Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 3(1995) 1
[ Bestand in K10plus ]

Dictionnaire de la civilisation phénicienne et punique


95-1-132
Dictionnaire de la civilisation phénicienne et punique / [directeur: E. Lipinski]. - [Turnhout] : Brepols, 1992. - XXII, 502, [18] S. : Ill. ; 25 cm. - ISBN 2-503-50033-1 : FB 3953.00
[1736]

Ein Lexikon wie das Dictionnaire de la civilisation phénicienne et punique hat es bisher nicht gegeben. Um so erfreulicher ist es, daß diese Lücke jetzt durch ein rundherum überzeugendes und eindrucksvolles Werk geschlossen worden ist. Über achzig Spezialisten haben unter der Aegide von douard Lipinski ein Standardwerk mit ungefähr 1500 Einträgen vorgelegt.

Dem Hauptteil des Lexikons geht u.a. eine Transliterationsliste nichtlateinischer Alphabete voran, am Ende des Buches sind auf 16 Seiten Farbphotographien wiedergegeben. Alle namentlich gezeichneten Beiträge sind äußerst komprimiert formuliert, enthalten reichlich Verweisungen und schließen mit Literaturhinweisen in allen westeuropäischen Sprachen mit eimem hohen Anteil an Aufsätzen. Namenseintragungen werden gegebenenfalls durch entsprechende Bezeichnungen aus einer oder mehreren anderen Sprachen ergänzt (z.B. aus dem Griechischen, Lateinischen, Phönizischen, Ugaritischen, Akkadischen, Hebräischen, Aramäischen, Arabischen oder Ägyptischen). Grundlage ist nicht nur eine sehr gründliche Auswertung antiker Schriftquellen; vor allem sind archäologische Befunde in vorbildlicher Form dokumentiert und werden mit zahlreichen Photos, Zeichnungen, Plänen, Skizzen und Tabellen ergänzt. Positiv ist außerdem zu vermerken, daß auch Personen und Themen, die selbst nur eine lockere Verbindung zur phönizischen oder punischen Kultur besitzen, enthalten sind. So bekommt z.B. Augustinus als nordafrikanischer Bischof mit begrenzten punischen Sprachkenntnissen eine Eintragung. Vor allem im Zusammenhang mit den punischen Kriegen werden zahlreiche römische Politiker wie Regulus, Flaminius oder die Scipionen in eigenen Beiträgen genannt. Für die moderne Forschungsgeschichte wichtige Personen werden ebenfalls mit kurzen Artikeln bedacht, und sogar Salammb, die fiktive Titelfigur aus Flauberts gleichnamigem historischen Roman, wurde nicht vergessen.

Das alles sind erfreuliche Zugaben zum eigentlichen Thema dieses Lexikons, der Geschichte und Kultur der phönizischen Welt. Und in diesem Bereich sind keinerlei Schwachstellen auszumachen. Benutzer werden es zu schätzen wissen, daß außer der Präsentation unzähliger Details auch Übersichtsartikel aufgenommen wurden, z.B. zur Numismatik, zu antiken Autoren, zum Krieg oder zur Forschungsgeschichte, zu einzelnen archäologischen Fundgruppen wie Stelen oder Sarkophagen. Schade, doch verständlich ist es, daß noch breiter angelegte Artikel nicht mehr in jedem Fall geschrieben wurden. Der 25-zeilige Beitrag zur Kunst etwa besteht im wesentlichen aus Verweisungen, es sind derer nicht weniger als 39! Aber vielleicht sollte in derartigen Fällen ohnehin besser ein Handbuch herangezogen werden.[1] Besonders gut abgedeckt sind im Dictionnaire dagegen die Religion - Gottheiten und Kulte werden verhältnismäßig ausführlich behandelt -, sowie Topographie und Archäologie, wobei einzelne Fundstellen von Bedeutung ebenso berücksichtigt werden wie größere geographische Räume (Sardinien, Libyen, Portugal, Zypern u.a.).

Insgesamt ist der Eindruck dieses Lexikons nachhaltig positiv. Nach Inhalt, Diktion und Anlage ist es ein Werk mit gehobenem wissenschaftlichem Anspruch, das sich in erster Linie an Studierende und Fachleute wendet. Für diese ist das Dictionnaire ein sinnvolles und - dies sei noch einmal hervorgehoben - konkurrenzloses Hilfsmittel.

Joachim Migl


[1]
Hier wäre inzwischen auch schon wieder einige Literatur nachzutragen, z.B. The Assyrian and Babylonian empires and other states of the Near East : from the eighth to the sixth centuries B.C. / ed. by John Boardman ... - 2. ed. - Cambridge [u.a.] : Cambridge University Press, 1991. - XIX, 906 S. - (The Cambridge ancient history ; 3,2). - Das Dictionnaire hat etwa den Stand von 1989. (zurück)

Zurück an den Bildanfang