wurden die
frühen bürgerlichen Pendants bisher kaum wahrgenommen. Für die älteste
und mit zuletzt angeblich 750.000 Mitgliedern größte Buchgemeinschaft
der Weimarer Republik - den 1919 gegründeten Volksverband der
Bücherfreunde - liegt nun eine erste Bearbeitung vor. Nach einer
kurzen Darstellung der Geschichte und des Programms des bis in die
sechziger Jahre bestehenden Unternehmens verzeichnen die Autoren nach
dem Verfasseralphabet über 1400 Veröffentlichungen der
Buchgemeinschaft sowie der auch über den Buchhandel käuflichen
Weltgeistbücherei. Abschließend folgen zwölf Abbildungsseiten und
Listen der einzelnen Publikationsreihen. Die ordentlichen
Titelaufnahmen umfassen Angaben zur Buchausstattung und sind in der
Regel in Autopsie erstellt. Da in den meisten Büchern das
Erscheinungsjahr fehlt, bleibt die Datierung zwangsläufig vage.
Inwieweit die Bibliographie mit der Berichtszeit 1920 bis 1965
vollständig ist, läßt sich nicht angeben, doch rechnen die Autoren
selbst mit bislang unbekannten weiteren Funden.
Neben Belletristik enthielt das Programm des Volksverbands
Originalgraphik und seit 1929 auch populärwissenschaftliche
Sachbücher. Gelegentlich waren Erstausgaben darunter, z.B. Lion
Feuchtwangers Die häßliche Herzogin (1923), Alfred Döblins Erzählungen
Der Feldzeugmeister Cratz und Der Kaplan (1926) oder Arnold
Höllriegels Derwischtrommel (1931). Insgesamt überwiegen freilich die
Klassiker und historische bzw. unpolitische Werke. Moderne Zeitromane,
wie Irmgard Keuns Erstling Gilgi, eine von uns (1932), sind besonders
selten, weshalb der Volksverband der Bücherfreunde die
nationalsozialistische Machtübernahme anscheinend auch unbehelligt
überstand.
Wie die Buchgemeinschaften der Arbeiterbewegung bemühte sich das
Unternehmen um eine gute Buchausstattung. Zwar waren die wenigsten
Werke illustriert, doch wurden für die Buchgestaltung nicht selten
renommierte Künstler herangezogen. Die Bibliographie hätte deshalb
durch ein Register der Buchgestalter weiter gewonnen. Wünschenswert
wären ferner ein Verzeichnis der beteiligten Übersetzer und
Herausgeber sowie weiterführende Literaturhinweise zu dem zu knappen
historischen Einführungsteil. Desungeachtet stellt die Bibliographie
einen wertvollen Beitrag zur Literatursoziologie, Buch- und
Verlagsgeschichte dar.
Achim Bonte
- [1]
- Vgl. Literatur für eine neue Wirklichkeit : Bibliographie und
Geschichte des Verlags J. H. W. Dietz Nachf. 1881 bis 1981 und der
Verlage Buchhandlung Vorwärts, Volksbuchhandlung Hottingen/Zürich,
German Cooperative Print. & Publ. Co., London, Berliner
Arbeiterbibliothek, Arbeiterjugendverlag, Verlagsgenossenschaft
"Freiheit", Der Bücherkreis / Brigitte Emig ; Max Schwarz ; Rüdiger
Zimmermann. - Berlin ; Bonn : Dietz, 1981. - 512 S. : Ill. ; 23 cm.
- ISBN 3-8012-0059-0. - Die Geschichte der Büchergilde Gutenberg in
der
Weimarer Republik 1924 - 1933 / Jürgen Dragowski. - 1. Aufl. - Essen :
Klartext-Verlag, 1992. - 244 S. : Ill. ; 21 cm. - (Schriften des
Fritz-Hüser-Instituts für Deutsche und Ausländische Arbeiterliteratur
der Stadt Dortmund : Reihe 2, Forschungen zur Arbeiterliteratur ; 8).
- ISBN 3-88474-008-3. - Die Universum-Bücherei : 1926 - 1939 ;
Geschichte und Bibliographie einer proletarischen Buchgemeinschaft /
Heinz Lorenz. - Berlin : Antiquariat und Verlag Tasbach, 1996. - 246
S. : Ill. : 21 cm. - ISBN 3-9804849-0-4.
- Veröffentlichungen dieser Verlage und Buchgemeinschaften sind seit
langem begehrte Sammelobjekte und daher in Antiquariatskatalogen durch
eigene Rubriken herausgehoben bzw. in Sonderkatalogen angeboten, wie
im folgenden: 75 Jahre Büchergilde Gutenberg. - Schwäbisch Gmünd :
Versandantiquariat andanti, 1999. - 132 S. : Ill. ; 21 cm. - (Katalog
/ Versandantiquariat andanti ; 1). - 887 Nr. [sh].
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