Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 9(2001) 2
[ Bestand in K10plus ]
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Exil Shanghai


01-2-456
Exil Shanghai : 1938 - 1947 ; jüdisches Leben in der Emigration ; [mit Erstveröffentlichung von 14800 Eintragungen der Ausländerliste der japanischen Fremdenpolizei auf CD-ROM] / Georg Armbrüster ... (Hrsg.). - 1. Aufl. - Teetz : Hentrich & Hentrich, 2000. - 272 S. : Ill. + 1 CD-ROM. - (Schriftenreihe des Aktiven Museums Berlin). - ISBN 3-933471-19-2 : DM 88.00, DM 74.00 (bei Bezug über den Verein ...). - (Verein Aktives Museum, Chausseestr. 8, 10115 Berlin, E-Mail: info@aktives-museum.de)
[6351]

Shanghai galt in den dreißiger Jahren weit weniger als exotisches Paradies denn als Brennpunkt von Kriminalität, Laster und Krankheit.[1] Für die verzweifelten Opfer des nationalsozialistischen Terrors war die Stadt daher auch keineswegs bevorzugtes Ausreiseziel, sondern - nach der Weigerung der westlichen Staaten, ihre Einwanderungsquoten zu erhöhen - einer der letzten überhaupt möglichen Zufluchtsorte. Das Gros der Flüchtlinge kam nach der deutschen Besetzung Österreichs und der Reichspogromnacht 1938/39 nach Shanghai, das seinerzeit einen internationalen Status besaß und noch ohne Visum erreicht werden konnte. Shanghai wurde zu Recht immer als "Exil der kleinen Leute" bezeichnet. Prominente retteten sich kaum dorthin, noch seltener blieben sie länger vor Ort. Wohl auch aus diesem Grund wurde die ostchinesische Metropole in der Exilforschung lange nur wenig beachtet.

Den Grundstock des vorliegenden Sammelbandes bilden Beiträge zu einem im August 1997 durchgeführten Symposium anläßlich des fünfzigsten Jahrestages der Rückkehr von 295 Shanghai-Flüchtlingen nach Deutschland.[2] Die sechzehn deutsch- oder englischsprachigen Aufsätze informieren über die Beziehungen zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen und über das kulturelle Leben im Shanghaier Exil oder geben z.B. näheren Aufschluß über die soziale Zusammensetzung der insgesamt rund 18.000 jüdischen Flüchtlinge aus Mitteleuropa. Nachschlagewerkcharakter erhält die Veröffentlichung durch eine beiliegende CD-ROM mit vier kommentierten historischen Dokumenten, darunter die Erstveröffentlichung von 14.800 Einträgen der Ausländerliste der japanischen Fremdenpolizei vom August 1944. Neben manch instruktivem Aufsatz repräsentieren gerade diese wichtigen Daten den unbestreitbaren Wert der Publikation für die Familien- und Exilforschung.

Achim Bonte


[1]
Vgl. z.B. Schanghai / Sergej Alymow. - Berlin : Büchergilde Gutenberg, 1932. - Chicago - Shanghai : Gangster in besonderer Verwendung / Jack Bilbo. - Berlin : Universitas, 1932. (zurück)
[2]
Zum gleichen Anlaß vgl. Leben im Wartesaal : Exil in Shanghai 1938 - 1947 ; Ausstellung des Jüdischen Museums im Stadtmuseum ; 4. Juli bis 24. August 1997 / von Georg Armbrüster ... - Berlin : Stiftung Stadtmuseum, 1997. (zurück)

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