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Den Universitäten - auf der institutionellen Ebene die Zentren von
Wissenschaft und Bildung im frühneuzeitlichen Alten Reich - hat die
historische Forschung schon seit jeher große Aufmerksamkeit gewidmet.
Im Mittelpunkt stand und steht jedoch meist die Erforschung des
wissenschaftlichen Denkens im Rahmen einer "klassischen"
Institutionen- und Gelehrtengeschichte.[1] Die Distribution von Wissen
im alltäglichen akademischen Lehrbetrieb, die Lehrinhalte, Lehr- und
Lernmethoden, Qualifikationsanforderungen und die Studentenpopulation
als Ganzes werden dagegen erst in jüngster Zeit intensiver - und zwar
insbesondere für die Juristen - erforscht.[2] Gerade die Untersuchung
der Lehrpraxis der juristischen Fakultäten in Verbindung mit einer
sozialhistorischen prosopographischen Analyse der "Studentenschaft"
bzw. der Studienverläufe und den sich anschließenden Berufskarrieren
liefert zentrale Erkenntnisse über die Professionalisierung des
Juristenstandes.[3] Stellten doch die wissenschaftlich ausgebildeten
Juristen seit dem 16.Jahrhundert einen wesentlichen Anteil der
frühneuzeitlichen Funktionseliten und spielten eine maßgebliche Rolle
bei der Entstehung des modernen Staates.[4]
Eine Sozial- und Wissenschaftsgeschichte der Professionalisierung der
Juristen wird folglich insbesondere zwei Forschungsfelder in den Blick
nehmen:
1) die prosopographische Rekonstruktion der juristischen Population
des Alten Reiches auf der Basis der Studienverläufe und der
Berufskarrieren;
2) die Rekonstruktion der konkreten Lehr- und Qualifikationspraxis und
damit die Diffusion von Wissen in der universitären Ausbildung.
Beide Fragestellungen können nur vergleichend auf breiter
repräsentativer Materialbasis behandelt werden. Insofern kommt als
Quelle vor allem das kaum überschaubare Korpus der gedruckten
juristischen Dissertationen bzw. Disputationen in Frage, von denen
umfangreiche Bestände in alten Bibliotheken aufbewahrt werden, die
jedoch bislang von der rechtshistorischen Forschung als auch
hinsichtlich einer bibliographischen Erschließung häufig und zu
Unrecht als "zweitrangiges Massengut" abgetan wurden.[5]
Scheint es sich doch auf den ersten Blick um eine Literaturgattung zu
handeln, die lediglich bereits bekanntes Wissen zu Prüfungszwecken
kompiliert. Seit dem 16. Jahrhundert hatte sich an den Universitäten
des Alten Reiches zunehmend der Gebrauch herausgebildet, den
mündlichen Disputationen, die meist unter der Leitung eines
Hochschullehrers (des Präses) zu Übungs- und Qualifikationszwecken
(Erlangung eines akademischen Grades) abgehalten wurden, schriftliche
Ausarbeitungen zugrunde zu legen, die der Disputationskandidat (der
Respondent) zu verteidigen hatte. Da jeder Student mehrere
Disputationen zu verschiedenen Anlässen während seines Studiums
absolvieren mußte, sind eine Vielzahl funktional höchst
unterschiedlicher akademischer Schriften überliefert, die von
Disputationsankündigungen und "einfachen" Übungsarbeiten bis hin zu
eigenständigen Ausarbeitungen des Respondenten zur Erlangung eines
akademischen Grades (der heutigen Doktorarbeit entsprechend) reichen,
bibliothekarisch allerdings (im Anschluß an die Preußischen
Instruktionen) generell als "ältere Dissertationen" bezeichnet und
unter dem Namen des Präses verzeichnet werden.[6]
Sieht man von dem (wohl nicht völlig zu klärenden) Problem der
Autorenschaft - Präses oder Respondent - ab[7] und erfaßt
über die
einfache bibliographische Erschließung hinaus auch biographische Daten
des Respondenten, die vielfach in den Dissertationen enthalten sind,
sowie Datum, Universitätsort, Form, Zweck und Thematik der
Dissertationen (um nur einige basale Daten zu nennen) und verknüpft
dies mit den Universitätsmatrikeln, erhält man fundierte Erkenntnisse
über Studium und Karriere nahezu der gesamten graduierten
Juristenschaft des Alten Reiches. Darüber hinaus können über die
quantitative und qualitative Analyse der disputierten Themen
Schwerpunkte der universitären Wissensvermittlung und die
Ausdifferenzierung des Faches rekonstruiert wie auch das Aufkommen
neuartiger oder origineller Thematiken lokalisiert werden.
2. Geschichte des Projekts
Von diesen Prämissen ausgehend wurde im Rahmen einer Arbeitsgruppe am
Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt am
Main ein von Filippo Ranieri konzipiertes und bis 1992 geleitetes
Forschungsprojekt betrieben, das mittels einer Datenbank (auf der
Basis des Siemens-Programmes GOLEM) bzw. einem gedruckten Repertorium
die juristischen Dissertationen und die graduierten Juristen des Alten
Reiches (ca. 1550-1800) sowohl in biographisch-prosopographischer als
auch in bibliographischer Beziehung erschließt.[8] Materielle Basis
ist
eine umfangreiche Sammlung des Instituts von über 70 000 juristischen
Dissertationen.
Darüber hinaus wurden ca. 21 000 juristische Schriften des Alten
Reiches einbezogen, die von der Stadt- und Universitätsbibliothek
Frankfurt dem Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte als
Leihgabe zur Verfügung gestellt und deren Erschließung von 1989 bis
1993 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wurde. Es
handelt sich hierbei um eine Sammlung, die der Frankfurter Ratsherr
und Jurist Heinrich Wilhelm Lehnemann (1723-1802) gegen Ende des 18.
Jahrhunderts angelegt und der Stadtbibliothek vermacht hatte.[9] Die
durchaus repräsentative Smmlung Lehnemann enthält nicht nur über 16
000 juristische Dissertationen und universitäre Gelegenheitsschriften
(wie z. B. Programmata, Prolusiones, Orationes academicae, Epistolae,
Gratulationsschriften) der Jahre 1558 bis 1802, sondern auch sonstige,
teilweise seltene und interessante juristische Schriften des 17. und
18. Jahrhunderts, meist zu Themen der Verfassung des Alten Reiches (z.
B. das Verzeichnis der Gesandten des Immerwährenden Reichstags zu
Regensburg[10]) oder aus der Feder bekannter Reichspublizisten wie Johann
Stephan Pütter oder Johann Jacob Moser stammend.
Insgesamt standen mit den institutseigenen Dissertationen und der
Sammlung Lehnemann dem Projekt über die Hälfte aller nachweisbaren
juristischen Dissertationen der Universitäten des Alten Reiches zur
Verfügung.
Zunächst konzentrierten sich die Arbeiten neben der bibliographischen
Verzeichnung auf die inhaltliche Erschließung der Dissertationen durch
die Vergabe von Schlagwörtern nach einem vorgegebenen hierarchischen
Sachindex und einer zusätzlichen automatischen Deskription der Titel
(über PASSAT, eine Retrievalkomponente von GOLEM) und die
biographische Komponente: Ausgehend von den erfaßten Dissertationen
wurden biographische Daten recherchiert, Kurzbiographien der
Respondenten erstellt und mehrere Bände des bio-bibliographischen
Repertoriums publiziert sowie ein Datenpool von ca. 30 000 Datensätzen
(Respondenten bzw. Dissertationen) erarbeitet.[11]
Nach der Berufung von Filippo Ranieri und aufgrund einer kompletten
Umstellung der EDV des Instituts auf das Betriebssystem DOS wurde das
Projekt unter der Leitung von Karl Härter zeitweilig auf die von der
Deutschen Forschungsgemeinschaft weiterhin geförderte bibliographische
Erfassung der Schriften beschränkt. Grundlage und Bedingung der
Fortführung war die Vereinbarung mit der Deutschen
Forschungsgemeinschaft und dem Leihgeber, daß die Titelerfassung in
einer zumindest an RAK-WB angenäherten Form erfolgte und die Daten
nach Abschluß des Projektes im MAB-Format der Stadt- und
Universitätsbibliothek Frankfurt am Main übergeben werden konnten.
Aus diesen Gründen wurde mit dem EDV-Programm LARS im Juli 1992 eine
neue, komplexe Datenbank implementiert, die eine Titelaufnahme nach
RAK-WB, die Datenausgabe in das MAB-Format und eine Fortführung der
wissenschaftlichen Zielsetzung des Projektes ermöglichte; sie mußte
folglich auch die vor diesem Zeitpunkt erfaßten und zu konvertierenden
Titelaufnahmen der Sammlung Lehnemann aufnehmen.
3. Voraussetzungen und Ausgangsbedingungen
Grundsätzlich war ein Sprung von einem historisch-prosopographischen
Projekt, das über den Titelnachweis der Disputationsschriften die
Rekonstruktion der Respondentenviten bezweckte, hin zu einem
Katalogisierungsprojekt, das die Bestandserschließung unter dem
Gesichtspunkt bibliothekarischer Standards zum Gegenstand hatte, zu
bewältigen. Zum Zeitpunkt der Projektzäsur waren bereits circa 6 000
Lehnemann-Signaturen im Datenpool der Dissertationendatenbank
nachgewiesen, die übernommen werden sollten. Erste Überlegungen, die
Katalogisierung und den projektierten Datentausch auf der Grundlage
des für das Dissertationenprojekt entwickelten Datenschemas zu
bewerkstelligen, erwiesen sich jedoch als undurchführbar. Die
Datenstruktur der ursprünglichen Dissertationendatenbank wie auch die
Aufnahmerichtlinien des Repertoriums waren entsprechend des
bio-bibliographischen Dokumentations- und Forschungsinteresses
eingerichtet worden. Das Datenschema umfaßte nicht nur ein Segment zum
Nachweis der Titeldaten, sondern ebenso, sowohl im Format definierter
Einzelfelder wie auch im Volltext-Format, Erfassungssegmente für die
biographischen Informationen zu Herkunft und Werdegang der
Respondenten.
Die Differenz zwischen der Titelaufnahme des Dissertationenprojekts
und einer Katalogisierung nach RAK-WB mag im vorliegenden Zusammenhang
der Hinweis illustrieren, daß die Dissertationendatenbank
Titelinformationen gänzlich in normierten Datenfeldern abbildete,
hingegen beschreibende Kategorien für die Wiedergabe der Vorlage
(Verfasserangabe, Erscheinungsvermerk u.a.) außer dem Datenfeld für
den Sachtitel nicht vorgesehen waren. Ähnlich formalisiert wurden
verschiedene Ausgaben bzw. Auflagen eines Titels durch an die
Titeldaten angehängte Kerninformationen (Erscheinungsjahr,
Erscheinungsort, Fundstelle) nachgewiesen, ohne daß hierzu eigene
Datensätze anzulegen waren, wie dies nach RAK bzw. im MAB-Format
geschieht. Im Ganzen verzeichnete die Datenbank Titelmaterial
unterschiedlicher Herkunft, denn nicht nur die lokalen Bestände der im
Besitz des Max-Planck-Instituts sich befindenden
Disputationensammlungen wurden für das Repertorium erschlossen,
sondern berücksichtigt und in die Datenbank aufgenommen wurden auch
über die Auswertung von Katalogen, Verzeichnissen und anderer
Sekundärquellen Standortnachweise externer Bestände und Zitierungen.[12]
Die Verlagerung des Projektziels auf die Erschließung der Sammlung
Lehnemann erforderte so nicht nur eine Angleichung der
Aufnahmekriterien und Erfassungsregeln an die Regelungen der RAK-WB,
sondern auch eine Überarbeitung und Erweiterung des logischen
Datenmodells. Allerdings war die Zielsetzung hinsichtlich des
Katalogisierungsniveaus durch die bereits erfaßte Datenmenge und die
Absicht, die im Projektverlauf noch zu erschließenden Titel weiterhin
für das Repertorium nutzen und in dem hier gültigen Datenschema
austauschen zu können, weitgehend vorgegeben. Gleichsam interpolierend
zwischen dem Status quo der bisherigen Erfassungspraxis, den
Anforderungen einer Katalogisierung nach RAK-WB und den Erfordernissen
eines strukturierten Datentausches im MAB-Format wurden gemeinsam mit
der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt/Main bzw. der
Verbundzentrale des Hessischen Bibliotheksinformationssystems
HEBIS-KAT als dem Adressaten des Datentausches anhand typischer
Aufnahmebeispiele Erfassungsschemata erarbeitet, die der weiteren
Katalogisierung und der Konversion der bereits erfaßten Titeldaten in
das MAB-Format zugrundegelegt wurden.[13]
4. Katalogisierungsniveau und Projektplanung
Angestrebt wurde ein an RAK angenähertes Katalogisierungsniveau, das
es erlaubte, die bereits erfaßten Daten weitgehend maschinell, über
automatisierte Algorithmen in das Zielformat umzusetzen. Dies wurde
erreicht, indem die stark normierende, auf eine analytische
Datenstruktur bezogene Erfassungspraxis des Dissertationenprojekts als
Gerüst beibehalten wurde und aus dieser normierten Struktur über
Umsetzungsprozeduren (Umstellung der Feldinhalte, additive Verknüpfung
der Einzelfelder u. ä.) die entsprechenden RAK-Kategorien generiert
wurden. In Kauf genommen wurde dabei, daß bibliographisch
beschreibende Kategorien, die RAK für die Wiedergabe der Vorlageform
vorsieht, mit normierten Angaben besetzt wurden. Allerdings konnte so
die manuelle Nachbearbeitung der vorhandenen Titelaufnahmen, deren
Korrektur bei einer anderen Vorgehensweise über intelligente
Einzeleingriffe und erneute Autopsie oder über eine komplette
Rekatalogisierung hätte erfolgen müssen, auf ein Mindestmaß
eingegrenzt werden. Auch die weitere Katalogisierung war so in einer
an der bisherigen Praxis orientierten Form möglich.
Mit der Projektzäsur umfaßte die Erschließung der Sammlung Lehnemann
somit das folgende Arbeitsprogramm: Zum einen war der noch nicht
erschlossene Bestand der Sammlung Lehnemann entsprechend der
Erfordernisse für den Datentausch zu katalogisieren. Dies beinhaltete
neben der Titelaufnahme auch den Aufbau einer Namensdatei, die die
normierten Ansetzungsformen sowie die Verweisungs- und Vorlageformen
der Personennamen entsprechend der Ansetzungsregeln der RAK bzw. über
einen Abgleich mit der Personennamen-Datei (PND) berücksichtigt
wurden. Zum anderen waren die im Zusammenhang des
Dissertationenprojekts bereits erschlossenen Altdaten in das an eine
RAK-Katalogisierung angenäherte Datenformat umzusetzen und in einer
Datenbank mit den Neuaufnahmen zusammenzuführen. Soweit die
Altaufnahmen auf rein maschinellem Weg nur unvollständig in das
Zielformat umgesetzt werden konnten, waren diese sodann redaktionell
zu überarbeiten. Die intellektuelle Korrektur betraf generell die
Ansetzungsbereiche, das heißt insbesondere die Ansetzung der
Personennamen, sowie das Splitten des bisher einwertigen Titelfelds in
die entsprechenden Sachtitelkategorien nach RAK (Hauptsachtitel,
Hauptsachtitel-Zusatz etc.). Ebenso waren sämtliche Titelaufnahmen,
für die aus den "Altaufnahmen" nur Rumpfdaten übernommen werden
konnten (vor allem Folgeauflagen, Sammelwerke,
Stücktitel-Gesamtheiten), per erneuter Autopsie nachzuerfassen.
In einer dritten, abschließenden Projektphase war schließlich der
gesamte Datenbestand in das MAB-Format zu übertragen, so daß die
physikalische Übergabe der Daten an die Stadt- und
Universitätsbibliothek Frankfurt/Main in maschinenlesbarer Form
erfolgen konnte.
5. EDV-technische Realisierung und Datenbankaufbau
Bei der weiteren Projektarbeit wurde, auch auf Empfehlung der
Deutschen Forschungsgemeinschaft, zur Datenspeicherung das
Textretrievalprogramm LARS eingesetzt. Da LARS neben
Standardeigenschaften einer für die Literaturdokumentation
zweckmäßigen Retrievalsoftware über eine sehr flexible, individuell
programmierbare Schnittstelle für den Im- und Export von Daten im
zeilenorientierten tagged format verfügt, war das Programm für das
geplante Konversionsvorhaben besonders geeignet.[14]
Auf der Basis von LARS wurde ein Datenbanksystem implementiert, das
aus mehreren Datenbanken bestand:
1) die Dissertationendatenbank mit dem Datenpool des
Dissertationenprojekts, der von der GOLEM-Datenbank in einer
1:1-Übertragung in eine LARS-Datenbank mit identischem Datenschema
transferiert worden war;
2) die Lehnemann-Datenbank mit der übergabefähigen MAB-Struktur als
Zieldatenbank; und
3) die Erfassungsdatenbank sowie verschiedene Korrektur- bzw.
temporäre Arbeitsdatenbanken, die der Dateneingabe bzw. der manuellen
Einzelbearbeitung der Titeldaten dienten.
Die Datenbanken waren durch Ausgabeformate untereinander verbunden,
wobei die programmierbare Formatausgabe von LARS nicht nur für den
abschließenden MAB-Transfer, sondern auch zur automatisierten
Korrektur der Altdaten und zur Vereinfachung der Katalogisierung
eingesetzt wurde: Durch die Übertragung der Daten von einer
Ursprungsin eine Zieldatenbank - d. h. durch Auslagern und erneutes
Einlesen der Daten ("Spiegelung") - wurden die erforderlichen
Formatanpassungen soweit wie möglich mittels programmierter
Ausgabeprozeduren vorgenommen, die die gewünschten Feldwerte und
Feldinhalte des Ziel- bzw. MAB-Formats errechneten und automatisch
einstellten.
Die bereits im Dissertationenprojekt erfaßten Lehnemann-Titel konnten
so aus der Dissertationendatenbank selektiert und sodann über
Ausgabeformate und eingeschobene redaktionelle Arbeitsschritte, die in
den Arbeitsdatenbanken vorgenommen wurden, sukzessive in das
Zielformat der Lehnemann-Datenbank umgesetzt werden.
Die Erfassungsdatenbank, die der eigentlichen Lehnemann-Datenbank im
MAB-Format vorgeschaltet und mit der vollgültigen MAB-Struktur wie
auch (für eine Weiterbearbeitung der Titeldaten im Repertorium) mit
der Datenstruktur der Dissertationendatenbank kompatibel war, diente
zur Originärerfassung der Sammlung Lehnemann. Das Datenschema
berücksichtigte sowohl die für die normierende Titelaufnahme des
Dissertationenprojekts vorgesehenen Datenfelder als auch ein
erweitertes Kategorienschema für eine RAK-Katalogisierung, wobei in
der Regel erst durch eine "Spiegelung" in die Lehnemann-Datenbank aus
den normierten Datenfeldern die entsprechenden RAK-Kategorien bzw. das
MAB-Schema erzeugt wurden. Eine Eingabe konnte allerdings auch direkt
in den RAK-Kategorien erfolgen. Für die Masse der "Standardtitel" war
damit eine vereinfachte, nur die normierten Datenfelder nutzende
Erfassung möglich, während dagegen bei komplexen, von den
standardisierten Erfassungsschemata abweichenden Titelaufnahmen die
Vorlageform berücksichtigt werden konnte.
Die Lehnemann-Datenbank folgte im wesentlichen dem Aufbau des
MAB-Formats für Titeldaten. Die Datenstruktur bildete neben den
Erfassungsfeldern des Dissertationenprojekts die für die Datenübergabe
relevanten variablen Datenfelder des MAB-Formats sowie die wichtigsten
Positionen der MAB-Satzkennung, definiert als Einzelfelder, ab.[15]
Nachdem die Korrektur der Altdaten und die Erfassung der Sammlung
Lehnemann abgeschlossen waren, wurde der gesamte Datenbestand in die
Lehnemann-Datenbank überspielt und in das dem MAB-Format entsprechende
Datenschema, abrufbar für den Datentransfer, umgesetzt. Den
abschließenden Projektstatus dokumentierend sind die Titelaufnahmen
hier zudem für Recherchen zugänglich.
Durch die Möglichkeiten der Formatausgabe erwies sich LARS im
vorliegenden Projekt als sehr leistungsfähig. Eine Beschränkung mußte
allerdings im Hinblick auf mehrbändige Werke in Kauf genommen werden,
da LARS in der vorliegenden Programmversion als Eindateiensystem keine
hierarchischen Verknüpfungen der Datensätze unterstützt.[16] Zwar konnten
die Datensätze entsprechend manuell koordiniert werden, aber die
Aufteilung der Titelinformationenen auf einzelne Haupt- und
Unter-Datensätze hätte zugleich erhebliche Einschränkungen bei der
Recherche bedeutet. Die letztlich kleine Anzahl mehrbändiger Werke im
Bestand der Sammlung Lehnemann wurde deshalb wie einbändige
Monographien erfaßt, erst für die Datenlieferung wurden diese
provisorischen Aufnahmen in einer zusätzlichen Operation zu
mehrteiligen Austauscheinheiten entsprechend des MAB-Formats
umgewandelt.
6. Bibliographische Beschreibung
Gemessen an den Forderungen und wünschenswerten Standards, die für die
Altbestandskatalogisierung beispielsweise Bötte formulierte[17] ,
erzielt
das Erschließungsprojekt nur ein pragmatisches Niveau, das
Mindestanforderungen eines Titel- und Standortnachweises genügen kann.
Insbesondere bedeutete der Kompromiß einer stark normierenden
Erfassung den Verzicht auf eine individualisierende, den Einzeldruck
charakterisierende Beschreibung der Vorlage.
Generell normierend wurden so die Bereiche Erscheinungsvermerk und
Kollation erfaßt. Die Erscheinungs- bzw. Druckorte wurden unabhängig
von orthographischen oder sprachlichen Varianten der Vorlage in
normierter, deutscher Schreibung wiedergegeben; ebenso wurde nur der
Haupt- oder Familienname des Druckers bzw. Verlags ohne Zusätze
erfaßt. Komplett mußte auch auf eine detaillierte Beschreibung der
Kollation verzichtet werden, wobei die Umfangsangabe durch Zählung des
Gesamtumfangs der Vorlage ermittelt wurde.
Als eine der Kategorien, die über die automatisierten
Umsetzungsprozeduren aus normierten Datenfeldern generiert werden
konnten, wurde die Verfasserangabe im Regelfall in standardisierter
Form besetzt. Den Eintrag bildeten die umgestellten Ansetzungsformen
der Personennamen und - in den entsprechenden Fällen - eingesteuerte
Textkonstanten zur Kennzeichnung der Funktion der beteiligten
Personen: [Präses:] ... [Respondent:] ...[18] Die Vorlageform
wurde in
jenen Sonderfällen wiedergegeben, in denen die Autorschaft sich nicht
in dieser schematisierten Form darstellen ließ. Da die Personennamen
in ungekürzter Form angesetzt wurden, erfolgten die automatisch
erzeugten Einträge mit der zwar normierten, jedoch vollen Namensform.
Ermittelte Angaben wurden gekennzeichnet.
Entsprechend auch der Praxis vergleichbarer Dissertationskataloge sind
die Titelvorlagen insbesondere der Disputations- und
Programmschriften, die meist den eigentlichen Titel in einen
weitschweifigen Einladungs- oder Ankündigungstext einbinden, auf die
materielle Sachaussage gekürzt worden, wobei die einleitenden
Wendungen und nachfolgenden Teile des Textes eliminiert wurden.
Führten die Auslassungen zu grammatischen Härten und machten
Kasusänderungen erforderlich, wurden, wie auch zu den hier ansonsten
durch RAK geregelten Fällen, bei den Neuaufnahmen Ansetzungssachtitel
gebildet. Besetzt wurde auch die Kategorie Parallelsachtitel.
In Ausnahmefällen waren ferner bibliographisch ermittelte oder
äußerstenfalls auch fingierte Titel zugelassen. Insbesondere
Einladungsschriften, die außer dem formelhaften Einladungstext keinen
"eigentlichen" Titel vorwiesen, konnten so mit einem Sachtitel erfaßt
werden, der den rechtsthematisch relevanten Textteil kennzeichnete.
Auf die Wiedergabe von Zitiertiteln oder die Bildung orthographisch
normierter Titel durch Nebeneintragungen zum Sachtitel wurde jedoch
ebenso verzichtet wie auf den Aufbau einer Kategorie
Einheitssachtitel.
Hinsichtlich der Erschließungstiefe lag der Schwerpunkt des Projekts
auf Dissertationen und Universitätsprogrammen, die die Masse des
Sammlungsbestands ausmachen. Hier wurde eine detaillierte Erschließung
auch der beigefügten und in Sammlungen enthaltenen Titel angestrebt,
die als unselbständige Werke in eigenen Datensätzen erfaßt wurden.
Generell wurden ferner sämtliche auf der Haupttitelseite genannte
Praesiden und Respondenten zu den Disputationsschriften erfaßt; auf im
Innern der Schriften eventuell genannte Opponenten wurde allerdings
nur in einem Fußnotentext verwiesen.
Speziell bei Einladungsschriften anläßlich feierlicher Promotionen
bzw. bei Einladungen zur Disputatio inauguralis eines Kandidaten, die
neben einer kurzen sachthematischen Erörterung oder einem auf die
Disputation hinführenden Text meist einen Lebenslauf zum Zweck der
Präsentation des Kandidaten enthalten, wurden zu außer dem einladenden
Dekan oder Praeses als Verfasser in einem Nebeneintrag auch die
Promoventen als "gefeierte" Personen festgehalten.
7. Sacherschließung und Retrieval
Der Ermittlungsaufwand war auf die formale Titelaufnahme begrenzt. So
konnten weder Form und Aufbau der Disputationen, noch rhetorische
Beigaben wie etwa Vorreden, Widmungen, Glückwunschadressen oder das in
diesen Kontexten genannte und unter dem Aspekt
wissenschaftsgeschichtlicher Netzwerkanalyse möglicherweise
aufschlußreiche Personal, zum Beispiel die Widmungsempfänger,
berücksichtigt werden.
Inhaltlich erschlossen bzw. intellektuell verschlagwortet sind die aus
dem Datenpool des Dissertationenprojekts übernommenen und dort bereits
für die gedruckten Repertorien mit Hauptdeskriptoren indizierten
Titel.[19] Die Deskriptoren wurden mit den Titeldaten in die
Lehnemann-Datenbank aufgenommen, wobei für die Datenlieferung die
beiden Komponenten des Hauptdeskriptors, numerisch nach Sachgruppen
ordnender Notationsschlüssel und gebundenes Schlagwort, je getrennt in
die MAB-Kategorien Notation eines Klassifikationssystems (Kategorie
700) und Schlagwörter (Kategorie 710) umgesetzt wurden. In der
Datenbank können die Deskriptoren im ursprünglichen Datenfeld
Hauptdeskriptor (Notation und Schlagwort) und in den beiden
MAB-Kategorien in numerisch-systematischer oder alphabetischer Ordnung
recherchiert werden.[20] Für den sachthematischen Zugriff auf die
katalogisierten Titel und die Recherche im Max-Planck-Institut wurde
unter LARS ein Stichwort-Index eingerichtet, der wie ein basic index
über ein Hilfsfeld sämtliche Sachtitelkategorien,
Ansetzungs-Sachtitel, Hauptsachtitel, Hauptsachtitel-Zusätze und
Parallelsachtitel, durch Einzelwortextraktion deskribiert. Unterlegt
ist eine dem lateinischen Vokabular angepaßte Stoppwortliste, die
wenig sinntragende Wörter eliminiert. Ansonsten beruht der maschinell
generierte Index lediglich auf dem Extraktionsprinzip mit der damit
verbundenen Einschränkung, daß das Titelvokabular in der vorgefundenen
Form mit sämtlichen grammatischen Varianten ohne orthographische
Vereinheitlichung und formale oder lexikalische Kontrolle
wiedergegeben wird.
Dennoch sind die Rechercheerfahrungen zufriedenstellend. Denn zum
einen unterstützt LARS die nachträgliche Lemmatisierung und
Grundformenreduktion des Wortmaterials bei der postkoordinierenden
Suche, indem es unter anderem möglich ist, die invertierten Listen
aufzublättern und die vorkommenden Begriffe einzusehen, um so die
Wortstämme und Flexionsformen durch Trunkierung bei der Formulierung
der Recherchefrage zu berücksichtigen. Zum anderen scheinen die
Disputationsschriften entgegen der ansonsten für Altdrucke typischen
Variationsbreite der Orthographie ein vergleichsweise einheitliches,
fachsprachlich elaboriertes und signifikantes Vokabular aufzuweisen.
Neben der Stichwort-Recherche ist in den einzelnen
Sachtitelkategorien, die nicht mit einem Einzelwort-, sondern
String-Index unterlegt sind, zusätzlich eine kontextabhängige Suche
kompletter Titelstrings oder Titelelemente möglich.
Da die Datenbank die Datenfelder des Dissertationenprojekts mit den
bibliographisch-beschreibenden RAK-Kategorien kombiniert, stehen nicht
nur eine Reihe zusätzlich suchbarer Felder zur Verfügung; darüber
hinaus haben die Normung der Daten und die stark strukturierte
Titelaufnahme insgesamt deutliche Vorteile bei der Recherche. Neben
den normierten Kategorien Druckort, Drucker, Erscheinungsjahr sind
disputationenspezifische Informationen wie Praeses, Respondent,
Universitätsort, Disputationsdatum etc. gezielt abrufbar. Durch
codierte Angaben wurde zudem versucht, die formal schwer zu
kategorisierenden Disputationsschriften zumindest grob zu
klassifizieren und voneinander abzugrenzen. Neben der MAB-Kennung zur
Kennzeichnung der Schriftgattungen (Veröffentlichungsart und -inhalt)
wurden interne Suchschlüssel definiert, wodurch die aufgenommenen
Titel beispielsweise als Dissertationes pro gradu bzw. sine gradu als
Disputationes pro loco, Exercitationes, Programmata,
Einladungsschriften etc. differenziert aufgerufen werden können.
In der Datenbank können somit sachthematische Fragestellungen mit
quantitativ-statistischen Gesichtspunkten in unterschiedlichster Weise
kombiniert und recherchiert werden, indem beispielsweise Disputationen
zu einem bestimmten Thema, eingegrenzt auf einen bestimmten Zeitraum
oder bestimmte Universitätsorte und unter bestimmten Praesides
selektiert werden können.
Die Recherche nach Personennamen wird unterstützt durch eine aus den
erfaßten Daten generierte Synonymdatei, in der die Namensvarianten,
Pseudonyme, Initialformen mit den Ansetzungsformen zusammengeführt
werden und die Funktion als Praeses (bzw. Verfasser) oder Respondent
angezeigt wird. Ein Aspekt der Datenbank ist dabei auch, daß
Respondenten bzw. Kandidaten, zu denen Einladungsschriften mit
Lebensläufen vorliegen, gezielt recherchiert werden können.
Nachdem die Arbeit an der Sammlung Lehnemann im Mai 1994 abgeschlossen
war, umfaßt die Datenbank nahezu 22 000 juristische Schriften des 16.
bis 18. Jahrhunderts in einer RAK-WB- bzw. MAB-gerechten
Titelaufnahme. Die Daten wurden der Stadt- und Universitätsbibliothek
Frankfurt am Main im MAB-Format des Diskettendienstes der Deutschen
Bibliothek übergeben und sollen in den Bibliothekenverbund eingespeist
werden; sie stehen auch im Max-Planck-Institut zu Recherchezwecken zur
Verfügung. Aus der Datenbank wurde weiterhin ein vorläufiger und
unkorrigierter Katalog erstellt, der den Stand bei Abschluß der
Erfassungsarbeiten dokumentiert.[21]
Auf dieser Basis und unter Nutzung der Lehnemann-Daten konnte im
Anschluß auch das Gesamtprojekt des Biographischen Repertoriums der
Juristen im Alten Reich fortgeführt werden. Eine weitere
LARS-Datenbank kombiniert sämtliche Altdaten in der Struktur des
bio-bibliographischen Repertoriums mit den Lehnemann-Titelaufnahmen
und wird um alle im Institut vorhandenen Dissertationen der
Respondenten mit dem Anfangsbuchstaben B ergänzt, so daß die
Biographien der graduierten Juristen mit den Anfangsbuchstaben A bis E
nahezu vollständig in weit über 30 000 Datensätzen (bzw. Respondenten
und ihren Dissertationen) vorliegen. Dieser Datenbestand soll als
CD-ROM publiziert werden.
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