Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 2(1994) 1
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Erlanger Bibliographie zur germanistischen


94-1-054
Erlanger Bibliographie zur germanistischen Sprachwissenschaft / hrsg. von H. H. Munske und G. van der Elst. - 2., rev. und erw. Aufl. - Erlangen : Palm & Enke, 1993. - 94 S. ; 22 cm. - (Erlanger Studien ; 99). - ISBN 3-7896-0199-3 : DM 12.00
[1700]

Die Erlanger Bibliographie will den "Studierenden der Germanistischen Sprachwissenschaft und ihrer Nachbargebiete die Möglichkeit geben, sich schnell über die wichtigsten Handbücher und Monographien in den Teilgebieten dieser Fächer zu orientieren" (S. 3). Aufgenommen wurde nur selbständig erschienene Literatur mit Ausnahme einiger wichtiger Forschungsberichte. Die Titelaufnahmen geben zwar den Umfang an, verzichten jedoch auf die Nennung des Verlages. Die Titel sind nicht durchnumeriert, doch dürften es insgesamt ca. 700 sein, also etwa ein Drittel der Titel von Kreuders Studienbibliographie Linguistik (IFB 94-1-052). Ein Vergleich zwischen den beiden Bibliographien, der nahezu ausnahmslos zugunsten von Kreuder ausgeht, fördert schnell weitere markante Unterschiede zutage.

Die Anordnung des Titelmaterials verzichtet auf jegliche klassifikatorische Eleganz und erfolgt nach pragmatischen Sachgruppen. Für die Grobsystematisierung werden - wie nicht anders zu erwarten - u.a. traditionelle Einteilungen des Faches zugrunde gelegt, beispielsweise im 2. Abschnitt Linguistische Beschreibungsebenen, der der kanonisierten Reihenfolge von der kleinsten Beschreibungsebene Phonetik/Phonologie (17 Titel) bis zur höchsten Beschreibungsebene Textlinguistik (12 Titel) folgt. Ausgeklammert wird in diesem Zusammenhang befremdlicherweise die Semantik, die einer überaus umfänglichen Asylstelle, Thematische Schwerpunkte der Germanistischen Linguistik (5.), zugeordnet wird, die immerhin u.a. so unterschiedliche Gebiete wie Semantik, Pragmalinguistik, Gesprochene Sprache, Psycholinguistik, Soziolinguistik, Dialektologie, Namenkunde, Linguistische Stilistik, Fachsprache und Sprache der Massenmedien umfaßt. Der Auftrag einer Studienbibliographie, neben dem Nachweis grundlegender Literatur zugleich einen wissensorganisatorischen Wegweiser zu den fachimmanenten Ordnungsstrukturen der betreffenden Disziplin zu bieten (Kreuder gelingt dies), dürfte somit wohl kaum erfüllt werden.

Die historische Dimension der deutschen Sprache wird durch die Zahl der angeführten Titel (insgesamt 112 im Abschnitt Deutsche Sprachgeschichte) hinreichend gewürdigt. Besondere Aufmerksamkeit wird überdies neueren Teilgebieten der germanistischen Linguistik wie Deutsch als Fremdsprache, der feministischen Linguistik und der Computerlinguistik geschenkt. Auch bislang von der Germanistik eher vernachlässigte Sprachen wie Dänisch, Schwedisch, Norwegisch und Niederländisch finden die ihnen angemessene Berücksichtigung. Der regionale bzw. lokale Bezug wird deutlich in zwei eigens eingerichteten Systemstellen für Bairisch (5.6.3) und Ostfränkisch (5.6.4) sowie in der Ankündigung des Vorwortes, trotz allen Strebens nach Auswahl repräsentativer Titel mit aktuellen und zuverlässigen Informationen sowie methodischem Anspruch sei die Bibliographie "ein Spiegel des Lehrangebots, der Erfahrungen und der Interessen der Erlanger Bearbeiter" (S. 3).

Leider werden die einzelnen Titel nicht annotiert; es erfolgt lediglich eine Markierung jener Werke mit einem Sternchen, die als Einführungslektüre empfohlen werden, jener, die zum Kauf empfohlen werden, mit zwei Sternchen, und jener, die für die Computerlinguistik von besonderer Relevanz sind, mit einem Sternchen und Sigle CL. Zur einführenden Lektüre vorgeschlagen werden häufig ausgesprochene Klassiker (Trubetzkoy: Grundzüge der Phonologie), Werke mit einem universalen, kulturhistorischen Ansatz (etwa Haarmann: Universalgeschichte der Schrift) und - aus didaktischer Sicht durchaus vertretbar - auch Schriften, die den weichen, explorativen Zugang zu linguistischen Problemen eher favorisieren als den harten, technizistischen, punktuellen Zugriff (Beispiel: Porzig: Das Wunder der Sprache). Als wichtig für die Computerlinguistik werden zu Recht auch viele Werke von grundlegender linguistischer Bedeutung erachtet (Beispiel: die sprechakttheoretischen Schriften von Austin und Searle). Um den numerischen Aspekt der Selektion beispielhaft vorzustellen: Von 8 lexikologischen Werken wird eines für die Studierenden der Computerlinguistik empfohlen, von den 13 sprachgeschichtlichen Gesamtdarstellungen eine zur Einführung, eine zum Kauf empfohlen. Die vorliegenden Markierungen ersetzen freilich nicht eine echte referierende oder räsonnierende Annotation, die für den angestrebten Benutzerkreis in einer Zeit der bedrückenden Informationsflut und der weiterhin fortschreitenden Spezialisierung, ja Atomisierung der linguistischen Disziplinen dringend vonnöten wäre.

Ein Personenregister (S. 82 - 94), das Stichproben zufolge als zuverlässig gelten darf, erschließt die Namen sämtlicher in den bibliographischen Angaben vorkommenden Personen (Autoren, Herausgeber, Mitarbeiter).

Die Anschaffung der Erlanger Bibliographie ... empfiehlt sich für die Institutsbibliothek eines germanistischen Seminars, auch in einer Universalbibliothek ist sie - trotz der vorgetragenen beträchtlichen Einschränkungen - nicht gänzlich fehlplaziert; in keinem Fall jedoch gehört sie zu dem Kontingent unverzichtbarer Nachschlagewerke, das man herkömmlicherweise den Informationsapparaten zurechnen will.

Werner Bies


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