Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 2(1994) 3/4

Finnland: Das finnische nationalbibliographische System


94-3/4-355
Finnland: Das finnische nationalbibliographische System
von
Esko Häkli

Die finnische Nationalbibliographie Suomen kirjallisuus = Finlands litteratur = The Finnish national bibliography wird von der Finnischen Nationalbibliothek, der Universitätsbibliothek Helsinki, herausgegeben. Die Bibliographie erscheint gedruckt in Monatsheften und als Jahresverzeichnis, ist aber auch in elektronischer Form als Online-Datenbank und auf CD-ROM zugänglich. Die nationalbibliographischen Daten werden heute in der maschinenlesbaren Form bereits häufiger genutzt als in gedruckter Form. Aus der arbeitsteilig durchgeführten Registrierung der nationalbibliographischen Datei zieht die gesamte Buchbranche Nutzen. Neben den wissenschaftlichen Bibliotheken bedienen sich auch die öffentlichen Büchereien und der Buchhandel dieser Daten. Im folgenden wird zunächst über die jetzigen Erscheinungsformen der Bibliographie berichtet. Danach wird ein kurzer Überblick über die frühere Geschichte der Bibliographie gegeben.

1. Die finnische Nationalbibliographie heute

Die Erfassung der neuen finnischen Literatur für die Nationalbibliographie wurde 1978 automatisiert, und seit 1990 arbeitet die Bibliographie mit Hilfe eines integrierten Online-Systems VTLS.[1] Die sog. Fennica-Datenbank der Nationalbibliographie umfaßt heute etwa 345.000 Datensätze und enthält neben den Katalogisaten der Neuerscheinungen auch Daten über ältere Literatur, die retrospektiv konvertiert wurden. Jährlich werden etwa 15.000 Neuerscheinungen und etwa 4.000 Vorankündigungen katalogisiert. Die Monographien sind momentan vom Erscheinungsjahr 1955 an registriert, die Zeitschriften bereits seit 1782, dem Erscheinungsjahr der ersten Zeitschrift. Die Konvertierung der älteren Teile der gedruckten Nationalbibliographie wird von einer separaten Arbeitsstelle der Bibliothek durchgeführt.[2] Die älteste Literatur aus dem Zeitraum 1488 - 1800 wird im Rahmen eines eigenen Projekts erfaßt.[3] Diese Datei, die im Herbst 1994 allgemein zugänglich sein wird, soll im Jahre 1995 fertiggestellt sein. Es besteht die Absicht, die Datei auch im Rahmen der Gesamtdatei des Consortium of European Research Libraries (CERL) zugänglich zu machen.

Die finnische Nationalbibliographie macht keinen Unterschied zwischen den Neuerscheinungen innerhalb und außerhalb des Buchhandels, sondern registriert alles nach gleichartigen Prinzipien. Außer der in Finnland gedruckten Literatur werden auch bestimmte Veröffentlichungen aus dem Ausland, die sog. Fennica extranea, registriert. Verzeichnet werden auf diese Weise sowohl die Veröffentlichungen finnischer Autoren im Ausland als auch ausländische Werke, die Finnland und die finnische Kultur betreffen.

Verzeichnet werden in der Datei folgende Literaturgattungen:

- Bücher, d. h. Monographien und sonstige Einzelpublikationen

- Zeitschriften und Schriftenreihen

- Audiovisuelles Material (außer Musik)

- Landkarten

- Noten (Musica practica)

Die Verzeichung der beiden letzteren Gruppen war lange ein Desiderat; sie werden erst seit 1994 erfaßt. Die Bibliothek ist jedoch bestrebt, diese Veröffentlichungen so bald wie möglich auch retrospektiv zu verzeichnen. Die Amtsdrucksachen der staatlichen Behörden und Dienststellen werden in einer separaten Bibliographie verzeichnet, die von der Parlamentsbibliothek herausgegeben wird. Die amtlichen Drucksachen der Gemeinden werden dagegen nicht registriert. Die Dissertationen werden in Form von gedruckten Büchern veröffentlicht und in der Nationalbibliographie angezeigt.

Seit 1983 wird auch ein Teil der audiovisuellen Neuerscheinungen registriert. Die Musiktonträger wurden von der Universitätsbibliothek Jyväskylä in einer bibliothekseigenen Datei katalogisiert und befinden sich momentan noch außerhalb der Fennica-Datenbank. Für die Musik ist eine eigene Datei vorgesehen, die sowohl die gedruckte Musik als auch die Musiktonträger umfassen wird.

Als Grundlage der bibliographischen Erfassung dienen grundsätzlich die Pflichtexemplare, die die Nationalbibliothek von den Druckereien, also nicht von den Verlegern, erhält. Auch wenn die größeren Druckereien ihre Produktion ziemlich schnell abliefern, hat sich dieser Weg als zu langsam erwiesen, besonders weil die Bibliotheken die zentralen Dienstleistungen der Nationalbibliographie für ihre eigene EDV-Katalogisierung nutzen. Die Fennica-Datenbank ist direkt an das Datennetz LINNEA der Hochschulbibliotheken angeschlossen, und die angeschlossenen Bibliotheken bedienen sich für die Katalogisierung der finnischen Literatur beinahe ausnahmslos der Katalogisate der Fennica-Datenbank. Die öffentlichen Büchereien erhalten die maschinenlesbaren Daten durch die Vermittlung ihres zentralen Dienstleistungsunternehmens Kirjastopalvelu Oy, mit dem die Nationalbibliothek kooperiert.

Um die Registrierung zu beschleunigen, werden neben den Pflichtexemplaren auch Belegexemplare benutzt, die die Verleger im Zusammenhang mit der ISBN-Vergabe an die Bibliothek liefern. Auf diese Weise kann die Mehrzahl der Neuerscheinungen des Buchhandels schon vor dem Eingang der Pflichtexemplare erfaßt werden, obwohl besonders die öffentlichen Büchereien die Daten noch schneller erhalten möchten, um sie schon für ihre Erwerbungsprozedur nutzen zu können.

Mit diversen organisatorischen Maßnahmen hat die Bibliothek versucht, die Katalogisierung zu beschleunigen. Seit 1978 kooperiert sie mit zwei anderen Pflichtexemplarbibliotheken, den Universitätsbibliotheken Jyväskylä und Turku, die an der Katalogisierung der Neuerscheinungen beteiligt sind. Im Jahre 1993 hat sich die Parlamentsbibliothek dieser Arbeitsgemeinschaft angeschlossen und die Verantwortung für die Katalogisierung der staatlichen amtlichen Veröffentlichungen übernommen. Die bereits erwähnte Firma Kirjastopalvelu Oy beteiligt sich ebenfalls an der Katalogisierung. Dieses arbeitsteilige Verfahren bei der Katalogisierung der Neuerscheinungen war Ende der 70er Jahre ein Novum; es war aber die einzige Möglichkeit, trotz des Mangels an Personal die Neuerscheinungen laufend zu bearbeiten. Später ist eine ähnliche Lösung auch in Großbritannien entwickelt worden.

Man war auch bestrebt, Informationen über die Neuerscheinungen schon vor ihrem Erscheinen in der Datei zu speichern. Eine Studie hat gezeigt, daß eine zentralisierte CIP-Katalogisierung in Finnland nicht machbar ist. Dennoch ist es der Nationalbibliothek gelungen, etwa 50 % der Neuerscheinungen als Vorankündigungen vor ihrem Erscheinen anzuzeigen. Die Meldungen erfolgen hauptsächlich über zwei verschiedene Kanäle. Erstens erhält die Bibliothek im Zusammenhang mit der Vergabe der ISBN-Nummern kurzgefaßte bibliographische Angaben über die Veröffentlichungen mit ISBN, die in der Datei registriert werden. Zweitens liefert das Barsortiment des Buchhandels Kirjavälitys Oy Vorankündigungen über die neuen Titel, die sie von den Verlegern erhält. Diese Vorankündigungen werden zwar nicht in der gedruckten Bibliographie angezeigt, sind aber online zugänglich und können auch von den einzelnen Bibliothekssystemen genutzt werden. Alle Vorankündigungen sind in der CD-ROM-Ausgabe der Nationalbibliographie enthalten. Die elektronischen Erscheinungsformen der Nationalbibliographie sind also schneller als die gedruckte Bibliographie.

Die aktuellen Probleme der finnischen Nationalbibliographie sind dieselben wie überall. Die Registrierung der Neuerscheinungen erfolgt nicht so zügig, wie die Bibliotheken es wünschen. Auch sind große Schriftengattungen wie gedruckte Musik und Landkarten aus den letzten Jahren unkatalogisiert geblieben. Das audiovisuelle Material, inklusive Musik auf Tonträgern, ist nur teilweise registriert. Alles dies bedeutet, daß das Profil der Fennica-Datenbank in den Augen der Benutzer undeutlich sein kann. Zwar ist in den letzten Jahren dieses und jenes verbessert worden, aber trotzdem bleibt noch viel zu tun.

1.2. Die gedruckte Nationalbibliographie

1.2.1. Grundreihe

Nach der Neuorganisation der gedruckten Bibliographie im Jahre 1972 wird die finnische Nationalbibliographie als Monats- und Jahresverzeichnis veröffentlicht. Beide Verzeichnisse werden von dem staatlichen Verlag Painatuskeskus Oy verlegt und vertrieben.


[1]
A unified automation system using VTLS for academic libraries in Finland / Esko Häkli. // In: Program. - 26 (1992), S. 239 - 248. (zurück)
[2]
Experiences of catalogue conversions in the Library of the University of Helsinki / Markku Meriranta. // In: European research libraries cooperation : ERLC ; the LIBER quarterly. - 1 (1991),4, S. 451 - 457. (zurück)
[3]
Fr†n bibliografier till bibliografi : Finlands nationalbibliografi (1488 - 1827) under bearbetning / Jussi Nuorteva. // In: Nordisk tidskrift för bok- och biblioteksväsen. - 78 (1991), S. 3 - 11. (zurück)

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