Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 9(2001) 2
[ Bestand in K10plus ]

Weltatlas der Ozeane


01-2-439
Weltatlas der Ozeane : mit den Tiefenkarten der Weltmeere, die der Kanadische Hydrographische Dienst veröffentlicht hat (General bathymetric chart of the oceans, GEBCO) / hrsg. von Manfred Leier. - Deutschspr. Lizenzausg. - München : Frederking & Thaler, 2001. - 264 S. : Ill., zahlr. Kt. ; 36 cm. - ISBN 3-89405-441-7 : DM 98.00, DM 78.00 (Subskr.-Pr. bis 31.12.01)
[6639]

Die Meere werden in den meisten Weltatlanten äußerst stiefmütterlich behandelt. Umso mehr ist daher ein Atlas zu begrüßen, der sich ausschließlich den Ozeanen widmet. Im wesentlichen handelt es sich dabei um eine Reproduktion der General bathymetric chart of the oceans (GEBCO) - einer umfassenden, in internationaler Zusammenarbeit erstellten Tiefenkarte der Weltmeere, deren Geschichte bis 1899 zurückreicht. Zu Grunde liegt die fünfte, zwischen 1975 und 1982 erstellte Ausgabe der GEBCO mit 16 Blatt in Mercatorprojektion (Maßstab am Äquator: 1:10 Mio.) sowie zwei Blatt im Maßstab 1:6 Mio. für die Polargebiete. Im Atlas erscheinen diese Kartenblätter zwar in Originalgröße reproduziert, jedoch in handliche, dem Bandformat entsprechende Segmente zerlegt. Der jeweilige Kartenausschnitt wird auf kleinen Übersichtskarten am linken oberen Seitenrand angezeigt. Dennoch fällt die Orientierung schwer, weil merkwürdigerweise eine Gesamtübersicht über den Blattschnitt ebenso fehlt wie Angaben über die jeweiligen Anschlußseiten. Sucht man beispielsweise einen bestimmten Teil des Pazifiks, so bleibt einem nichts anderes übrig, als sich durch alle in Frage kommenden 17 Doppelseiten zu blättern oder das Register zu benutzen. Denn auch das Inhaltsverzeichnis (mit so aussagekräftigen Überschriften wie Land unter dem Meer für das Gelbe und Japanische Meer oder Im Reich der Riesenkraken für die Tasmansee) erweist sich als wenig hilfreich.

Die Karten selbst erscheinen mit der englischsprachigen Originalbeschriftung und Tiefenangaben in Metern. Für den Laien etwas irritierend dürften die zahlreichen braunen Linien sein, die zusätzlich zu den Tiefenlinien die Seiten durchziehen, zumal es keine Legende gibt: Es handelt sich dabei um die Fahrtrouten der Vermessungsschiffe. Trotz der hervorragenden Qualität der vom Kanadischen Hydrographischen Dienst produzierten Karten mag der Zugang für manchen von der modernen Digitalkartographie mit ihrer ausgefeilten Schummerungstechnik verwöhnten Benutzer nicht ganz leicht fallen. Eine gute Idee war es daher, den Kartenausschnitten jeweils noch kleine Reliefkarten beizufügen. Diese stammen aus der Feder eines österreichischen Künstlers, Heinrich C. Berann, der sie in den späten 1960ern und frühen 1970ern für die National Geographic Society zeichnete. Im vorderen Teil des Atlas findet man die Berann'schen Panoramakarten in ihrer ganzen Pracht. Neben den Beikarten gibt es auf jeder Kartenseite außerdem einen Begleittext, der den gezeigten Meeresteil gut lesbar erläutert.

Dem Kartenteil vorangestellt ist ein fast ebenso umfangreicher Textteil, der eine Vielfalt von Aspekten rund um die Meereswelt behandelt - darunter neben 'klassischen' Themen wie Strömungen, Gezeiten, Tektonik, Fauna und Flora, Wirtschaft und Verkehr beispielsweise auch Meeresarchäologie oder Schiffskatastrophen. Dem aktuellen Trend entsprechend, werden zwar auch hier die Erläuterungen in journalistischem Stil präsentiert und von zahlreichen Abbildungen begleitet, doch geschieht dies vergleichsweise nüchtern und dezent. Positiv fällt auf, daß die Informationen in längere, kohärente und fundierte Texte gefaßt und nicht - wie man es derzeit leider allzu oft findet - in eine unübersichtliche Zahl winziger 'Happen' aufgelöst werden.

Das große Verdienst des Bandes ist es, das bislang nur Spezialisten zugängliche Kartenwerk für eine breite Öffentlichkeit aufbereitet zu haben. Mit seinen vielfältigen Informationen stellt der Band gleichzeitig ein sehr gutes einführendes Sachbuch zur Meeresforschung dar.

Heidrun Wiesenmüller


Zurück an den Bildanfang