Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 2(1994) 1
[ Bestand in K10plus ]

Die KPD-Presse in den Westzonen von 1945 bis 1956


94-1-029
Die KPD-Presse in den Westzonen von 1945 bis 1956 : historische Einführung, Bibliographie und Standortverzeichnis / Christa Hempel-Küter. - Frankfurt am Main [u.a.] : Lang, 1993. - 466 S. ; 21 cm. - (Hamburger Beiträge zur Germanistik ; 17). - ISBN 3-631-46311-1 : DM 108.00
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Die Erforschung der kommunistischen Bewegung in Westdeutschland nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist ein Desiderat der historischen und politischen Forschung geblieben. Nur wenige wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Übersichtsdarstellungen und Detailforschungen wurden bisher veröffentlicht, auch Quelleneditionen und -bibliographien fehlen. Die fundamentale politische und schließlich juristisch besiegelte ideologische Auseinandersetzung mit dem innerdeutschen Kommunismus der Nachkriegszeit hat ganz offensichtlich wissenschaftlicher Beschäftigung im Wege gestanden, im Gegensatz zur ausführlichen wissenschaftlichen Thematisierung des deutschen Kommunismus der Vorkriegszeit.

So ist auch Christa Hempel-Küters Buch aus der Beschäftigung mit einem Thema des Kommunismus der Weimarer Republik, der Hamburger Volkszeitung, motiviert, bei dessen Erarbeitung sich erste Vorarbeiten für die jetzt veröffentlichte historische Einführung und Bibliographie ergaben. Im Rahmen eines VW-Forschungsprojekts ist die Arbeit danach am Historischen Seminar der Universität Hamburg 1989/90 ausgeführt und abgeschlossen worden.

Das Ziel der Autorin ist es, die Parteipresse der KPD als Quelle für die weitere Forschung zu erschließen, da sie als Quelle für die bisherige Erforschung des Nachkriegskommunismus nur wenig herangezogen worden ist. Der Bibliographie schickt sie eine nahezu 150 Seiten umfassende Einführung in die Geschichte der KPD-Presse voraus, die die wissenschaftliche Literatur aufarbeitet und die Rahmenbedingungen für die in der Bibliographie behandelten Presseerzeugnisse aufzeichnet. Hier wird das Sachwissen mitgeteilt, das erst das Verständnis für die politisch wenig erfolgreiche und sich im Lauf des einen Jahrzehnts ihrer legalen Existenz verlaufende und marginalisierende Pressearbeit der KPD begründet. Im Anhang zur Darstellung folgen kurze Einzeldarstellungen Stuttgarter Unternehmungen, Daten von weiteren 21 Unternehmen aus den Akten des Bundesarchivs Koblenz, ein Überblick und eine Liste von zeitweiligen Verboten, zusammengetragen aus verschiedensten Quellen. Die für den Darstellungsteil durchgesehene Literatur ist leider nur den Fußnoten zu entnehmen, ein Register fehlt.

Das Hauptgewicht des Buches liegt auf der in Autopsie und auf der Basis von Sekundärliteratur erarbeiteten Bibliographie der KPD-Presse. Diese geht allerdings weit über eine bibliographische Beschreibung hinaus und führt über Titel, Untertitel, Herausgeber, Erscheinungsort, Erscheinungszeit und -art (einschließlich aller jeweiligen Änderungen) hinaus auch Daten zu Lizenz, Lizenträger, Druckerei, Redaktion, Preis, Auflage, Leserstruktur, Verbreitungsgebiet, Verknüpfungen (z.B. auch Tarnschriften) und Fundorte auf und belegt alle Daten mit Quellennachweisen respektive dem Hinweis auf Autopsie. Dieses Beschreibungsschema kann jedoch nur in den wenigsten Fällen vollständig, in der Mehrzahl nur zum Teil und in vielen nur rudimentär mit Daten gefüllt werden, was angesichts des Gegenstandes der Bibliographie aber nur zu verständlich ist. Die angestrebte Ausführlichkeit in der Beschreibung macht zudem deutlich, wie wenig im einzelnen noch über die Presseorgane bekannt ist und wie unvollständig und disparat die Überlieferung ist. So können z.B. viele Titel von Betriebszeitschriften nur aufgrund ihrer Auflistung in einer zeitgenössischen, tendenziösen Liste von Arbeitgeberseite aufgeführt werden, deren Absicht es zweifellos war, die "kommunistische Gefahr" in den Betrieben überdeutlich zu markieren.

.sn Das Titelverzeichnis der KPD-Presse gliedert die Autorin detailliert in 36 Gruppen mit den Hauptgruppen Theoretische Zeitschriften, Mitgliederzeitschriften und Mitteilungen für besondere Zielgruppen, Presse- und Informationsdienste, Tages- und Wochenzeitungen (alle aufgeteilt in zentrale und regionale Organe), schließlich Betriebszeitungen und Gemeinde-, Ort- und Stadtteilzeitungen. Ein Titelregister, ein Personenindex, je ein Ortsregister für die Organe der Grundeinheiten respektive zu den Tages- und Wochenzeitungen erschließen die Auflistung der in den Gruppen jeweils numerierten Zeitungen und Zeitschriften. Die Benutzung der Register ist etwas umständlich, da nur vom Titelregister auf die Seitenzahlen der Bibliographie verwiesen wird, während die übrigen Register auf das Titelregister verweisen.

Vermögen historische Einführung und Bibliographie zu überzeugen, so muß das Urteil zum im Untertitel so genannten Standortverzeichnis kritischer ausfallen. Die Autorin hat die wichtigsten einschlägigen Archive und Pflichtexemplarbibliotheken in Westdeutschland bereist, deren Bestände eingesehen und jeweils als Beleg angegeben. Bereits hier haben sich kleinere Ungenauigkeiten eingeschlichen (zumindest was die Bremer Bestände angeht), keineswegs sollten aber die Fundortbelege als Standortverzeichnis ausgegeben werden, dazu sind sie zu rudimentär und eben auf die bereisten Bibliotheken beschränkt. Aus heutiger Sicht kommt gravierend hinzu, daß die Bestände der Deutschen Bücherei Leipzig nicht eingesehen wurden, obwohl die Autorin weiß, daß dort "mit einigen nicht gravierenden Lücken alle Jahrgänge der gesamten westdeutschen KPD-Tagespresse überliefert sind" (S. 13).

Zusammenfassend ergibt sich, daß die Autorin eine gut lesbare und den Forschungsstand wiedergebende Pressegeschichte der Nachkriegs-KPD vorlegt, dazu eine beeindruckende Bibliographie, die allerdings einige Unsicherheiten bei den nicht in Autopsie geprüften Titeln aufgrund der ausgewerteten, z.T. tendenziösen Quellen aufweist, nicht allerdings ein Standortverzeichnis, da nur wenige Standorte im Sinne eines Fundortbelegs angegeben werden. Für die erklärte Absicht, die KPD-Presse als Quellenmaterial aufzuarbeiten, mag das voll und ganz ausreichen, für Bibliothekare, die sich einen Standortkatalog erhoffen, leider nicht.

Wilbert Ubbens


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