Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 3
[ Bestand in K10plus ]

What's what and who's who in Europe


95-3-469
What's what and who's who in Europe / Harry Drost. - London : Cassell, 1995. - X, 646 S. ; 24 cm. - ISBN 0-304-34117-7 (hb.) : œ 40.00 - ISBN 0-304-34115-0 (pb.) : œ 16.99
[2770]

Das Nachschlagewerk informiert in alphabetisch geordneten Stichwörtern über Regionen, Institutionen, Personen und Sachbegriffe aus Gegenwart und Zeitgeschichte Europas. Neben den EU-Ländern berücksichtigt es auch die osteuropäischen Staaten mit Ausnahme Rußlands und der übrigen Mitglieder der GUS. Angelegenheiten der sogenannten big four der EU - Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Italien - werden bewußt breiter behandelt, einen zweiten Schwerpunkt bilden politische Krisenregionen wie das ehemalige Jugoslawien oder Nordirland. Thematisch steht durchweg die Politik im Zentrum des Interesses, andere Bereiche werden allenfalls unter politischem Aspekt gestreift. Die Einträge sind maximal zehn Seiten (Germany), gewöhnlich aber nur wenige Zeilen lang. Zahlreiche Verweisungen von alternativen Schreibweisen, synonymen Wendungen und Abkürzungen erleichtern den Einstieg. Das Werk besitzt keinerlei Register und keine Literaturhinweise. Ein knappes Vorwort geht auf Anlaß, Anspruch und Zielgruppe des Unternehmens ein.

Angesichts der stetig wachsenden Bedeutung supranationaler Zusammenarbeit bei weiter kursierenden myths und misunderstandings unter den europäischen Nachbarn will der Verfasser allen Interessierten aktuelles, zuverlässiges Grundlagenwissen vermitteln. "Topicality and accuracy" - so der Orginalton - "are the main considerations". Während das Streben nach Aktualität hinreichend geglückt ist (s. z.B. die Einträge zu Roman Herzog oder Manfred Wörner; Berichtsschluß ist Ende August 1994), weisen die gebotenen Informationen doch manchen Irrtum auf. So ist die Grafschaft sicher nicht mehr als zeitgenössische "German administrative division" zu definieren und kann eine Übertragung von Silesian Germans in "Silesiendeutsche" keinesfalls bestehen. Außerdem wäre z.B. zu fragen, weshalb neben dem DM als "abbreviation for Deutsche Mark" auch DEM gelten soll.

Weit schwerer als solche gelegentlichen Fehler wiegen indes die völlige Willkür bei der Stichwortauswahl sowie die teils bestürzende Banalität des Berichteten. Sie offenbaren, daß sich der Autor mit dem Plan eines umfassenden, fast ganz Europa betreffenden politischen Nachschlagewerks deutlich übernommen hat. Unter den verzeichneten Politikern befinden sich entsprechend z.B. die deutschen Politiker Brandt, Biedenkopf, Lafontaine, Rau und Teufel, nicht aber die Kollegen Schmidt, Eichel, Seite, Simonis und Schröder. Markus Wolf wurde aufgenommen, Joachim Gauck nicht, Hans Modrow erhielt wieder einen Eintrag, Egon Krenz nicht. Und wer würde wohl Radikalenerlaß, Red Army Faction, Mölln and Solingen cases, Priebke affair und ähnliche Stichwörter in einem Europa-Lexikon vermuten? Hätten nicht European Training Foundation (ETF), EUTELSAT und vergleichbare Termini Vorrang verdient? Zur Gruppe der vollkommen wertlosen Stichwörter zählen schließlich z.B. Deutschland ("German name of Germany"), Queen of England ("informal title for the sovereign of the United Kingdom of Great Britain and Ireland") oder East, the ("Shorthand for the Soviet Union and its Eastern European allies during the Cold War"). Wohl jede Allgemeinenzyklopädie leistet hier mehr.

Aufgrund solch gravierender Mängel in Konzeption und Inhalt können zumindest die europäischen Bibliotheken leicht auf das Nachschlagewerk verzichten. Doch auch für den amerikanischen Buchmarkt dürfte What's what and who's who in Europe kaum von Interesse sein. Bessere Alternativen gibt es bereits genug.[1]

Achim Bonte


[1]
Z.B. Who's who in European politics. - London ; Munich [u.a.] : Bowker-Saur. - 29 cm [1183]. - Ed. 2 (1993). - XXIII, 1016 S. - Vgl. IFB 94-1-136.
The European Communities encyclopedia and directory. - London : Europa Publications. - 29 cm [1265]. - Ed. 1 (1991). - XIX, 390 S. - Vgl. ABUN in ZfBB 39 (1992),3, S. 239 - 243. (zurück)

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