Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 3
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Enzyklopädie der Entdecker und Erforscher der Erde


95-3-455
Enzyklopädie der Entdecker und Erforscher der Erde / Dietmar Henze. - Graz : Akademische Druck- und Verlagsanstalt. - 28 cm. - ISBN 3-201-00912-1
[2932]
Bd. 1. A - C. - 1978. - XIV, 767 S. - öS. 3800.00, DM 580.00
Bd. 2. D - J. - 1983. - XVI, 728 S. - öS 3800.00, DM 580.00
Bd. 3. K - Pallas. Mit Berichtigungen und Nachträgen zum 1., 2. und 3. Bd. - 1993. - XIV, 802 S. - öS 4700.00, DM 720.00
95-3-456
Who was who in world exploration / Carl Waldman and Alan Wexler. - New York [u.a.] : Facts on File, Inc., 1992. - VII, 712 S. ; 29 cm. - ISBN 0-8160-2172-4 : $ 65.00
[2934]
95-3-457
World explorers and discoverers / ed.: Richard E. Bohlander. - New York : Macmillan [u.a.], 1992. - XI, 352 S. ; 29 cm. - ISBN 0-02-897445-X : $ 85.00
[2935]
95-3-458
The Christopher Columbus encyclopedia / Silvio A. Bedini, ed. - New York [u.a.] : Simon & Schuster, 1992. - Vol. 1 - 2 ; 29 cm. - ISBN 0-13-142662-1 : $ 175.00
[2933]

Anlaß zur Besprechung der bereits seit 1975 in Lieferungen erscheinenden Enzyklopädie der Entdecker und Erforscher sind der Abschluß von Bd. 3 im Jahre 1993 sowie ein im selben Jahr erschienener Werkstattbericht des Verfassers.[1] Ausgangspunkt dieses Unternehmens ist die systematische Auswertung aller erreichbaren Reisebeschreibungen als Quellen, wobei sich Henze in einer Tradition mit dem bedeutenden Geographen des 19. Jahrhunderts, Carl Ritter sieht. Der Begriff Enzyklopädie weckt hochgespannte Erwartungen, insbesondere was die Vollständigkeit der Auswahl der behandelten Entdecker und Erforscher betrifft. Von letzteren sind jedoch nur solche europäischen Ursprungs berücksichtigt und zudem mit einer Berichtszeit, die 1900 endet. Zur Begründung dieser doppelten Einschränkung wird angeführt, daß einerseits nur die Europäer alle Erdteile gleichmäßig erforscht haben und daß andererseits die wesentlichen Entdeckungen bis zur letzten Jahrhundertwende erfolgt waren. Damit ist ein Rahmen abgesteckt worden, der sowohl unter dem Aspekt der Materialbewältigung als praktikabel erscheint, als auch zu gleichartigen Unternehmungen für die nicht behandelten Entdecker und die Zeit seit 1900 anregen sollte. Eine Typologie der Entdecker und Erforscher ebenso wie eine Bewertung der Entdeckung (z.B. nach der Größe des Gebietes) wurden erfreulicherweise nicht als Auswahlkriterium herangezogen. So steht die Tat im Vordergrund, hinter der die biographischen Angaben zurückzustehen haben. Henze bleibt deswegen nahe an den Quellen, aus denen er stellenweise zitiert, und manche Beiträge lesen sich wie eine Werkgeschichte. Daraus ergibt sich die Bedeutung der in der Rubrik Schriften zusammengestellten Primärquellen, während in der Rubrik Literatur die Beiträge über die behandelten Person aufgeführt sind. Der Mut, eine Enzyklopädie als Ein-Mann-Unternehmen über mehrere Jahrzehnte hinweg zu erstellen, bedarf der besonderen Anerkennung. Nach Schätzung des Rezensenten dürften mit der Fertigstellung von Bd. 3 mittlerweile ca. 3000 Personen Aufnahme gefunden haben, wobei der Umfang der Beiträge großen Schwankungen - von wenigen Zeilen bis mehreren Seiten - unterliegt. Dennoch sei gerade wegen der Bedeutung der Schriften- und Literaturverzeichnisse kritisch angemerkt, daß die vom Autor selbst gewählten Abkürzungen nicht dem internationalen Standard entsprechen und fehlende Quellenangaben insbesondere bei neuen Erkenntnissen zu Lebensdaten nicht zur unkritischen Übernahme verleiten dürfen.

Anläßlich des Kolumbus-Jahres 1992 erschien eine Vielzahl an Publikationen zum 500. Jahrestag der Entdeckung der Neuen Welt, in deren Kielwasser gleichfalls globale Betrachtungen der Entdeckungsgeschichte sowie biographische Nachschlagewerke der Entdecker und Erforscher vorgelegt wurden. Hierzu sind auch das Who was who in world exploration und World explorers and discoverers zu zählen, die in ihrer Aufmachung an die biographischen Artikel in dem von Helen Delpar herausgegebenen Werk The discoverers[2] erinnern, das allerdings zusätzlich regionale Beiträge enthält. In deskriptivem Stil stehen die Entdeckungsreisen der behandelten Personen im Vordergrund und sind, soweit bekannt, mit den Lebensdaten ergänzt. Die Auswahlkriterien beider Sammelbiographien werden nicht konkretisiert, sondern sind in den Vorworten mit dem Hinweis auf Unvollständigkeit nur vage umrissen. Dadurch erklären sich auch deren Unterschiede im Hinblick auf die behandelten Personen. Während World explorers 313 Einträge für "the most significant men and women in the history of world exploration" (Vorwort S. IX) enthält, behandelt das Who was who ... nach Schätzung des Rezensenten etwa 850 Personen. Auffallend ist hierbei der besonders hohe Anteil der Entdeckungsreisenden, welche die systematische Erschließung des nordamerikanischen Kontinents vorangebracht haben. Leider müssen die Artikel ohne Literaturangaben auskommen. Stattdessen gibt es ein nach Regionen gegliedertes Literaturverzeichnis am Ende des Bandes, das mit der Zusammenstellung der Entdecker nach größeren Räumen im Anhang korreliert. Ähnlich verfährt World explorers, das darüber hinaus auch Literaturangaben zu ausgewählten Personen enthält. Den Artikeln für einzelne bedeutende Entdecker sind kurze Listen mit Lesevorschlägen beigegeben. Daß in beiden Sammelbiographien ausschließlich monographische Literatur aufgeführt wird, unterstreicht letztlich den allgemeinverständlichen Anspruch dieser für ein breites Publikum in anglo-amerikanischen Ländern bestimmten Werke.

Erklärtes Ziel der Christopher Columbus encyclopedia ist es, das Zeitalter der europäischen Entdeckung der Neuen Welt in Form von alphabetisch geordneten Artikeln darzustellen. Im Gegensatz zu den drei vorstehend besprochenen Werken beschränkt sie sich jedoch nicht auf Biographien, sondern enthält zusätzlich zu den Personenartikeln auch Artikel für Regionen sowie für Themen wie colonization, disease and demography, quadrant oder shipbuilding: insgesamt sind es über 300 mit den Namen der 131 Autoren gezeichnete Artikel. Insofern ist der Titel irreführend, obwohl die für das Programm stehende Person des Columbus auf über 40 Seiten gewürdigt wird. Weitere Familienmitglieder jedoch finden sich je nach Nationalität entweder in der italienischen Ansetzungsform Colombo oder der spanischen Colón. Wenn auch die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Beiträgen nicht auf den ersten Blick erkenntlich sind, so gewinnt der Benutzer doch den Eindruck, daß die Entdeckungsreisen von Kolumbus nicht isoliert zu betrachten sind, sondern in einem wissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Kontext stehen. Leider werden die bedeutenden Handelshäuser der Fugger und Welser weder im Beitrag zu Charles V. noch bei dem Begriff colonization erwähnt, obwohl ihnen wegen der Finanzierung des Herrscherhauses das Kolonisationsrecht übertragen worden war. Die den Beiträgen beigefügten Literaturhinweise sind meist schon recht veraltet und somit nur noch bedingt zur weiterführenden Lektüre zu benutzen, erst recht unter dem Aspekt der Titelflut zum Jubiläum.

Wolfgang Crom


[1]
Über entdeckungs- und forschungsgeschichtliches Arbeiten : Blick in meine Werkstatt / Dietmar Henze. // In: Geographia spiritualis : Festschrift für Hanno Beck / hrsg. Detlef Haberland. - Frankfurt am Main [u.a.] : Lang, 1993, S. 127 - 135. (zurück)
[2]
The discoverers : an encyclopedia of explorers and exploration / ed. by Helen Delpar. - New York : McGraw-Hill, 1980. - VIII, 470 S. : Ill. (zurück)

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