Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 1(1993) 1/2
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Deutsche Bibliothekskataloge im 19. Jahrhundert


93-1/2-041
Deutsche Bibliothekskataloge im 19. Jahrhundert : analytisches Repertorium / hrsg. von Paul Kaegbein. Bearb. von Martin Schenkel ... - München [u.a.] : Saur. - Teil 1 - 2. ; 25 cm. - (Beiträge zur Bibliothekstheorie und Bibliotheksgeschichte ; 6). - ISBN 3-598-22173-8 (Gesamtwerk) : DM 196.00
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93-1/2-042
Die deutsche Leihbibliothek : Geschichte einer literarischen Institution (1756 - 1914) / Alberto Martino. Mit einem zusammen mit Georg Jäger erstellten Verzeichnis der erhaltenen Leihbibliothekskataloge. - Wiesbaden : Harrassowitz, 1990. - XV, 1170 S. ; 25 cm. - (Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen ; 29). - ISBN 3-447-02996-X : DM 398.00
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Die Anregung zu dieser von der DFG finanziell geförderten Bibliographie geht auf das Wolfenbütteler Kolloquium "Bibliothekskataloge als buchgeschichtliche Quelle" von 1982 zurück. Entgegen der im Titel angegebenen Berichtszeit werden allerdings nur die Jahre 1815 - 1880 behandelt, jedoch unter Einbeziehung der davor erschienenen Vorauflagen sowie der darauf folgenden späteren Auflagen und Nachträge. Berücksichtigt sind nur selbständig erschienene Kataloge für den Gesamtbestand, dazu solche "der Handbibliotheken der Lesesäle, der Kartenbestände, der Musikalien, der Zeitschriften etc." (S. XXI), während solche von Handschriften und Inkunabeln ausgeschlossen werden, eine Entscheidung, die zumindest für letztere nicht einleuchtet. Ausführlich, "analytisch", d.h. mit detaillierter Aufführung des Inhalts, der Systematik, der Beigaben etc. sind 963 gedruckte Kataloge von 470 Bibliotheken in 161 deutschen Städten verzeichnet, dazu weitere 152 Kataloge, eckig geklammert und ohne inhaltliche Beschreibung, die nur bibliographisch ermittelt, "aber innerhalb der Laufzeit des Projekts nicht mehr beschafft werden konnten"; warum dann nicht in derselben Weise auch weitere 250 Kataloge, "die infolge der zeitlichen Beschränkung im Leihverkehr nicht mehr bestellt werden konnten", zumindest in derselben Weise verzeichnet wurden, ist nicht einzusehen, hätten doch Benutzer, die nicht zeitlichen Beschränkungen unterliegen, dann wenigstens die Möglichkeit gehabt, die Titel zur Kenntnis zu nehmen und selbst über die Fernleihe zu besorgen. Anlage im Ortsalphabet, innerhalb gleichfalls alphabetisch nach dem vorliegenden Namen der Bibliothek, nicht etwa unter der sie betreibenden Körperschaft. Die Übersichtlichkeit ist dank mangelhafter typographischer Gestaltung des der Vervielfältigung zugrundeliegenden Typoskripts leider äußerst ungenügend. Registerband mit 1. Sachregister zu den Systemstellen und Einzelbegriffen der analysierten Kataloge, dazu eine Übersicht über die Sachbegriffe nach einer fachlichen Grobklassifikation; 2. Register der Bibliotheken und der sie tragenden Körperschaften (nach RAK); 3. Personenregister. An der langen und mit zahlreichen Endnoten (leider nicht Fußnoten, obwohl das heute jedes bessere Textverarbeitungsprogramm kann[1]) gut dokumentierten Einführung von Martin Schenkel stört die wiederholte Lamentatio darüber, daß das Projekt in dem von der DFG bewilligten Zeitrahmen nicht wirklich abgeschlossen werden konnte. Nun mag es sein, daß die DFG bei einem so kleinen Projekt weniger Langmut zeigt, als bei der Katalogisierung von mittelalterlichen Handschriften, doch sollte man daran erinnern, daß Bibliographien dieser Größenordnung früher auch wohl schon einmal ganz ohne DFG-Finanzierung zum Abschluß gebracht wurden oder daß es vielleicht auch möglich gewesen wäre, den Rest aus Eigeninitiative noch einzubringen. So liegt jetzt eine fragmentarische Bibliographie vor, und ob die anschließende Epoche von 1881 - 1914,[2] für die im Rahmen dieses Projekts gleichfalls Material zusammengetragen wurde, Gegenstand eines weiteren Bandes werden kann, wird gleichfalls von einer Alimentierung durch die DFG abhängig gemacht. Daß trotzdem auf der Grundlage dieser unfertigen Bibliographie gleichwohl (DFG-geförderte) Untersuchungen zu bibliotheksgeschichtlichen und lesersoziologischen Themen entstehen werden, ist anzunehmen und sicher auch reizvoll.

Aus dem in der Einführung (S. XXII) zur gerade besprochenen Bibliographie Gesagten müßte man eigentlich schließen, daß sie auch Leihbibliothekskataloge verzeichnet; Stichproben sprechen allerdings für das Gegenteil. Eine Berücksichtigung hätte allerdings auch zu einer weitgehenden Überschneidung mit dem in der gewichtigen Untersuchung von A. Martino enthaltenen "Verzeichnis der erhaltenen Leihbibliothekskataloge mit Standortnachweisen" geführt, das auf einer Sammlung von Reproduktionen beruht, die mit finanzieller Unterstützung u.a. der DFG zusammengestellt wurde und die im Historischen Archiv des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in Frankfurt zugänglich ist. Dieses Verzeichnis enthält in zwei Teilen - für die kommerziellen und die religiösen Leihbibliotheken - Kataloge aus 104 bzw. 11 Orten der deutschsprachigen Länder (sowie aus Orten anderer Länder mit deutschsprachigem Lesepublikum), wobei die stark schwankende Zahl der für die einzelnen Orte nachgewiesenen Kataloge nur durch die Gunst oder - zumeist - Ungunst der Überlieferung zu erklären ist (so im Teil 1 für Braunschweig zwanzigeinhalb Seiten, für Stuttgart Fehlanzeige[3]). Daß diese Untersuchung in dem vorstehend besprochenen Werk nicht zitiert wird (zitiert werden nur vorbereitende Publikationen), ist doch sehr verwunderlich, bietet sie doch nicht nur die genannte Bibliographie der Leihbibliothekskataloge, sondern arbeitet das Material auf dieser Quellenbasis auf, was den Verfasser statt dem ursprünglich vorgesehenen einen Jahr deren drei kostete; aber glücklicherweise gibt es auch noch Autoren, die sich trotz einer solchen Fehleinschätzung nicht davon abhalten lassen, eine große Untersuchung[4] fertigzustellen, die hier nur wegen ihres bibliographischen Teils angezeigt wurde.

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[1]
Bei der Numerierung der Endnoten ist irgendwo etwas schiefgegangen, geht doch die Numerierung im Text bis 73, in den Endnoten bis 72. (zurück)
[2]
Hier die Titel von einschlägigen Katalogen, die im Zettelkatalog der Württembergischen Landesbibliothek - da zu einer erst neuerdings allein durch ein Findbuch erschlossenen Nebenreihe "Kleine Württembergische Drucksachen" gehörig - nicht enthalten und damit auch im Zentralkatalog Baden-Württemberg nicht nachgewiesen sind; Sitz der Bibliotheken ist in allen Fällen Stuttgart; [in Klammern die Signaturen]:
Bücher-Verzeichnis der Bürger-Gesellschaft in Stuttgart. - 1911. - 107 S. [A25C/1,948]. - Catalogue de la BibliothŠque du Cercle de Conversation Fran‡aise … Stuttgart - 1895. - 10 S. [A25C/1,971]. - Katalog der Bibliothek des Deutschen Krieger-Vereins "Königin Olga". - 1893. - 59 S. [A25C/1,1065]. - Katalog der Bibliothek der Sektion "Schwaben" des Deutschen & Österr. Alpenvereins. 1. Nachtrag. - 1890. - 8 S. [A25C/1,1142]. - Hauptkatalog der Sektion Schwaben des Deutschen und Österreichischen Alpen-Vereins. 1. Nachtrag. - 1899. - 12 S. [A25C/1,1143]. - Katalog der Bibliothek und Photographien-Sammlung der Sektion "Schwaben" des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins. 1. Nachtrag / zsgest. von Rudolf Mohl. - 1912. - 28 S. [A25C/1,1144]. - Bücherverzeichniß / Fachverein der Buchbinder etc. in Stuttgart. Nachtrag. - 1888. - [2 S.] [A25C/1,1359]. - Bücher-Verzeichniß / Fachverein der in Buchbindereien und Verwandten Betrieben Beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen. - 1892. - 15 S. [A25C/1,1360]. - Verzeichnis der in der Bibliothek des Güterbesitzer-Vereins vorhandenen Bücher. - 1891. - 62 S. [A25C/1,1562]. - Bibliothek-Katalog der Johannis-Loge Wilhelm zur Aufgehenden Sonne im Orient, Stuttgart. - Nachtrag 1880/93 (1894). - 14 S. [A25C/1,1876]. - Bibliothek-Katalog des Katholischen Arbeitervereins Stuttgart. - 1903. - 54 S. [A25C/1,1647] & Nachtrag 1905. - 7 S. [A25C/1,1648]. In beiden Fällen hat der Drucker von Hand die Auflagenhöhe notiert: 1000. - Katalog zur Bibliothek des Kathol. Kaufmänn. Vereins "Lätitia". - 1898. - 23 S. [A25/1,1684]. - Bibliothek-Katalog des Katholischen Lesevereins Stuttgart. - Nachtrag. - 1901. - 16 S. [A25C/1,1692]. - Bücherverzeichnis der Bibliothek des Kaufmännischen Vereins Stuttgart. - 7. Ausg. - 1904. - 71 S. [A25C/1,1714]. - Bücherverzeichnis / Bibliothek des Kaufm. Vereins Stuttgart. Nachtrag 1909/15 [1915]. - 21 S. [A25C/1,1715]. - Bücherverzeichnis der Kartellbibliothek Stuttgart. / Ortskartell der christlichen Gewerkschaften. - 1914. - 7 S. [A25C/1,2005]. Die Auflage betrug 1500. - Nachtrags-Katalog der Pädagogischen Lesegesellschaft Stuttgart Amt. 1877/88. - 8 S. [A25C/1,2009]. - Katalog der Pädagogischen Lesegesellschaft Stuttgart Amt. 1902. - 25 S. [A25C/1,2010]. - Katalog des Stolze'schen Stenographen-Vereins Stuttgart. - 1893. - 12 S. [A25C/1,2323]. - Katalog der Bibliothek des Stuttgarter Ev. Schullehrer-Lesevereins. - 1898. - 55 S. [A25C/1,2373]. - Bibliothek-Katalog / Stuttgarter Liederkranz. - 1885, Nachtr. Juli 1890. - 11 S. - [A25C/1,2421]. - Katalog der Bibliothek des Stuttgarter Liederkranzes. - 1897. - 89 S. [A25C/1,2422]. - Bücherverzeichnis der Bibliothek des Stuttgarter Liederkranzes. - Nachtrag 4. - 1917. - 6 S. [A25C/1,2423]. - Bibliothek des Vereins Evangelischer Lehrer in Württemberg. - 1896. - 4 S. (Enthält: 1. Satzungen; 2. Bücherverzeichnis). [A25C/1,2891]. - Verzeichnis der in der Bibliothek des Vereins der Hundefreunde vorhandenen Bücher, Zeitschriften etc. - 1890. - 4 S. [A25C/1,2825]. - Satzungen des Württembergischen Notariats-Vereins und Bücher-Verzeichnis der Bibliothek dieses Vereins. - 1896. - 15 S. [A25C/1,3435]. - Bücher-Verzeichnis der Bibliothek des Württembergischen Obstbau-Vereins. - 1899. - 19 S. [A25C/1,3438].
Diese nicht ohne Absicht vorgenommene Auflistung gibt einerseits einen Eindruck von der Art der Kataloge auch in der hier besprochenen Bibliographie und belegt andererseits die dort getroffene Feststellung, daß diese Kataloge "oft nur noch in wenigen Exemplaren erhalten geblieben sind" (S. VII), und man muß hinzufügen: wenn sie überhaupt aufbewahrt wurden. So haben sich die aufgeführten Titel nur deswegen erhalten, weil sie in einer Nebenreihe bis vor kurzem unkatalogisiert die Zeit überstanden haben und dort, wo sich nur Nachträge erhalten haben, fehlen die Grundwerke aus unerklärlichen Gründen völlig oder sind, da im normalen Bestand beim Fach Literärgeschichte eingestellt, mit letzterem im Krieg verbrannt (so der Katalog der Bibliothek der Sektion "Schwaben" des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins / Rudolf Mohl, von dem die drei Ausgaben 1887, 1895 und 1902 vorhanden waren). (zurück)
[3]
Hier erbrachte der Normalbestand der Württembergischen Landesbibliothek gar nichts und der gerade zitierte Sonderbestand nur einen einzigen Titel für die Zeit bis 1914: Hauptkatalog der Leihbibliothek von Emil Gutzkow. 6. Nachtrag. - 1892. - 21 S. [A25C/1,228]. Ohne Erscheinungsjahr, aber wohl in die zwanziger Jahre zu datieren (die Akzessionierung erfolgte 1929 und 1930, doch dürfte es sich um eine nachträgliche Ablieferung gehandelt haben) liegen die relativ umfangreichen Ausgaben [1] - 3 vom Katalog der Leihbibliothek / Hermann Tietz. - Stuttgart sowie der Nachtrag zu dessen 2. Ausg. vor [A26C/185]. Hermann Tietz mußte allerdings nicht von seiner Leihbibliothek leben, betrieb er doch im Hauptgeschäft ein großes Kaufhaus (heute Hertie) mit "von Fachleuten geleiteten Spezial-Abteilungen" auf sieben Etagen, wie es in einer Werbung auf dem Umschlag zu einem der Kataloge heißt. (zurück)
[4]
Ein Resümee der Ergebnisse kann man in der Rezension von Raimund Kast in Buchhandelsgeschichte. - 1992,4, S. B154 - B155. - (Börsenblatt für den deutschen Buchhandel ; 159 (1992),100, Beil.) nachlesen. (zurück)

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