Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 1
[ Bestand in K10plus ]

Kurzbiographien zur Geschichte der Juden


95-1-061
Kurzbiographien zur Geschichte der Juden : 1918 - 1945 / Joseph Walk. Hrsg. vom Leo Baeck Institute, Jerusalem. - München [u.a.] : Saur, 1988. - XVII, 452 S. ; 25 cm. - ISBN 3-598-10477-4 : DM 240.00
[1622]

Zeichnet sich das Lexikon deutsch-jüdischer Autoren (IFB 95-1-059) eher durch Weitschweifigkeit aus, so das vorliegende biographische Lexikon durch knappe und komprimierte Informationen über ca. 4.000 in "der letzten Epoche des deutschen Judentums ... im Altreich ansässige Juden ... (und) ... die getauften und sogenannten 'Mischlinge'" (S. VII). Man könnte dieses Werk als Who's who, bzw., da die meisten der Verzeichneten bereits verstorben sind, als Who was who bezeichnen, beruhte die Ermittlung der Daten nicht überwiegend auf der Auswertung der zahlreichen einschlägigen Informationsmittel,[1] insbesondere der internationalen, nationalen, gruppenspezifischen, vor allem aber der regionalen und der lokalen biographischen u.ä. Sammelwerken, Informationen, die allerdings z.T. durch die Befragung von Überlebenden des Holocaust ergänzt wurden. Trotzdem bleibt das Vorwort eine Auskunft darüber schuldig, nach welchen Auswahlkriterien Personen aus den Quellenverzeichnissen berücksichtigt oder ausgeschlossen wurden. Wir erfahren lediglich, daß der Herausgeber (geb. 1914 in Breslau und von 1978 - 1983 Direktor des Leo-Baeck-Instituts in Jerusalem, wie der entsprechenden Eintragung im vorliegenden Werk zu entnehmen), der u.a. über die Jüdische Erziehung im Nazi-Deutschland forscht, "besonderes Augenmerk ... auf Menschen (richtete), die im Leben der jüdischen Gemeinschaft eine Rolle spielten, weil diese Gruppe (Rabbiner, Lehrer, Gemeindevorsteher) im allgemeinen zu wenig Beachtung geschenkt wird" (S. VII). Das umfangreiche Register nach Berufen (i.w.S.), das systematisch gegliedert ist, ohne daß sich diese Gliederung in einer hierarchischen Übersicht darböte (es gibt nur ein alphabetisches Register der "Berufe"), enthält entsprechend zahlreiche Eintragungen unter Religion / Theologie; am Register ist auch abzulesen, daß die Angehörigen akademischer Berufe den größten Anteil haben, gefolgt von Vertretern der Wirtschaft (die Gewichtung der Sparten wird durch zahlreiche Mehrfacheintragungen beeinflußt); auch die Sparte Bibliotheks- und Buchwesen enthält immerhin 27 Namen. Die Angaben zu den Personen sind, wie der Titel des Werkes ankündigt, knapp: Name(n), Titel, Geburts- und Todesjahre und -orte, Beruf(e); Ausbildung, Karriere, Stationen der Emigration, schriftstellerische Tätigkeit mit Nennung eines Hauptwerkes; Fundstellen in den ausgewerteten Quellen. - Wichtiges Nachschlagewerk zur raschen Information und zugleich Index zu einschlägigen Sammelbiographien.

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[1]
Die von Walk ausgewerteten Quellen enden, von einer Monographie von 1985 abgesehen, beim Erscheinungsjahr 1984; Titel nach 1985 fehlen völlig. Somit ließen sich für die letzten zehn Jahre 1985 - 1994 zahlreiche Titel nachtragen, da die Aufarbeitung der jüdischen Vergangenheit gerade in Deutschland ständig neue Werke hervorbringt. Hier nur einige mehr oder weniger willkürlich aufgegriffene Titel der letzten Jahre. Als gruppenspezifisches Werk sei zunächst genannt:
Jüdische Frauen im 19. und 20. Jahrhundert : Lexikon zu Leben und Werk / Jutta Dick ; Marina Sassenberg (Hg.). - Originalausg. - Reinbek bei Hamburg : Rowohlt, 1993. - 415 S. ; 19 cm : Ill. - (rororo ; 6344 : rororo-Handbuch). - ISBN 3-499-16344-6 : DM 22.90 [2565].
Die 185 mit den Namen der 25 meist weiblichen Mitarbeiter gezeichneten Artikel über deutsche Jüdinnen gliedern sich wie folgt: Name, Geburts- und Todesdaten / Orte, Eltern; Porträtphoto; den biographischen Artikeln (im Schnitt zwei Seiten) sind bibliographische Angaben zu Quellen (z.B. Nachlässe), Veröffentlichungen und Sekundärliteratur (beide zumeist in Auswahl) beigegeben.
Besonders reich ist die Ernte bei biographischen Nachschlagewerken über die Juden einzelner Orte, die sich - im Bestreben nach der Rekonstruktion ihres jüdischen Bevölkerungsanteils - keineswegs nur auf die bedeutenden Personen beschränken:
Biographisches Handbuch der Juden in Stadt und Altkreis Aschaffenburg / Peter Körner. - Aschaffenburg : Geschichts- und Kunstverein Aschaffenburg e.V., 1993. - 287 S. ; 25 cm. - (Veröffentlichungen des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg ; 39). - ISBN 3-87965-062-4 : DM 58.00. - (Geschichts- und Kunstverein ..., Schönborner Hof, Wermbachstr. 15, 63739 Aschaffenburg) [2566].
Versuch der Ermittlung der über 2.100 jüdischen Bürger in Aschaffenburg, Großostheim, Goldbach und Hösbach (jeweils in getrennten Alphabeten) vor dem Holokaust auf Grund der Auswertung von Registern der jüdischen Gemeinden, von Archivmaterial, den Unterlagen der Einwohnermeldeämter sowie der Ortsadreßbücher. Anlage ortsweise im Alphabet der Familiennamen unter Wahrung der Gliederung nach Familien mit folgenden tabellarisch dargebotenen Angaben: Name, Lebensdaten, Eheschließungen; Daten der An- (mit Adresse) und Abmeldung; Berufliches, Funktionen im jüdischen Gemeindeleben, erlittene Repressionen durch die Nazis; Quellen.
Die jüdischen Bürger im Kreis Göttingen 1933 - 1945 : Göttingen, Hann. Münden, Duderstadt ; ein Gedenkbuch / Uta Schäfer-Richter und Jörg Klein. Unter Mitarb. von Peter Aufgebauer und Matthias Manthey. Hrsg. von Karl-Heinz Manegold. - Göttingen : Wallstein-Verlag, 1992. - 310 S. ; 28 cm : Ill. - ISBN 3-89244-048-4 : DM 34.00 [2567].
Nach Intention dem vorhergehenden Werk vergleichbar, sind hier Kurzbiographien von 801 jüdischen Bürgern (z.T. mit Photos) zusammengetragen, die zwischen 1933 und 1945 im Landkreis Göttingen ansässig waren oder dorthin zugezogen sind. Anders als bei der reinen Faktensammlung des vorhergehenden Werkes finden sich hier Kurzbiographien im eigentlichen Sinne, wobei es sich in zahlreichen Fällen um solche von Angehörigen der Göttinger Universität handelt, was diesem Werk ein Interesse auch außerhalb des betroffenen Ortes sichert.
Stadt des Glaubens : Geschichte und Kultur der Juden in Glogau / Franz D. Lucas ; Margret Heitmann. - 2., verb. Aufl. - Hildesheim [u.a.] : Olms, 1992. - XVIII, 581 S. ; 24 cm. - (Wissenschaftliche Abhandlungen des Salomon-Ludwig-Steinheim-Instituts für Deutsch-Jüdische Geschichte ; 3) (Beiträge zur Geschichte der Juden in Schlesien ; 1). - ISBN 3-487-09495-9 : DM 49.80 [2564].
Inhalt und Absicht nennt der Zusatz zum Sachtitel; Kapitel 10 (S. 381 - 484) enthält 29 Lebensbilder von berühmten jüdischen Söhnen der Stadt (erwähnt seien nur der Kunsthistoriker Walter Friedländer und der Schriftsteller Arnold Zweig) mit Porträt sowie subjektiver und objektiver Personalbibliographie.
Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Main / M.-J.-Kirchheim'sche Stiftung Frankfurt a.M. Hrsg. von Arno Lustiger. Biographischer Teil mit Kurzbiographien jüdischer Stifter, Politiker und Mäzene mit Beitr. von Hans Achinger ... Sachteil mit der Beschreibung von Stiftungen, Organisationen, Vereinen und Schenkungen dargest. von Gerhard Schiebler. - Nachdr. der Ausg. Frankfurt, Kramer, 1988. - Sigmaringen : Thorbecke, 1994. - 422 S. ; 25 cm. - ISBN 3-7995-0407-9 : DM 39.00 [2666].
Behandelt im biographischen Teil (S. 289 - 410) 14 jüdische Bürger bzw. Familien aus den im Titel genannten Personenkreis; die von verschiedenen Autoren stammenden Beiträge sind recht unterschiedlich, nicht nur nach Stil und Länge, sondern auch nach den benutzten Quellen: z.T. kommen sie ganz ohne Zitierung von Belegen aus, z.T. wird nur aus der Literatur zitiert, in wenigen Fällen (Hilmar Hoffmann über Georg und Franziska Speyer) wurden auch die Bestände des Stadtarchivs benutzt und zitiert. - Dazu kommt u.a. ein Sammelbeitrag über jüdische Bürger im Frankfurter Stadtparlament. (zurück)

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