Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 2(1994) 3/4
[ Bestand in K10plus ]

Bibliographie der deutschsprachigen Arabistik und


94-3/4-548
Bibliographie der deutschsprachigen Arabistik und Islamkunde von den Anfängen bis 1986 : nebst Literatur über die arabischen Länder der Gegenwart / hrsg. von Fuat Sezgin. In Zsarb. mit ... Institut für Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main. - Frankfurt am Main : Institut ..., 1990 - 1993. - Bd. 1 - 19 ; 25 cm. - (Veröffentlichungen des Institutes für Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften : Reihe A, Texte und Studien ; 3). - DM 1864.00 zzgl. MWSt., DM 1264.00 zzgl. MWSt. (Reihenpreis). - (Institut ..., Beethovenstr. 32, 60325 Frankfurt)
[1958]

Umfassende Bibliographien über den arabisch-islamischen Kulturkreis sind selten, auch wenn in der Vergangenheit immer wieder Anstrengungen gemacht wurden, die Literatur über die Religionen und Kulturen des Orients zu erfassen und in sachlicher Anordnung zu erschließen. Man denke etwa an Zenkers Bibliotheca orientalis[1] und an die von A. Müller begründete Orientalische Bibliographie,[2] die noch den gesamten Orient (einschließlich Ostasiens und Ozeaniens) behandelten oder an Pfannmüllers Handbuch der Islam-Literatur[3], um nur drei frühe Beispiele zu nennen. In neuerer und neuester Zeit ist es vor allem der von James D. Pearson begründete Index Islamicus,[4] der laufend Aufsätze und, seit dem Berichtsband 1976/80 (1983), auch Monographien in europäischen Sprachen über den Islam und über die Staaten der islamischen Welt nachweist. Die Bibliographie der deutschsprachigen Arabistik und Islamkunde (BDAI) fügt sich in die Reihe dieser Bemühungen ein.

Die Titelauswahl der BDAI erfolgt in strikter Beschränkung auf deutschsprachiges Material, d.h. fremdsprachige Veröffentlichungen deutschsprachiger Autoren und fremdsprachige Besprechungen zu deutschen Titeln bleiben unberücksichtigt; dagegen sind deutsche Übersetzungen fremdsprachiger Veröffentlichungen ebenso wie deutschsprachige Besprechungen fremdsprachiger Werke in die Bibliographie aufgenommen. Diese Konzeption der BDAI ist ungewöhnlich und sie steht teilweise im Widerspruch zu den in der Einleitung (Bd. 1, S. X f.) formulierten Zielen. Zum einen nämlich soll sich der "Forscher" durch die Zusammenstellung der "einschlägigen Sekundärliteratur in einer der Hauptsprachen der Orientalistik in inhaltlicher Gliederung ... einen schnellen Überblick über die betreffende Literatur in zunächst einer Sprache" verschaffen können, "der ihn vielleicht auch zu Arbeiten in anderen Sprachen führt, so lange nicht ähnliche Bibliographien für weitere Sprachen vorliegen"; dadurch soll ihm Doppelarbeit erspart werden. Nun entspricht es aber keineswegs der üblichen wissenschaftlichen Arbeitspraxis, sich zunächst nur auf Literatur in einer Sprache zu beschränken, und man wird sicherlich nicht erst die deutsche Literatur lesen wollen, um über Zitate und Literaturverzeichnisse an die englische, französische usw. zu kommen. Die Doppelarbeit wird sich also kaum vermeiden lassen. Wenn man gleichzeitig erfährt, daß ähnliche Bibliographien in anderen europäischen Sprachen geplant und in Vorbereitung sind, fragt man sich, ob es nicht besser gewesen wäre, die Bibliographie in mehreren, nach der Berichtszeit oder nach sachlichen Gesichtspunkten gegliederten Teilen erscheinen zu lassen, als eine Unterscheidung nach der Publikationssprache zu treffen.

Zum zweiten wird - als "indirektes" Ziel - der wissenschaftsgeschichtliche Aspekt einer solchen Bibliographie hervorgehoben (S. XI). Wie aber soll man "die Beiträge einzelner Gelehrter zu den jeweiligen Disziplinen" einschätzen können, wenn man nur ihre deutschsprachigen Veröffentlichungen findet? Informativer wäre es gewesen, alle Publikationen deutschsprachiger Autoren zu nennen - eine Methode, die z.B. von Erika Bär in ihrer Bibliographie[5] angewendet wurde. Auch fehlen die orientalistischen Studien des 17. und 18. Jahrhunderts, die - wie in dieser Zeit üblich - lateinisch abgefaßt waren. Das mag jedoch gewollt sein, da die BDAI auch einen Beitrag zum Abbau der Vorurteile muslimischer Gelehrter gegenüber westlichen Orientalisten leisten will (S. VII f.); die Studien dieser frühen Zeit standen aber noch weitgehend in der Tradition des christlich-muslimischen Antagonismus.

Die ersten zehn Bände enthalten die eigentliche Bibliographie, Band 11 bringt Nachträge dazu. Die übrigen Bände enthalten umfassende Register. Thematisch ist die BDAI sehr breit angelegt; das Material wird in acht Hauptkapitel gegliedert:

I. Allgemeines und Hilfsmittel der Forschung [Bd. 1. 1990. - LXXI, 308, 17 S.] behandelt Handbücher, Enzyklopädien, Literaturgeschichte, Bibliographien, Zeitschriften usw., auch Handschriftenverzeichnisse, Werke zur Handschriftenkunde sowie zum Buch- und Pressewesen, ferner ein vorläufiges Literaturverzeichnis, das die ausgewerteten Bibliographien und die häufiger benutzten Zeitschriften aufführt; das Verzeichnis der Zeitschriften wird in jedem Band [außer in Bd. 3] weiter ergänzt und die vollständige Fassung ist dann in Bd. 11 zu finden.

II. Islam, Religion und Theologie, Recht und Sitte [Bd. 2 (1990). - XVI, 729 S.]

III. Arabische Sprache, Philologie [Bd. 3 (1991). - VII, 351 S.]

IV. Poesie und Prosa [Bd. 4 (1991). - XII, 371 S.]

V. Wissenschaftsgeschichte. Philosophie, Medizin und Naturwissenschaften [Bd. 5 (1991). - XVIII, 602 S.]

VI. Kulturgeschichte. Gewerbe, Handwerk und Künste [Bd. 6 (1991). - XIII, 467 S.]

VII. Geschichte, Wirtschaft und Verwaltung. Teil 1. ... bis ca. 1800 [Bd. 7 (1991). - XII, 639 S.]. - Teil 2. ... ab ca. 1800. [Bd. 8 (1991). - XI, 776 S.]

VIII. Teil 1. Geographie. Volks- und Gesellschaftskunde [Bd. 9 (1991). - XII, 472 S.] - Teil 2. Arabische Länder im 19. und 20. Jahrhundert [Bd. 10 (1992). - X, 707 S.]

Nachträge. Inhaltsübersicht. Quellen [Bd. 11 (1992). - VI, 557, 41 S.]

Die weitere systematische Gliederung des Materials innerhalb der acht Hauptkapitel ist sehr differenziert. So ist z.B. Kapitel II. Islam ... (Bd. 2) auf vier Hierarchiestufen in insgesamt 86 Untergruppen unterteilt. Die Darstellung der vollständigen Systematik umfaßt 27 Seiten (Bd 11, S. 523 - 551). Mehrfachnennungen von Titeln, die unterschiedlichen Kapiteln oder Gruppen zugeordnet werden können, sind üblich. Mehrbändige Werke, deren einzelne Teile unterschiedlichen Sachgruppen angehören, werden einmal in einer übergeordneten Gruppe aufgeführt, die einzelnen Bände dann jeweils in der entsprechenden Sachgruppe. Die bibliographischen Beschreibungen der einzelnen Titel werden ergänzt durch die Angabe von Rezensionen (nur deutsche!). Zu jedem Unterkapitel gibt es zusätzlich einen eigenen Abschnitt "Rezensionen fremdsprachiger Titel".

Der 11. Band enthält neben Nachträgen zur Bibliographie noch die systematische Gesamtübersicht sowie das um die Nachträge der Bände 2 - 10 ergänzte Literaturverzeichnis. Vollständig ist dieses dennoch nicht. Es werden bei den Zeitschriften nur die vollständig oder zumindest häufiger benutzten aufgeführt; für alle anderen muß man sich mit den Titelangaben in der Bibliographie selbst begnügen.

Die Register sind sehr aufwendig gestaltet. Allein das Autorenregister umfaßt die Bände 12 (1992) - 18 (1993). Es enthält noch einmal alle in der Bibliographie und den Nachträgen genannten Titel mit voller bibliographischer Beschreibung (ohne die Besprechungen) - ebenfalls ein ungewöhnliches Verfahren, aber für den Benutzer mit Sicherheit sehr hilfreich. Verwiesen wird jeweils auf die Fundstelle im Hauptteil (Band- und Seitenangabe). Ebenso gestaltet ist das Register der Rezensenten [Bd. 19 (1993). - 718 S.]: unter dem Namen des einzelnen Rezensenten werden (Kurz-) Titel aller von ihm (in deutscher Sprache) rezensierten Bücher aufgeführt. Für die Fundstelle der Bibliographie muß man dort allerdings im Hauptteil nachschlagen. Nach Auskunft aus dem Institut für Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften sind noch in Vorbereitung (in ein oder zwei Bänden): ein geographischer Index, ein Sachregister sowie ein - im europäischen Raum ebenfalls unübliches - Titelregister.

Die BDAI wertet nicht nur die gängigen orientalistischen Sammelwerke und Zeitschriften aus, sondern berücksichtigt in erheblichem Maße auch Quellen anderer Fachgebiete (z.B. aus der Theologie oder der Kolonialgeschichte); sie geht damit im Umfang weit über die deutschsprachigen Materialien hinaus, die im Index Islamicus für den gleichen Zeitraum verzeichnet sind. Wolfgang Behn, einer der Mitherausgeber dieser laufenden Bibliographie, hat in seiner Besprechung der ersten beiden Bände der BDAI geschätzt, daß rund 70% der dort verzeichneten Titel im Index Islamicus fehlen.[6] Dabei sind die bibliographischen Beschreibungen durchweg zuverlässig und vollständig, wie Stichproben gezeigt haben. Auch die optische Präsentation des Materials läßt an Übersichtlichkeit keine Wünsche offen.

Trotz der eingangs beschriebenen konzeptionellen Ungereimtheiten ist die BDAI ein umfassendes, zuverlässiges und nützliches Hilfsmittel für die Literaturrecherche. Gerade wegen der strikten formalen Beschränkung kann sie auch in den Informationsabteilungen der Bibliotheken als sicheres Auskunftsmittel eingesetzt werden. Es bleibt zu hoffen, daß die angekündigten Bibliographien für weitere europäische Sprachen in absehbarer Zeit erscheinen können.[7]

Walter Werkmeister


[1]
Bibliotheca orientalis = Manuel de bibliographie orientale. / J. Th. Zenker. - Leipzig, 1846 - 1861. - Bd. 1 - 2. (zurück)
[2]
Orientalische Bibliographie / unter Mitw. ... hrsg. von August Müller ... - Berlin [u.a.] - 1. [1987] (1888) - 25. 1911 (1917/22); [26]. 1926 (1928),1. - Reprint 1966. (zurück)
[3]
Handbuch der Islam-Literatur / Gustav Pfannmüller. - Berlin ; Leipzig, 1923. VIII, 436 S. - Reprint 1974. (zurück)
[4]
Index Islamicus : a catalogue [1665/1905: a bibliography] of articles on Islamic subjects in periodicals and other collective publications. - London [u.a.]. - 1665/1905 (1989) - 1981/85 (1991). - Vgl. ABUN in ZfBB 36 (1989),5, S. 458 (zu 1665/1905) und 39 (1992),2, S. 142 - 143 (zu 1981/85). - Der laufenden Berichterstattung dient der vierteljährlich mit kumuliertem Jahresregister erscheinende Quarterly index Islamicus. - 1 (1977) - 17 (1993). - Vgl. ABUN in ZfBB 25 (1978),3, S. 230. - Die Fortsetzung dieser laufenden Bibliographie heißt danach - wie die Mehrjahresbände bzw. -kumulationen - nur noch Index Islamicus. - 1994 - . (zurück)
[5]
Bibliographie zur deutschsprachigen Islamwissenschaft und Semitistik vom Anfang des 19. Jahrhunderts bis heute / Erika Bär. - Wiesbaden : Reichert, 1985 - 1991. - Bd. 1 - 2. (zurück)
[6]
MELA notes / Middle East Librarians Association. - 55 (1992), S. 20 - 21. (zurück)
[7]
Vgl. folgenden aktuellen Zeitungsbeitrag über das Institut für Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften, in dem über dessen Entstehung, die Finanzierung, die bisherigen Arbeitsergebnisse und die Pläne u.a. zur Einrichtung eines Museums berichtet wird: So manche "europäische" Erfindung hat ihren Ursprung in Arabien / von Ernst Wegener. // In: Frankfurter Allgemeine. - 94-11-14, S. 12. [sh] (zurück)

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