Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 2
[ Bestand in K10plus ]

Catalogue of books printed in the German-speaking


95-2-173
Catalogue of books printed in the German-speaking countries and of German books printed in other countries : from 1601 to 1700 now in the British Library / [David Paisey]. - London : British Library, 1994. - Vol. 1 - 5 ; 25 cm. - ISBN 0-7123-0351-0 : œ 295.00
[2469]

Die British Library legte 1994 gleich zwei Kataloge ihrer Bestände an ausländischen alten Drucken vor: einen für die spanischen Drucke des 18. Jahrhunderts (IFB 95-2-175) sowie den hier besprochenen für die deutschen Drucke des 17. Jahrhunderts, der die Fortsetzung zum Katalog für die Drucke bis 1600 bildet.[1] Für das 17. Jahrhundert verzeichnet er, in der Tradition seiner Vorgänger, sowohl diejenigen Titel der British Library, die in deutschsprachigen Ländern gedruckt worden sind unabhängig von ihrer Sprache (nur reine Orientalia sind ausgeschlossen), als auch alle Drucke in deutscher Sprache unabhängig von ihrem Druckort, dazu originellerweise auch die (wenigen) rätoromanischen Werke; mit aufgenommen sind Zweifelsfälle und Werke mit fingiertem deutschem Impressum. An Gattungen ausgeschlossen wurden nur Einzelkarten, ansonsten sind auch Einblattdrucke - auffallend viele sogar -, Noten und Atlanten enthalten, dazu in einem Anhang 15 unbetitelte Portraits und Stiche.

Der Katalog verzeichnet alles in allem über 26.000 Titel. Mit berechtigtem Stolz weist Generaldirektor J. M. Smethurst in seinem Vorwort darauf hin, daß diese Sammlung der British Library, die "zu den wichtigsten außerhalb der deutschsprachigen Länder gehört", außerordentlich reichhaltig ist und in nahezu allen Gattungen wissenschaftlicher wie populärer Literatur zahlreiche seltene, ja unikale Titel bewahrt. "Keine deutsche Bibliothek hat bisher einen vollständigen Katalog ihrer Titel des 17. Jahrhunderts vorgelegt; so sind wir glücklich darüber, ein Beispiel zu geben und zugleich einen wertvollen Beitrag für den deutschen Gesamtkatalog der Drucke des 17. Jahrhunderts zu leisten, der sich gerade in seinem frühesten Stadium der Entstehung befindet."

Das Verzeichnis benennt sich im Gegensatz zu seinem Vorgänger nicht als Short-title catalogue, und in der Tat bietet die bibliographische Beschreibung Neuerungen, die über das bisherige Niveau hinausgehen. Barocke weitschweifige Titel müssen zwar in der Regel gekürzt werden, aber es geschieht in behutsamer Weise: niemals am Beginn des Sachtitels, selbst wenn es sich um Bestandteile handelt, die bei der Ordnung zu übergehen sind, möglichst unter Wahrung der Syntax und dazu sind Auslassungen immer durch drei Punkte gekennzeichnet. Eine Verfasserangabe, die auf der Titelseite steht, ist als Teil des Sachtitelfeldes erfaßt, ebenso Ausgabenbezeichnung und Erscheinungsvermerk. Auch ansonsten wird versucht, in der bibliographischen Beschreibung die Vorlage möglichst getreu wiederzugeben: in der Orthographie, durch Beibehaltung von Groß- und Kleinbuchstaben, Bindestrichwörtern und Druckfehlern; Rot-Schwarz-Druck der Titelseite ist vermerkt, ebenso Kupfertitel. Kolophone sind, soweit vorhanden, zusätzlich aufgenommen, und zwar nach den gleichen Regeln. Es folgt die Angabe der Sprache(n) des Werkes, bei Übersetzungen nach Möglichkeit auch die des Originals. Die Kollation bietet: Format; Blatt- bzw. Seitenzahl, sofern eine Zählung im Buch vorhanden ist, ansonsten nur die Signatur des letzten Bogens; schließlich den Hinweis, ob Illustrationen - innerhalb der Lagenzählung (illus.) oder außerhalb (plates) - vorhanden sind oder Noten, Karten, Portraits oder genealogische Tafeln, allerdings ungezählt.

Die Kataloge ausländischer Werke der British Library boten in der Vergangenheit an Registern gemeinhin nur solche der Drucker und Verleger. Inzwischen hat die Bibliothek erkannt, daß ein Sachregister die beste Möglichkeit darstellt, "um die verborgenen Reichtümer zur Gänze heben zu können und die Aufmerksamkeit auf bisher unbekannte Stücke zu lenken" (Vorwort), weshalb ein solches Sachregister erstmals diesen und den erwähnten Katalog der spanischen Drucke beigegeben ist. Es handelt sich um ein Schlagwortregister, das auf dem British Museum subject index basiert. Weitere Register existieren für: beteiligte Personen (Mitautoren, Herausgeber, Übersetzer usw.); Drucker und Verleger (mit Ortsindex), dazu falsche und fiktive Namen, Selbstverleger; Druckorte bei fehlender Drucker- und Verlegerangabe; Erscheinungsjahre für Werke ohne Ort, Verleger und Drucker; Gattungen für schöne Literatur; schließlich im Katalog schwer zu findende Sachtitel.

Es ist zu hoffen, daß dem gedruckten Katalog, wie in seiner Einleitung angekündigt, bald eine On-line-Datenbank folgen wird und möglicherweise auch eine CD-ROM. Durch Stichwortsuche und Felderkombination werden dann die vom Autor in Titelaufnahmen und Indices eingebrachten Informationen erst vollends auszuschöpfen sein, zumal diese Version die Stichwörter auch in normierter Orthographie anbieten wird.

Der im Manuskript zunächst konventionell und erst danach maschinenlesbar erfaßte Katalog wurde in über zwanzig Jahren zur Gänze von David L. Paisey erarbeitet. Der Autor, dem man für dieses bewundernswerte Lebenswerk gar nicht genug danken kann, ist im deutschsprachigen Gebiet bekannt und ausgewiesen durch das eingangs erwähnte Supplement zum Katalog für die Drucke bis 1600, durch seine Ergänzung und Fortsetzung der Verzeichnisse von Benzing,[2] die Herausgabe der German studies[3] sowie durch Aufsätze und Referate zur Barockliteratur. Lesenswert wäre es sicherlich, wenn er seine bei der Katalogisierung des wichtigen Bestandes der British Library gewonnenen Beobachtungen und Erfahrungen in einem eigenen Beitrag niederlegen würde.

Seit Herbst 1994 läuft die Pilotphase des Verzeichnisses deutscher Drucke des 17. Jahrhunderts (VD 17) an der Bayerischen Staatsbibliothek, der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel und der Staatsbibliothek zu Berlin. In diesem Augenblick, in dem die Weichen gestellt werden, ist zwangsläufig nach der Bedeutung des Katalogs von Paisey für die zukünftige deutsche Nationalbibliographie des 17. Jahrhunderts zu fragen, auf die ja auch das Vorwort von Smethurst hinweist.

Vor allem ist das Werk eines einzelnen Mannes, der mit über 26.000 Titeln vermutlich fast ein Zehntel eines späteren VD 17 verzeichnet hat, eine große Ermutigung. Es beweist nämlich, daß der viel zitierte "barocke Eisberg" doch bezwingbar sein kann, wenn er mit finanzieller Hilfe der DFG von mehreren leistungsfähigen Bibliotheken gemeinsam angegangen wird, vorausgesetzt allerdings, daß die Verzeichnungsweise mit Augenmaß erfolgt, wie es David Paisey mit bestem britischem Pragmatismus demonstriert hat. Seit 1980 hat er übrigens aufgrund seiner Erfahrung selbst beratend an der Wiege des VD 17 gestanden und mit dazu beigetragen, daß dieses sich von seinem eigenen Werk in einigen wesentlichen Punkten unterscheiden wird: Das VD 17 ist von vornherein als Datenbank geplant worden; die Identitätsprüfung wird durch den Fingerprint[4] erleichtert und maschinengerecht; eine Bildspeicherung der Titelseiten und vermutlich weiterer Schlüsselseiten des Buches soll die Titelaufnahme ergänzen, was zugleich die Problematik der Sachtitelkürzung entschärft; schließlich sollen alle literarischen Beiträger verzeichnet werden.

Manche Regelungen, die Paisey bereits praktiziert hat, sind vor kurzem in die RAK-WB für alte Drucke[5] eingegangen und werden auch das VD 17 beeinflussen: vermutlich die orthographische Normierung der Stichwörter, die doppelte Verzeichnung des Erscheinungsvermerks in Vorlage wie in normierter Form, die Formatangabe, im Illustrationsvermerk die Unterscheidung nach der Art der Abbildungen. Fraglich ist allerdings, ob seine knappe Kollationsformel insgesamt akzeptiert werden wird, obwohl sie zu Recht aus der Erfahrung geboren ist, daß an dieser Stelle andernfalls vom Katalogisierer viel Zeit geopfert werden muß, ohne daß sich zumindest im Retrieval ein Vorteil ergibt. Für eine Sacherschließung hat Paisey stets plädiert und er selbst hat sie für seinen Katalog leisten können - das VD 17 wird ihn hierin vermutlich enttäuschen müssen.

Wolfgang Müller


[1]
Short-title catalogue of books printed in the German-speaking countries and German books printed in other countries : from 1455 to 1600 now in the British Museum / [A. F. Johnson and Victor Scholderer]. - London : British Museum, 1962. - VIII, 1224 S.
Short-title catalogue of books printed in the German-speaking countries and of German books printed in other countries from 1455 to 1600 now in the British Library. Supplement / [comp. by D. L. Paisey]. - London : British Library, 1990. - 141 S. - 23 cm. - ISBN 0-7123-0207-7 : œ 40.00 [1037]. - Rez.: ABUN in ZfBB 37 (1990),6, S. 509 - 512. (zurück)
[2]
German printers, booksellers and publishers of the seventeenth century : some amendments and additions to Benzing / David Paisey. // In: Gutenberg-Jahrbuch. - 64 (1989), S. 165 - 179.
Deutsche Buchdrucker, Buchhändler und Verleger 1701 - 1750 / David Paisey. - Wiesbaden : Harrassowitz, 1988. - (Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen ; 26). - XIV, 361 S. - ISBN 3-447-02825-4 : DM 128.00. (zurück)
[3]
German studies : British resources ; papers presented at a colloquium at the British Library, 25 - 27 September 1985 / ed. by David Paisey. - London : British Library, 1986. - (British Library occasional papers ; 8). - XIV, 321 S. (zurück)
[4]
Fingerprints : Regeln und Beispiele ; nach der englisch-französisch-italienischen Ausgabe des Institut de Recherche et d'Histoire des Textes (CNRS) und der National Library of Scotland / übersetzt und eingel. von Wolfgang Müller. - Berlin : Deutsches Bibliotheksinstitut, 1992. - 66 S. - ISBN 3-87068-429-1 : DM 20.00. (zurück)
[5]
Regeln für die Katalogisierung alter Drucke / erarb. von der Arbeitsgruppe des Deutschen Bibliotheksinstituts "RAK-WB und Alte Drucke". Hrsg. und eingel. von Klaus Haller. - Berlin : Deutsches Bibliotheksinstitut, 1994. - 125 S. - ISBN 3-87068-461-5 : DM 24.00. (zurück)

Zurück an den Bildanfang