Das Buch über die österreichischen Präsidenten ist deswegen weniger interessant, weil diese - ähnlich den deutschen Bundespräsidenten - eher Repräsentanten des Staates als Angehörige der Exekutive sind. Allerdings kommt ihnen in Perioden innenpolitischer Krisen eine zentrale Rolle zu und wir erfahren, wie sie ausgefüllt oder z.T. nicht angenommen wurde. Nicht zuletzt konnte auch der Präsident Ursache einer Krise werden, wie an der Person Kurt Waldheims geschildert wird.
Die österreichischen Kanzler stehen im Gegensatz dazu im Mittelpunkt des politischen Geschehens analog zum politischen System Deutschlands. Politikstil und -inhalte der Kanzler der Nachkriegszeit werden geschildert und interpretiert sowie - hierin unähnlich der deutschen Situation - das Wirken nach der Kanzlerschaft, da mehrere Kanzler politisch aktiv blieben und z.T. weiterhin Kabinettsposten einnahmen. Verdienstvoll auch, daß in diesem Buch mit Kanzler Schüssel auch die Gegenwart mit der Koalition der Christdemokraten mit Haiders FPÖ behandelt wird.
Der Band mit den Biographien der österreichischen Kardinäle fällt wegen der Einbeziehung des ganzen 20. Jahrhunderts und des auf den ersten Anschein nicht-politischen Gegenstands vermeintlich aus dem Rahmen. Einerseits beziehen aber auch die beiden anderen Bände die Zeit vor 1945 ein, indem sie das politische Wirken der Protagonisten in der Zwischenkriegszeit ausführlich behandeln. Andererseits offenbaren die Biographien der Kardinäle, daß die Römisch-katholische Kirche in Österreichs politischer Kultur eine zentralere Rolle spielt, als beispielsweise in Deutschland. Und so wird in diesem Band nicht nur die Geschichte der österreichischen katholischen Kirche behandelt, sondern auch ihre sich wandelnde politische Rolle, einschließlich des Skandals um Kardinal Gröer.
Die drei Bände bilden ein eindrucksvolles Trio, das wegen des populärwissenschaftlichen Stils vor allem für öffentliche Bibliotheken geeignet ist.
Jürgen Plieninger