Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 9(2001) 2
[ Bestand in K10plus ]

Der Fischer-Atlas Medien


01-2-259
Der Fischer-Atlas Medien : [Fakten, Trends, Entwicklungen] / Mark Balnaves, James Donald und Stephanie Hemelryk Donald. Aus dem Engl. von Susanne Rudloff. - Dt. Erstausg. - Frankfurt am Main : Fischer-Taschenbuch-Verlag, 2001. - 128 S. : graph. Darst., Kt. ; 25 cm. - ([Fischer-Taschenbücher] ; 15121). - Einheitssacht.: The Penguin atlas of media and information <dt.>. - ISBN 3-596-15121-X : DM 29.90
[6557]

Zu den Themen, die nach einer internationalen Darstellung geradezu drängen, gehört ohne Zweifel die allgegenwärtige Medienrevolution. Bekanntlich wird sie in ihrem Charakter ja weniger von der Idee des "globalen Dorfs" geprägt, als von den globalen Interessen einiger Großkonzerne. Insofern scheint es nur folgerichtig, daß zeitgleich dieses Buch in den USA, in Großbritannien, Frankreich und Deutschland auf den Markt geworfen wird: Im Auftrag des British Film Institute in London verfaßt, in Hong Kong gedruckt, vorher in Australien in Perth, Brisbane und Melbourne von drei aus Großbritannien eingewanderten Kommunikationswissenschaftlern im Internet zusammenrecherchiert, danach für die vier nationalen Märkte sprachlich weiter aufbereitet. Der Blick von der gegenüberliegenden Seite der Weltkugel hat seine Auswirkung auf das von deutschen Lesern wohl erwartete germano- resp. eurozentrische Weltbild, - es findet sich aufgehoben in einer globalen Sicht, die zwar in der durchgängigen bildlichen Weltkartenprojektion das kleine Europa samt dem noch winzigeren Deutschland vergrößert und hervorhebt, aber - dem Buchbinder sei Dank - es doch gleich und in wohl angemessener Weise wieder im Falz der festen Klebebindung des Buches verschwinden läßt. So bleibt der Leser auf den Text angewiesen, den dessen Übersetzerin und ihr Helfer gegenüber dem englischen Original[1] im beibehaltenen Layout - den längeren deutschen Vokabeln und der umständlicheren deutschen Grammatik geschuldet - aus Platzgründen noch weiter vereinfachen - im Umfang von etwa 6 Halbzeilen je Doppelseite - und ihn noch der letzten relativierenden und kritischen Randbemerkungen berauben.[2] Das Glossar wird von 46 im englischen Original erläuterten Begriffen auf 39 verkürzt, das Register bleibt im Umfang in etwa erhalten. Deutschland ist dort mit 3 Einträgen zu finden (so wie der Iran), Großbritannien immerhin mit 12 und die USA mit 13 Einträgen, während Frankreich mit 2 und Italien mit 1 Eintrag vorlieb nehmen müssen. Als einziger deutscher Firmenname ist Bertelsmann zu entdecken. Es geht eben nicht um einen Atlas der Medien, sondern um einen Weltatlas der Medien, schon die exakte Übersetzung des Originaltitels hätte geholfen, falsche Erwartungen zu vermeiden. Auch der seltsame deutsche Zusatz zum Umschlagtitel Fakten, Trends, Entwicklungen, der wohl auf Vergangenheit und Zukunft anspielen soll, findet sich nicht im Original und entspricht auch nicht dem Inhalt, der aus gutem Grund Projektionen in die Zukunft vermeidet. Informationsgehalt und Stilebene weisen den Atlas in etwa der anspruchsvolleren Jugendliteratur zu, die Autoren stimmen im ersten Satz der Einleitung den englischen Leser darauf ein: "Remember back, if you can, to 1984." Im Deutschen wird daraus: "Erinnern Sie sich an das Jahr 1984?". Es folgen einige Bemerkungen zu Orwells 1948er Utopie und zum "revolutionären Jahr" 1984, - daß in der Bundesrepublik Deutschland damals das Privatfernsehen zugelassen wurde, das die deutsche Medienlandschaft von Grund auf veränderte, findet allerdings keine Erwähnung.

Wilbert Ubbens


[1]
The global media atlas / Mark Balnaves, James Donald and Stephanie Hemelryk Donald. - London : British Film Institute, 2001. - 128 S. : Ill., graph. Darst., Kt. ; 25 cm. - ISBN 0-85170-860-9. - Dieser Titel war bei einer Recherche am 07.10.01 über den KVK einzig im GBV nachweisbar, nicht dagegen in den ebenda angebotenen großen anglo-amerikanischen Verbund- und Bibiothekskatalogen. Der im Impressum angegebene Titel The Penguin atlas of media and information war überhaupt nicht nachweisbar; vermutlich handelt es sich dabei um die Taschenbuch-Ausgabe des Originals. (zurück)
[2]
Überdies finden sich gelegentlich auch schlicht konträr falsch übersetzte Passagen. Vgl. S. 60 im englischen Original: "The media, however, have always been in the business of "immaterial commodities". The newspaper is less important than reading it, the reel of film is less important than watching the movie ..." Daraus wird im deutschen Text S. 60: "Die Medien jedoch haben immer mit immateriellen Gütern gehandelt. Zeitungen sind selbst wichtiger als sie zu lesen, im Kino bezahlt man für die Vorführung und nicht die Filmspule ..."]. (zurück)

Zurück an den Bildanfang