Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 4
[ Bestand in K10plus ]

Die italienische Literatur im deutschen Sprachraum


95-4-518
Die italienische Literatur im deutschen Sprachraum : Ergänzungen und Berichtigungen zu Frank-Rutger Hausmanns Bibliographie / Alberto Martino. - Amsterdam [u.a.] : Rodopi, 1994. - 525 S. ; 24 cm. - (Chloe ; 17). - ISBN 90-5183-644-9 : Hfl. 200.00
[2557]

Daß eine "Rezension" in Form einer dickleibigen Monographie erscheint, ist so ungewöhnlich, daß sich die "Redaktion für das Rezensionswesen der Zeitschrift Daphnis" (in deren Beiheftreihe Chloe der vorliegende Band erscheint), zu einer "redaktionellen Vorbemerkung" (S. [VII]) veranlaßt sah. Wenn es dort heißt, daß sich die geplante Rezension von Bd. 1 der Bibliographie der deutschen Übersetzungen aus dem Italienischen von den Anfängen bis zur Gegenwart[1] "in monatelanger Recherchearbeit, wie sie ein engagierter Forscher und Hochschullehrer neben seinen vielfältigen Verpflichtungen eben zu leisten imstande ist" zu einem 'gewichtigen Beitrag' ausgewachsen hat, der wegen der "Masse der Ergänzungen und Berichtigungen ... die Form einer selbständigen Publikation" nahelegte, so wird man das doch wohl nicht so ganz wörtlich nehmen müssen. Vielmehr steht zu vermuten, daß Martino bereits umfangreiches Material für eine eigene Bibliographie gesammelt hatte, dieses Projekt aber durch das Erscheinen der Hausmannschen Bibliographie durchkreuzt sah. Somit sind seine Ergänzungen (S. 7 - 306) und Berichtigungen (S. 307 - 365) nicht als Rezension, sondern als Ergänzungsband zur Hausmannschen Bibliographie anzusehen. Für seine "auf das Grundsätzliche zielenden kritischen Überlegungen" (Vorbemerkung) hätte dagegen in der Tat eine Rezension in einer Zeitschrift ausgereicht, wie es Alfred Noe, Martinos Wiener Kollege, auch getan hat.[2]

Zahl und Art der Ergänzungen werden deutlich, wenn man Martinos Statistische Auswertung liest. Hausmann verzeichnete 1194 Übersetzungen, von denen Martino 1173 statistisch auswertet; er selbst bringt 619 weitere Übersetzungen bei, von denen 454 auf Drucke, 165 aber auf Handschriften entfallen. In dieser Materialbasis liegt bereits einer der wichtigsten Unterschiede zu Hausmann, der lediglich 4 Handschriften verzeichnet, also unter 1%, während die handschriftlich überlieferten Übersetzungen bei Martino 27% ausmachen (diese und die folgenden Prozentzahlen sind auf ganze Zahlen gerundet). Signifikant ist auch, daß bei Hausmann 29% der Übersetzungen auf solche von lateinischen Werken italienischer Autoren entfallen, gegenüber nur 17% bei Martino; damit wiederum hängt auch zusammen, daß die religiöse bzw. naturwissenschaftliche Literatur bei ersterem mit 31% bzw. 7%, bei letzterem dagegen nur mit 8% bzw. 2% vertreten ist, während der Anteil der schönen Literatur bei Martino mit 79% deutlich über den 29% bei Hausmann liegt. Ohne hier zu den zwangsläufig unterschiedlichen Schlußfolgerungen Stellung zu nehmen, die sich aus der unterschiedlichen Materialbasis ergeben, sei auch noch auf die von Martino in einem eigenen Abschnitt angesprochene Versteckte Literatur, d.h. Übersetzungen einzelner Werke in Anthologien und sonstigen Sammlungen hingewiesen, deren noch zu leistende konsequente Erschließung das Bild der Rezeption italienischer Literatur im weitesten Sinne erst in ihrer ganzen Breite sichtbar machen würde; dabei ist allerdings daran zu erinnern, daß auf diese Weise nur die Rezeption vermittels Übersetzungen faßbar wird, während die originalsprachliche Rezeption schwerer in Zahlen zu messen ist, da diese weitgehend auf Studien zum Bücherbesitz fußen müßte.[3] Der Rezensent würde dazu raten, jetzt nicht einen Wettlauf zur Erschließung immer neuer und immer entlegenerer Quellen für die Rezeption zu beginnen, sondern sich bis auf weiteres mit beiden sich ergänzenden Bibliographien zu begnügen. Vor weiteren bibliographischen Arbeiten sollte einerseits der Abschluß des VD16 und seines Registerteils abgewartet werden; andererseits sollte auch nicht der neue Katalog der British Library für die Drucke des deutschen 17. Jahrhunderts[4] ausgeschlachtet, sondern auf das VD17 gewartet werden. Erst nach Vorliegen dieser beiden retrospektiven Nationalbibliographien wird sich auch die Rezeptionsforschung auf eine völlig neue und solidere Grundlage stellen lassen. Bis dahin werden beide Bibliographien ihre Dienste leisten.

sh


[1]
Bibliographie der deutschen Übersetzungen aus dem Italienischen von den Anfängen bis zur Gegenwart / hrsg. von Frank-Rutger Hausmann und Volker Kapp. Unter Mitarb. von Elisabeth Arend-Schwarz ... - Tübingen : Niemeyer. - 24 cm. - ISBN 3-484-50333-5 (Gesamtwerk) [1458]. - Bd. 1. Von den Anfängen bis 1730. - 1992. - 1 - 2. - ISBN 3-484-50328-9 : DM 480.00. - Vgl. IFB 93-3/4-136. (zurück)
[2]
Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur. - 19 (1994),2, S. 237 - 245. (zurück)
[3]
Vgl. dazu: Die Präsenz der romanischen Literaturen in der 1655 nach Wien verkauften Fuggerbibliothek / Alfred Noe. - Amsterdam [u.a.] : Rodopi. - (Internationale Forschungen zur allgemeinen und vergleichenden Literaturwissenschaft ; ...). - Bd. 1. Diplomatische Ausgabe des Codex 12.579 der Österreichischen Nationalbibliothek ("Mauchter-Katalog"). - 1994. - XXVI, 650 S. - ( ... ; 5). - ISBN 90-5183-633-3 : Hfl. 280.00. (zurück)
[4]
Catalogue of books printed in the German-speaking countries and of German books printed in other countries : from 1601 to 1700 now in the British Library / [David Paisey]. - London : British Library, 1994. - Vol. 1 - 5 ; 25 cm. - ISBN 0-7123-0351-0 : œ 295.00 [2469]. - Vgl. IFB 95-2-173. (zurück)

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