Angela Karasch trennt gemäß der Erscheinungsform digitale, solche auf Mikrofiche und gedruckte Bildersammlungen. Sie beginnt ihre Übersicht - dem Trend der Zeit folgend und im umgekehrten Verhältnis zum Nutzen - mit Bildarchiven im Internet. Das Bildangebot im World Wide Web ist unüberschaubar. Kaum eine Bibliothek, die nicht an einem in der Regel hochspezialisiertem Digitalisierungsprojekt arbeitet, von anderen öffentlichen Einrichtungen und Privatpersonen ganz zu schweigen. Die Autorin tut gut daran, aus diesem speziellen Angebot nur einige wenige Vorhaben exemplarisch vorzustellen wie Synagogen in Deutschland oder Images of France (1811 - 1830), weil sich nur wenige Fachleute für derart ausgewählte Bildangebote interessieren. Sieht man also von hochspezialisierten, außereuropäischer Kunst vorbehaltenen, kostenpflichtigen oder im Aufbau befindlichen Bildersammlungen im WWW ab, bleibt nicht mehr viel übrig - für Deutschland das Bildarchiv zur Kunst und Kultur, für Frankreich Joconde und die Agence photographique und für die Vereinigten Staaten Amico, ein Konsortium, das Werke europäischer und amerikanischer Kunst aus amerikanischen Museen vorstellt.
Das Bildarchiv zur Kunst und Kultur in Deutschland fußt auf dem seit
1977 als Mikrofiche veröffentlichten Marburger Index und beinhaltet
beeindruckende 1.030.000 Photographien, die man aber nicht sehen kann
- was die Autorin im Oktober 2000 schreibt, gilt noch heute (Stand
18.7.2001). Sie nähert sich diesem und allen anderen Produkten
unabhängig von der Erscheinungsform immer nach dem gleichen Schema:
Der Adresse des jeweiligen Anbieters - Angaben zu Kosten für Abzüge
und etwaige Reproduktionsgebühren fehlen leider - folgt ein Absatz zu
Entstehungsgeschichte, Sammlungsumfang, Verfügbarkeit, in der die
Kerndaten der jeweiligen Bildersammlung beschrieben sind. Wieviel Mühe
gerade dieses Kapitel der Autorin gemacht haben muß, kann man nur
erahnen. Jeder, der schon einmal ein Datenbankprotokoll erstellt hat,
weiß, wie schwierig es sein kann, schon allein die elementarsten
Informationen zu einer Datenbank zusammenzutragen, da Datenbanken über
sich in der Regel wenig zu erzählen wissen und Begleithefte häufig
fehlen. Dem Abriß des Themas folgen die Abschnitte Erschließung und
Recherchebeispiele - eine Stärke dieser Publikation, da Schritt für
Schritt und Bild für Bild (mit Pfeilen!) erklärt wird, wie man zu
einem positiven Rechercheergebnis gelangt. Die Suche nach Gemälden von
Rubens bei Amico bringt im Ergebnis allerdings nur 4 und nicht wie
geschrieben 42 Treffer. Die Freude an der Didaktik wird übertrieben,
wenn - durch die vorgegebene Gliederung nach Erscheinungsformen
bedingt - der Marburger Index gleich an drei Stellen vorgestellt wird,
und zwar in seiner Internet-, CD-ROM- und Mikrofiche-Version. Die
Mikrofiche-Ausgabe, für dessen verlegerische Betreuung das Bildarchiv
Foto Marburg der Verlag K. G. Saur als Kooperationspartner gewonnen
hat, genügt wissenschaftlichen Maßstäben. Neben dem Anspruch
photographisches Gesamtinventar der Kunst in Deutschland zu sein,
zeichnet ihn auch die Kombination von Bild und ausführlicher
Inventarisation aus. Kann man das von der ebenfalls vorgestellten
Datenbank Joconde nur noch sehr eingeschränkt behaupten, so sind die
Web-Angebote der Agence photographique de la Réunion des Musées
Nationaux und Amico für eine unmittelbare Verwertung unbrauchbar - und
um die geht es den Studenten vor allem. Die daumennagelgroßen
Abbildungen von Amico sind nur für Subskribenten vergrößerbar.
Kleinformatige Bildformate findet der Surfer auch bei der Agence
photographique vor, die als zentraler Anbieter für Abbildungen von
Kunstwerken aus staatlichen französischen Museen von Photobestellungen
lebt. Insgesamt ist die Güte von Bilddokumenten im WWW enttäuschend.
Ob das im April an den Start gegangene, mit Mitteln des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung finanzierte
Verbundprojekt PROMETHEUS Abhilfe schaffen wird, bleibt gerade im
Hinblick auf urheberrechtliche Fragen abzuwarten. An PROMETHEUS sind
u.a. das Kunstgeschichtliche Seminar der Humboldt-Universität
(Berlin), die FH Anhalt und die Justus-Liebig-Universität Gießen mit
einzelnen Einrichtungen sowie die Universität Köln mit drei Instituten
beteiligt. Bildressourcen sollen ortsunabhäbgig vernetzt und
Studierenden sowie Lehrenden zur Verfügung gestellt werden.[2]
Sind die Bildersammlungen auf CD-ROM überwiegend Einzelfragen
gewidmet, so verdienen vor allem die länderorientierten
Mikrofiche-Sammlungen die Bezeichnung Bildarchiv.[3] Den Grundstock legt
auch hier der Marburger Index mit seinen Derivaten für Frankreich, die
Beneluxländer, Italien, Spanien und Portugal. Zu diesen Bildarchiven
gesellt die Autorin weitere wichtige Bildarchive: für Italien das
Alinari photo archive, das besonders an Aufnahmen italienischer Kunst
und Architektur aus der zweiten Hälfte des Ottocento reich ist,
allerdings hat die Qualität ihren Preis. Auf das Kernproblem dieser
Sammlungen macht Karasch aufmerksam. Ihnen liegt häufig kein
systematischer Inventarisierungsansatz zugrunde, so daß man bei den
Recherchen häufig enttäuscht wird. Hinweise auf gedruckte
Abbildungssammlungen wie den Hollstein und den Katalog der graphischen
Porträts in der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel[4] runden diese
Publikation ab. Besonders hilfreich ist das Register am Ende des
Bandes, das je nach Gattung und Land die in Frage kommenden
Abbildungssammlungen aufführt und auf die jeweiligen Kapitel verweist.
Dem Rechercheur wird so rasch klar, wo er ansetzen kann.
Studenten und Wissenschaftlern wird hier ein informatives
Arbeitsinstrument in die Hand gegeben, das m.W. einen erstmaligen
Versuch unternimmt, einen Überblick über einschlägige Bildarchive und
deren Zugänge zu geben und somit über die engen Grenzen des Freiburger
Campus hinaus der Wissenschaftsgemeinschaft insgesamt zur Kenntnis
gelangen sollte. Unter der oben angegeben Adresse ist die jeweils
neueste Version abrufbar.
Johannes Pommeranz
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