Archivierung ihrer Sammlungen nicht aus dem Auge verlieren, die nur in öffentlichen Einrichtungen gewährleistet ist. Diese müßten sich allerdings bewußt werden, welche "Schätze" sie schon jetzt hüten.

sh


[1]
Ein fernes Echo davon findet sich noch in der Rezension von Ingo Tornow in Buch und Bibliothek. - 47 (1995),2, S. 200 - 201, der meint, im Namen Walter Hofmanns gegen den (utopischen) Wunsch des Autors angehen zu müssen, daß es gelingen möge, "Begeisterung für den Vorkriegsheftroman unter jüngeren Leuten zu wecken" (Einführung): ein Blick auf das Impressum der Bibliographie hätte ihn von der Ungefährlichkeit überzeugen können. (zurück)
[2]
Beides trifft auch auf den Kolportage- bzw. Lieferungsroman zu, obwohl sich dieser eindeutig von den Romanheftserien abgrenzen läßt:
Der Kolportageroman : Bibliographie 1850 bis 1960 / Günter Kosch ; Manfred Nagl. Mit einer Beil.: Der Kolportagehandel : praktische Winke / von Friedrich Streissler, (1887). - Stuttgart [u.a.] : Metzler, 1993. - X, 333, [54 S.], 71 S. : Ill. ; 25 cm. - (Repertorien zur deutschen Literaturgeschichte ; 17). - ISBN 3-476-00940-8 : DM 298.00 [2221]. - Vgl. IFB 94-3/4-443. "In der fiktiven Literatur bestand die Hauptkonkurrenz des Lieferungsromans und der Kolportage generell in den modernen, nach der Jahrhundertwende aus den USA eingeführten Romanheftserien. Zu diesen genrespezifischen Serien, mit abgeschlossenen Episoden pro Heft, bunten und jeweils wechselnden Umschlagsillustrationen, verhielt sich der Lieferungsroman wie das Produkt einer Manufaktur zu einem modernen Industrieprodukt" (S. 46). (zurück)
[3]
Auf den Heftumschlägen warben die Verlage nicht nur für weitere Bände derselben Reihe, sondern auch für andere Reihen, und es ist daher verwunderlich, daß der Bibliograph diesen Hinweisen anscheinend nicht konsequent nachgegangen ist. So fehlt z.B. die in der weiter unten genannten Bunten Sammlung interessanter Erzählungen annoncierte, im selben Verlag, nämlich Otto Weber in Heilbronn, erschienene Reihe Weber's moderne Bibliothek, von der die Württ. Landesbibliothek die Bd. 1 [1900] - 296 [1927] sowie 308 [ca. 1930] besitzt. (zurück)
[4]
Das GV verzeichnet allerdings auf Grund der Deutschen Bibliographie lediglich die Bd. 141 (1956) - 265 (1960). Es steht zu vermuten, daß die Deutsche Bibliothek entweder die Bd. 1 - 140 als minderwichtig nicht eingefordert hatte, oder, was wahrscheinlicher ist, daß sie erst mit Bd. 141 auf die Reihe aufmerksam geworden ist. - Die Vorkriegsreihe fehlt allerdings im GV völlig. Es wäre interessant, zu erfahren, ob die damals zuständige Deutsche Bücherei auf diese Reihe verzichtet hatte, oder ob sie diese nur nicht in der gedruckten Bibliographie angezeigt hat. (zurück)
[5]
1985 u.d.T.: Österreichischer Romanhefte-Katalog. (zurück)
[6]
Comics und Romane, der laufend erscheinende Vrkaufskatalog von Frieder Maier, Kirchheimer Str. 4, 72622 Nürtingen oder: Trivial-Kurier, der gleichfalls laufend erscheinende Verkaufskatalog des Trivial Book Shop Kurt Werth, Marienstr. 3, 30171 Hannover. Beide enthalten neben Comics, auf die die Masse des Angebots entfällt, auch Romanheftserien. Bei den Comics steht es um die Bibliotheksbestände und deren Vollständigkeit auch nicht besser als bei den Romanheften. (zurück)

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