Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 3
[ Bestand in K10plus ]

Stadt Augsburg


95-3-412
Stadt Augsburg : Ensembles, Baudenkmäler, archäologische Denkmäler / Bernt von Hagen ; Angelika Wegener-Hüssen. Aufnahmen von August Beisser ... Mit Beitr. von Lothar Bakker ... - München : Lipp, 1994. - LVI, 572 ; 30 cm. - (Denkmäler in Bayern ; 83 : 7, Schwaben, kreisfreie Städte). - ISBN 3-87490-572-1 : DM 89.00
[2702]

Daß eine derartig kurze Erfassung - jenseits der Aufgaben von Denkmallisten - nicht allzu weit führt, zeigt die weitere "Entwicklung" der Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland für Bayern, wo nunmehr für Teilgebiete nach und nach inventarartige Verzeichnisse vorgelegt werden. So erschien 1994 diese erweiterte topographische Denkmalbeschreibung der Stadt Augsburg. Sie beginnt mit Überblicksartikeln zu wichtigen Aspekten der Stadtgeschichte und -entwicklung, zu einzelnen Bautypen (Augsburger Bürgerhaus) und zur archäologischen Denkmalpflege. Der Hauptteil gilt der mit Abbildungen versehenen Beschreibung der Ensembles und Einzeldenkmäler, die in vielen Fällen ausführlichere Informationen bietet, als dies die Denkmalliste tun konnte. Daß die weiter oben zur Charakterisierung der Bände für Bayern der Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland zufällig gewählten Beispiele für die Augsburger Häuser am Mittleren Lech 16, 18 und 20 allerdings auch in dem eigenständigen Band für Augsburg keine ausführlichere Eintragung erhalten, dürfte in Art und "Qualität" dieser Denkmäler liegen, auf die man aus den jetzt beigegebenen Photos schließen kann. Insgesamt entspricht aber dem Grad der Erfassung und Beschreibung im vorliegenden Band in vielen Teilen der von anderen Bundesländern im Rahmen der Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland erreichten Standard. Gleichwohl muß aber berücksichtigt werden, daß es sich im vorliegenden Fall vorerst um eine Art "ergänzender Auswahlpublikation" zur Denkmaltopographie handelt und diese selbst für Augsburg erst dann vollständig ist, wenn man den Band von Chevalley über den Augsburger Dom als Seitenstück hinzurechnet.

Bayern ist in seiner Veröffentlichungspraxis im Vergleich zu anderen Bundesländern einen sehr eigenständigen Weg gegangen. Indem es nach alten Groß- und Kurzinventaren, die aber nicht das ganze Territorium abdeckten, seinen Beitrag zur Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland anfänglich auf eine - allerdings flächendeckende - Listenerfassung aller Denkmäler reduzierte, verließ es am deutlichsten den Weg klassischer Inventarisierung. Nachdem sich aber die Denkmallisten, die für viele praktische Aspekte der Denkmalpflege zwar ausreichend sind, als Nachschlagewerk bzw. baukundliche Quellenveröffentlichung letztlich als unzulänglich erwiesen haben, versucht Bayern eine 'Lösung des Problems' wieder in entgegengesetzter Richtung, nämlich in Form von "Auswahlinventaren". Dafür stehen beispielhaft die beiden neuen Publikationen über Augsburg und insbesondere über den Augsburger Dom. Es dürfte nicht nur den Urhebern, sondern auch den Benutzern klar sein, daß eine derartige Aufbereitung der elementaren Daten in den Denkmallisten immer nur sehr punktuell vorgenommen werden kann, daß also eine vollständige Bearbeitung des gesamten Denkmälerbestandes in derart umfassender Form eine Utopie bleiben wird. Bayern scheint sich damit von der Vorstellung einer möglichen flächendeckenden Inventarpublikation (alten Typs) stärker zu verabschieden als andere Bundesländer, die teilweise ihre Beiträge zur Denkmaltopographie durchaus noch inventarartig anlegten.[1]

7. Denkmäler-Inventare als Informationsmittel in Bibliotheken

Gerade wenn man die neueren bayerischen Denkmälerpublikationen betrachtet, die hier exemplarisch vorgestellt wurden, stellt sich die Frage nach der Funktion der unterschiedlichen Publikationstypen und nach ihrem Nutzen als Nachschlagewerke. Aus den bisherigen Ausführungen dürfte ersichtlich geworden sein, daß es das baukundliche Nachschlagewerk für Deutschland nicht gibt. Informationen zum Denkmälerbestand in Deutschland wird man in notwendiger Vollständigkeit und Breite nur aus der Zusammenfassung der unterschiedlichen hier vorgestellten Publikationstypen erhalten. So ersetzt die Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland aufgrund der Heterogenität ihrer inhaltlichen Konzeption je nach Bundesland und aufgrund ihres derzeitigen Bearbeitungsstadiums für die meisten Bundesländer in keiner Weise die älteren und/oder anders ausgerichteten Publikationstypen. Ein Verzicht auf Bereitstellung dieser Vielfalt an Publikationsformen im Bereich Denkmalbeschreibung verbietet sich auch mit Blick auf die unterschiedlichen Funktionszuweisungen an die einzelnen Publikationstypen durch die jeweiligen Bundesländer: Während in Bayern die Bd. 1 - 7 der Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland die veröffentlichte Denkmalliste darstellen, übernehmen diese Funktion z.B. in Hessen und Berlin die entsprechenden Bände des Dehio-Handbuchs. Jenseits allen fachlich-funktionalen Interesses sollten aber die Denkmallisten insgesamt als Nachschlagewerk einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich sein, informieren sie doch über den als Denkmal angesehenen Bestand einer Region, für den gegebenenfalls eine Unterschutzstellung beantragt und damit auch eine Einschränkung der "Zustandsveränderung" durchgesetzt werden kann. Daß Denkmallisten andererseits weitergehenden wissenschaftlichen Informationsbedürfnissen nicht genügen, dürfte ausreichend deutlich geworden sein; hier müssen nach wie vor die älteren Groß- und Kurzinventare, Handbücher vom Typ Dehio oder selbst Reclams Kunstführer kompensatorisch eintreten. Zudem sind die älteren Publikationen gerade für (bau)historische Fragestellungen generell nach wie vor von erheblichem Wert.[2] Mit Blick auf den veränderten Denkmalbegriff stellen jedoch die neueren Publikationen eine unabdingbare Ergänzung dar. Daher wird man für eine sachgerechte Information nicht nur die verschiedenen Publikationstypen (Liste - Inventar - Topographie) heranziehen müssen, sondern sogar verschiedene Auflagen eines Bandes.[3] Eine Bibliothek, die für den deutschen Bereich wichtige baukundliche Informationsmittel zur Verfügung stellen will, wird somit nicht umhin können, dieses Zusammenspiel der verschiedenen Publikationsformen in angemessenem Umfang zu berücksichtigen. Ergänzend sollten dazu allgemeine, reine Bildinventare, wie z.B. der Marburger Index[4] zusätzlich angeboten werden, da die älteren Publikationen aus heutiger Sicht auf dem Gebiet der photographischen Dokumentation natürlich Defizite aufweisen und auch die jüngeren Publikationen nicht immer mit Abbildungen in optimaler Auswahl aufwarten.


[1]
Der Frage, inwieweit Großinventare heute noch sinnvoll und nützlich sind, geht folgender Beitrag umfassend nach: Das Große Inventar : cui bono? / Richard Strobel. // In: Deutsche Kunst und Denkmalpflege. - 47 (1987), S. 98 - 105. (zurück)
[2]
Um so wichtiger wäre - nicht zuletzt im Hinblick sowohl auf ihre fast stets komplizierte Erscheinungsweise als auch auf die nur ausnahmsweise lückenlosen Bibliotheksbestände - eine umfassende und detaillierte Bibliographie aller Inventar-Reihen. Über deren Nützlichkeit herrscht im Kreise der Kunst-Bibliothekare zwar seit vielen Jahren Einigkeit, ohne daß sich bis jetzt jemand aus diesem Kreis gefunden hätte, der diese mühevolle aber lohnende Aufgabe übernommen hätte. Diese Bibliographie wäre ein Projekt, das man der neu gegründeten Arbeitsgemeinschaft der Kunst- und Museumsbibliotheken in den Arbeitsplan schreiben möchte. [sh]
Ein Übersicht über die Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen findet sich neuerdings an versteckter Stelle auf S. 109 - 111 des folgenden Aufsatzes: Die Publikationen der Historischen Kommission für die Provinz Sachsen und für Anhalt / Josef Hartmann. // In: Sachsen-Anhalt : Jahrbuch der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt. - Weimar : Böhlau. - ISSN 0945-2842 - 18 (1994), S. 83 - 125 [2928]. - Vgl. IFB 95-3-475. [sh] (zurück)
[3]
Vgl. hierzu auch innerhalb der Berichte der Arbeitsgruppen der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland, den Bericht der Arbeitsgruppe Inventarisation / Tilmann Breuer. // In: Deutsche Kunst und Denkmalpflege. - 41 (1983), S. 148 - 151.
Den Wert älterer Inventare für den heutigen Bedarf untersucht der folgende Beitrag: Zur Frage der Reprints älterer Denkmälerinventare / Hans-Peter Hilger. // In: Deutsche Kunst und Denkmalpflege. - 40 (1982), S. 82 - 87. (zurück)
[4]
Marburger Index : Inventar der Kunst in Deutschland / Bildarchiv Foto Marburg. - München : Saur [1976]. - Vgl. IFB 94-1-060 - 061. (zurück)

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