Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 2
[ Bestand in K10plus ]

Die mit "1811" datierten Drucke des ABGB


95-2-265
Die mit "1811" datierten Drucke des ABGB / von Otmar Seemann. - Wien : Manz, 1995. - 95 S. ; 25 cm. - ISBN 3-214-02239-3 : öS 420.00
[2689]

Die Erstausgabe des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs für Österreich von 1811 ist, ebenso wie die Erstausgaben bedeutender Gesetzeskodifikationen anderer Nationen, ein Sammelobjekt, vermutlich in erster Linie bei Juristen, und findet sich deshalb auch heute noch in Antiquariatskatalogen. Was jedoch bisher nicht allgemein bekannt war, oder vielleicht auch absichtlich ignoriert wurde, ist die Tatsache, daß von diesem Werk zahlreiche mit 1811 datierte Ausgaben erschienen sind, die aber nicht aus diesem Jahr stammen, und bei denen es sich vielmehr um mehr oder weniger veränderte Drucke handelt, die im Laufe von fast einem Jahrhundert (bis 1909!) erschienen sind. Otmar Seemann, sonst besser durch seine Untersuchungen zu frühen Lexika bekannt, bringt mit vorliegender Publikation Licht in diese Angelegenheit, indem er ein gut anwendbares Verfahren zur Unterscheidung der verschiedenen Drucke entwickelt hat, das auf der Ausmessung des auf dem Titelblatt erscheinenden österreichischen Staatswappens und dessen Abstand vom vorhergehenden und folgenden Text beruht. Das erlaubt zwar die Unterscheidung von einzelnen Ausgaben und Varianten dieser Ausgaben,[1] nicht jedoch deren zeitliche Einordnung: Voraussetzung dazu war nicht nur das Studium der einschlägigen Literatur, sondern vor allem die Auswertung der in der Österreichischen Staatsdruckerei erhaltenen Archivalien. Daß bei den einzelnen Ausgaben Besitznachweise in vorwiegend österreichischen Bibliotheken mit deren Signaturen angegeben werden, ist nur möglich, weil dort noch nicht die große Aussonderung unnützen Materials vorgenommen wurde, die uns in Deutschland bevorsteht, wenn es nach den Vorstellungen geht, die in den Köpfen - leider auch in denen von Bibliothekaren - spukt, alles zu makulieren, was veraltet ist und Platz braucht. Für eine solche Aussonderung wäre auch das ABGB (wie auch das BGB) ein ideales Objekt, selbst wenn heute noch etwa die Hälfte der 1502 Paragraphen der Erstausgabe in Kraft sind.

sh


[1]
Dies allerdings nur bedingt: die Überprüfung des Exemplars in der Bibliothek des Rezensenten brachte prompt eine Variante ans Licht, die sich nicht ohne weiteres zuordnen ließ. (zurück)

Zurück an den Bildanfang