Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 2(1994) 3/4
[ Bestand in K10plus ]

Aux sources de l'antiquit‚ gr‚co-romaine


94-3/4-542
Aux sources de l'antiquit‚ gr‚co-romaine : guide bibliographique / J. Poucet et J.-M. Hannick. - 3. ‚d. revue et augment‚e. - Louvain-la-Neuve : Artel, 1993. - 291 S. ; 24 cm. - ISBN 2-87374-019-1 : FB 590.00. - - Früher u.d.T.: Introduction aux ‚tudes classiques. - (Artel-Distribution, c/o Erasme, pl. Baudouin Ier 2, B-5004 Namur)
[2265]

Die ersten beiden Auflagen von 1988 und 1989[1] lagen dem Rezensenten nicht vor. Das Buch ist in drei Teile von ungefähr 100, 100 und 50 S. gegliedert: 1. Sources: Hier werden die Publikationen der Quellen vorgestellt, d.h. der literarischen Werke, Inschriften, Münzen, Papyri und archäologischen Denkmäler; 2. Instruments de travail (Nachschlagewerke): gegliedert vorwiegend nach formalen Begriffen (übergreifende Sachwörterbücher und Enzyklopädien, Sprachwörterbücher, Bibliographien, Handbücher ...); 3. Bibliographie d'orientation: ca. 1.000 Titel vorwiegend aus den letzten 30 Jahren, meist ohne Annotationen und einleitende Texte, gegliedert vorwiegend nach den Teildisziplinen des Fachs (Literatur, allgemeine Geschichte, Religion, Naturwissenschaften und Technik ...). - Diese etwas eigenwillige Gliederung - statt der durchgehenden Einteilung in die Teildisziplinen wie bei den beiden anderen Werken - ist nicht immer plausibel und führt zu gewissen Unklarheiten, gestattet aber andrerseits die flexible Hervorhebung wichtiger Gebiete, z.B. der Sprachwörterbücher und der Textausgaben.

Teil 1 und 2 sind nicht, wie bei Gullath und Halton/O'Leary, primär als systematisch gegliederte Aufführung von Literaturangaben angelegt. Kleinste Einheiten sind vielmehr die einzelnen Kapitelchen, in denen durch (meist) annotierte Literaturangaben (die natürlich im Vordergrund stehen) und einleitende und/oder verbindende Texte ein Gebiet bibliographisch vorgestellt wird, die z. T. aber auch nur einem einzigen besonders wichtigen Werk (z.B. Pauly/Wissowa) gewidmet sind. Durch die Einbindung in den begleitenden Text erhalten die Literaturangaben zusätzliches Profil. In die Texte eingebaut sind weitere nützliche Informationen, die den Wert dieses Führers für die studentische Zielgruppe erhöhen (z.B.: Worum geht es in der Epigraphik? Was ist eine Festschrift?).

Die gefällige Darstellungsweise geht nicht auf Kosten der Stoffmenge, Zuverlässigkeit und Übersichtlichkeit. Die typographische Gliederung ist sorgfältig, auch im Inhaltsverzeichnis. Vor allem aber sind die Literaturauswahl und die Annotierung ausgewogen, zuverlässig und praxisnah. Die zentral wichtigen Werke wie z.B. Pauly/Wissowa und L'ann‚e philologique werden angemessen herausgehoben und gewürdigt. Das Überwiegen französischsprachiger Titel ist nicht stärker, als Deutschsprachiges vermutlich in einem deutschen Werk dominieren würde.[2] Trotz der vielen fremdsprachigen Titel sind Druckfehler kaum zu finden. Eine Besonderheit liegt darin, daß Reihen (z.B. Cambridge classical texts and commentaries), vielbändige Werke (z.B. Aufstieg und Niedergang der römischen Welt) und Literaturtypen (z.B. Festschriften) auch durch exemplarische Anführung von gut ausgewählten Einzeltiteln bzw. -teilen charakterisiert werden.

Teil 3, der in dieser Auflage neu dazugekommen ist, befriedigt noch nicht ganz; er wirkt gegenüber den Teilen 1 und 2 als Fremdkörper. In alphabetischen Listen von z.T. mehreren Dutzend blanker Titel dürfte der Student ertrinken (für Bibliothekare könnten sie eher von Nutzen sein). Die Titel sind hier durchnumeriert, was in der nächsten Auflage auch in T. 1 und 2 nachgeholt werden sollte. Die vier Register[3], bei denen man eine vollständige Erfassung der Sachtitel sehr vermißt, verweisen aber auch in T. 3 nur auf die Seiten.

Einzelbeanstandungen[4] halten sich nach Zahl und Gewicht in engen Grenzen. Der Gesamteindruck des Führers, um den die frankophonen Studierenden zu beneiden sind, ist sehr positiv.

Der Führer von Gullath ist etwas kürzer als Poucet/Hannick (kleinerer Satzspiegel, größere Typen), geht im Fächerspektrum darüber hinaus (nicht-griechisch-römisches Altertum, Mittelalter), entspricht aber im wesentlichen nur dem Teil 2. In der Angemessenheit der Literaturauswahl und der Korrektheit der bibliographischen Angaben und der Annotationen ist er etwa gleichwertig. Doch sind die Annotationen oft zu dürr und farblos und akzentuieren die relative Bedeutung der Werke zu wenig. Das Fehlen der Quellenpublikationen und der elementaren Erklärungen, die unübersichtlichere Typographie und überhaupt die sprödere Darstellungsweise lassen den deutschen Führer gegenüber dem belgischen abfallen, zumal im Hinblick auf die offenbar auch hier anvisierte studentische Zielgruppe.

Der amerikanische Führer Classical scholarship entspricht im Fächerspektrum etwa dem belgischen, in der Anlage (annotierte Titel ohne weiteren Text) eher dem deutschen; er ist titelreicher und geht in der Zielgruppe über Studierende hinaus. Doch fällt er durch schwere Mängel stark ab. Titelauswahl und Annotationen sind sehr unausgewogen: Wichtiges wird zu kurz annotiert oder fehlt überhaupt, weniger Bedeutendes und Spezielles - manchmal wie wahllos herausgegriffen - steht quasi gleichberechtigt daneben. Auch der Charakter der Annotationen variiert beträchtlich. Die Aufgliederung des Materials läßt zu wünschen übrig: Einmal findet man verschiedenartige Titel unter einer Überschrift durcheinandergewürfelt, ein anderesmal eng Zusammengehöriges verschiedenen Kapiteln zugewiesen. Druckfehler u. ä. Schnitzer u. a. durch mangelnde Deutschkenntnisse, mangelhafte Aktualität und das Fehlen eines Titelregisters vervollständigen das negative Bild.

Bernd Bader


[1]
Vgl. die Rezension der 2. Aufl. in ABUN in ZfBB 39 (1992),5, S. 435 - 438. - Im folgenden werden vergleichende Blicke auf folgende, in derselben Rezension behandelte Werke geworfen: Classical scholarship : an annotated bibliography / Thomas P. Halton ; Stella O'Leary. - White Plains, NY., 1986 (vgl. die Rezension in Classical review. - 37 (1987), S. 334 - 335) und Wie finde ich altertumswissenschaftliche Literatur : Klassische Philologie ... / Brigitte Gullath ; Frank Heidtmann. - Berlin, 1992. - (Orientierungshilfen ; 23.) (zurück)
[2]
Die ungewöhnlich starke Berücksichtigung nicht-französischsprachiger Titel sprechen die Autoren im Vorwort S. 2 an, wo sie sich auch ein wenig dafür entschuldigen, daß sie nicht über die vier Hauptsprachen Französisch, Englisch, Deutsch und Italienisch hinausgehen. (zurück)
[3]
Noms d'auteurs modernes; noms d'auteurs anciens et notabilia; sigles (Abkürzungen von Periodika und vielbändigen Werken); collections importantes (Reihen und Corpora). (zurück)
[4]
Z.B. die Angabe alter Auflagen S. 65 PGM, S. 69 Turner. Der Thesaurus linguae Latinae (S. 135) ist nach 1945 internationalisiert worden, wodurch sich die Herausgeberangabe geändert hat; das hat keines der drei Werke zur Kenntnis genommen. (zurück)

Zurück an den Bildanfang