Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 2

Rezension aus: Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 2

Das grosse Buch der Wirtschaft


95-2-249
Das grosse Buch der Wirtschaft : Volkswirtschaft, Basiswissen; Betriebswirtschaft, Unternehmenspraxis; ABC der Wirtschaft / [Gunnar Schönherr ; Wilma Merkel. Hrsg.: Egon F. Freiheit]. - Gütersloh ; München : Bertelsmann-Lexikon-Verlag, 1995. - 731 S. : Ill. ; 31 cm. - ISBN 3-570-10577-6 : DM 98.00
[2673]

Nach dem Bertelsmann-Lexikon Wirtschaft[1] hat der gleiche Verlag ein weiteres Nachschlagewerk unter dem einerseits schlichten andererseits verheißungsvollen Titel Das große Buch der Wirtschaft herausgebracht. Der Verlag verspricht uns einiges: "eine fast spielerische Einführung in die faszinierende Welt der modernen Wirtschaft" (Pressemitteilung) und "komplizierte Sachverhalte werden plötzlich durchschaubar und verständlich" (Vorwort).

Was steckt hinter den Sprüchen der Werbetexter und Marketingmanager? Groß und gewichtig ist das Buch auf jeden Fall: 30 cm hoch, 732 Seiten dick, über 5 Pfund schwer, 98 DM teuer. Inhaltlich ist es eine Kombination von einführenden Texten zu volks- und betriebswirtschaftlichen Themen (Teil 1 und Teil 2) und einem Lexikon wirtschaftlicher Fachbegriffe, ca. 2000 an der Zahl (Teil 3). Das Register im Anhang verzeichnet Stichwörter sowohl aus den Teilen 1 und 2, als auch aus Teil 3, was etwas verwunderlich ist, da ein Register zu einem alphabetischen Wörterbuch wenig Sinn zu machen scheint. Im vorliegenden Fall ist dies jedoch nützlich, weil dadurch Lexikonteil und Textteil verzahnt werden, denn auf Verweisungen im Text verzichtet das große Buch.

Nun zu den einzelnen Teilen. Der volkswirtschaftliche Teil umfaßt die Seiten 1 bis 320. Er beginnt mit dem Abschnitt Der Preis, dann folgen Wettbewerb, Eigentum, Gewinn und weitere 38 Kapitel. Das Ende ist mit der Zukunft der Weltwirtschaft erreicht. Innerhalb der einzelnen Themenkreise ist der Text in ein- oder doppelseitige Artikel gegliedert, die nochmals eigene Überschriften haben. In gleicher Weise ist der betriebswirtschaftliche Teil von Seite 321 bis 480 aufgebaut. Es werden 35 Sachgebiete von Start und Standort über Leasing und Werbung bis Jahresabschluß behandelt. Die wichtigsten Themen der Ökonomie scheinen angesprochen zu sein. Eine Systematik in ihrer Anordnung ist nicht erkennbar.

Durch das große Format des Buches passen sehr viele Bilder, Graphiken und Tabellen auf eine Seite. Der gesamte zweispaltige Text ist mit ihnen durchsetzt. Die Randleiste wird ebenfalls häufig für Bildunterschriften und Illustrationen benutzt. Das bunte Layout fungiert als Köder für die Zielgruppe des Buches, den Wirtschaftslaien. Dagegen wäre nichts einzuwenden, wenn damit auch Kenntnisse vermittelt würden. Die Illustrationen sind jedoch größtenteils nur plakativ statt informativ. Der Stil der Zeichnungen ist bieder und erinnert insgesamt eher an ein Jugendlexikon. Die Texte passen sich dem Niveau an. Die Artikel sind in einer sehr einfachen Sprache abgefaßt. Die Überschriften sind teilweise schlicht primitiv. Zwei Beispiele: "Professoren finden heraus, wie alles funktioniert" (S. 125, beim Thema Wirtschaftswissenschaft), "Wer alle Tricks beherrscht, macht schnell glänzende Geschäfte" (S. 408, Marketing). Simplifizierung ist Trumpf in diesem Buch.

Teil 3, der Lexikonteil, erstreckt sich von Seite 481 bis 720. Auch er ist durch viele Schaubilder, Tabellen und farbige Texthervorhebungen aufgelockert. Der Zusammenhang zwischen Text und Bild scheint jedoch stringenter zu sein als in den vorhergehenden Teilen. Die Stichwörter sind unabhängig von den Teilen 1 und 2 gewählt. Sie scheinen das Gebiet der Ökonomie gut abzudecken. Die Erklärungen sind einfach formuliert und teilweise mit Unterstreichungen der wichtigen Wörter versehen. Häufig werden Beispiele angeführt. Da auf ein Verweisungssystem verzichtet wird, kann man Begriffe, die innerhalb eines Stichworts behandelt werden, oder Synonyma nicht finden. Auch das Stichwortverzeichnis im Anhang läßt den Benutzer in solchen Fällen im Stich. Für ein Nachschlagewerk ist das natürlich ein gewisses Manko.

Im Vergleich zu den inhaltlichen Mängeln der Teile 1 und 2 ist dies jedoch der kleinere Schaden. Und damit kommen wir zum Ausgangspunkt unserer Besprechung zurück, nämlich zu den vollmundigen Ankündigungen des Verlags. Es muß klargestellt werden: dem Anspruch, komplizierte wirtschaftliche Zusammenhänge leicht verständlich darzustellen, wird das Buch in keiner Weise gerecht. Dazu sind die Erklärungen zu oberflächlich und zu vereinfachend. Komplexe oder umstrittene Sachverhalte tauchen eigentlich nicht auf. Alles erscheint wundervoll einfach und geordnet. Wer sich an dieser Sicht der Dinge delektieren will, ... bitte! Wer etwas über die heutige Ökonomie erfahren möchte, sollte zu anderen Informationsmitteln greifen.

Lorenz Fichtel


[1]
Vgl. IFB 94-1-130. (zurück)

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