Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 9(2001) 2
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Kinder- und Jugendliteratur in Deutschland


01-2-219
Kinder- und Jugendliteratur in Deutschland : 1840 - 1950 ; Gesamtverzeichnis der Veröffentlichungen in deutscher Sprache / Aiga Klotz. - Stuttgart ; Weimar : Metzler. - 30 cm. - (Repertorien zur deutschen Literaturgeschichte ; ...). - ISBN 3-476-00701-4
[1216]
Bd. 4. (R - S). - 1996. - 561 S. - (... ; 14). - ISBN 3-476-00705-7 : DM 328.00
Bd. 5. (T - Z) : mit zwei Nachträgen: Die Märchen der Brüder Grimm, Tausendundeine Nacht. - 1999 [ersch. 1998]. - 478 S. - (... ; 15). - ISBN 3-476-00706-5 : DM 328.00
Bd. 6. Register
Teil 1 (2000). - 535 S. - (... ; 16). - ISBN 3-476-00707-3 : DM 328.00
Teil 2 (2000). - 575 S. - (... ; 16). - ISBN 3-476-01760-5 : DM 328.00

Ein umfangreiches bibliographisches Werk ist abgeschlossen und liegt jetzt in sieben Bänden vor. Auf über zweieinhalbtausend Seiten, sind ca. 75.000 Titeleintragungen von 8680 Autoren zu finden. In zwei Registerbänden wird das Titelmaterial durch acht Register erschlossen. Ein riesiges Angebot also mit einer Fülle von Informationen. Was ist nun wirklich enthalten, wie vollständig, wie zuverlässig sind die Angaben, was ist bei der Benutzung zu beachten?

Die ersten drei Bände wurden hier bereits besprochen.[1] Es wurden der Fleiß und die Energie der Bearbeiterin sowie einige Vorzüge der bibliographischen Ordnung gelobt, aber auch kritische Einwände, besonders zur Vollständigkeit bzw. Auswahl erhoben. Nicht alles soll wiederholt werden. Wie schon in der ersten Rezension vermerkt, ist die Grundanlage der Bibliographie sehr praktisch. Die Autorennamen sind durchnumeriert und innerhalb jedes Autors sind dessen Werke für sich wieder durchgezählt unter Voranstellung der betreffenden Autorennummer. So sind Verweisungen leicht möglich und jeder Titel kann bequem zitiert werden. Bei klassischen Kinderbüchern, bei Büchern, die in vielen Bearbeitungen erschienen sind, wird die Übersicht, das Finden einer bestimmten Bearbeitung dadurch erleichtert, daß die Bearbeiter und Herausgeber gleich nach dem Verfassernamen aufgeführt werden und auf ihre Bearbeitung verwiesen wird. Bei einigen Autoren, bei denen die Erstauflagen ihrer Kinderbücher vor dem Berichtszeitraum erschienen sind, wird ein Überblick über die Erst-Erscheinung der wichtigsten Werke in chronologischer Folge vorangestellt, so z.B. bei Christoph v. Schmid. Andererseits wurde in der Rezension das Fehlen der Angabe von Auswahlkriterien bemängelt: was gilt hier als Kinder- und Jugendliteratur und wo liegt die Begrenzung? Es zeigte sich, daß Bilderbücher ebenso fehlen wie Sachbücher. Auch fehlen ohne Begründung alle anonym erschienenen Titel: In den beiden GV findet man allein unter Wörtern und Wortverbindungen wie Märchen, Bilder-, Jugend- , Kinder- u.a. seitenweise Titel, die alle bei Klotz fehlen.

Hat sich nun etwas in den folgenden Bänden geändert? In den weiteren Bänden selbst findet sich dazu kein Hinweis. Erst im letzten Band, im Nachwort wird zur Auswahl und einigen Problemen der Begrenzung Stellung genommen. Das Nachwort liest sich wie eine nachträgliche Rechtfertigung. Leider auch mit falschen Vorgaben. So heißt es dort: "Nachdem einmal feststand, daß anzustrebende Vollständigkeit allseits erwünscht sei, wurde die ursprüngliche Begrenzung auf 2 Bände aufgehoben. Dementsprechend hat sich vom 2. Band an die Gesamtlage etwas verändert." Dieser Satz ist sonderbar. Natürlich war Vollständigkeit "erwünscht", aber auch schon vom ersten Band an, denn sie wurde dort bereits versprochen. Der Untertitel lautet ab Band 1: Gesamtverzeichnis der Veröffentlichungen in deutscher Sprache und in der Vorbemerkung des ersten Bandes heißt es nochmals, daß "Vollständigkeit angestrebt" wird.

Die "ursprüngliche Begrenzung auf 2 Bände" ist kaum glaubhaft, wenn der erste Band nur von A-F reicht, also noch nicht einmal ein Viertel des Alphabets umfaßt. Sonderbar ist auch die Bemerkung "Nach dem neuen erweiterten Konzept wurden nun auch viel mehr Werke von dichtenden Illustratoren aufgenommen." Es fehlen aber immer noch dichtende Illustratoren wie Lothar Meggendorfer, Oscar Pletsch oder Gustav Süs und viele andere, obwohl es von ihnen Werkbibliographien gibt. Die zu Lothar Meggendorfer wird sogar bei den Verwendeten Nachschlagewerken ... angeführt. Warum waren dichtende Illustratoren vorher weggelassen worden, während dichtende Lehrer, Pfarrer, Juristen, u.a. aufgenommen wurden?

Der angegebene Berichtszeitraum wird auch in den folgenden Bänden nicht eingehalten. Um nicht "den Gesamteindruck von Werk und Persönlichkeit zu verstümmeln" bei "jenen Autoren, deren umfangreichere Produktion die gesetzten Erscheinungsgrenzen sprengt", wurde praktisch ein einmal im Berichtszeitraum erfaßter Autor komplett über den gesetzten Zeitraum hinaus verzeichnet. Man gewinnt auch den Eindruck, daß öfter ein nun einmal ermittelter Autor aufgenommen wurde, obwohl kein einziges Werk von ihm im vorgegebenen Zeitraum erschienen ist. So sind z.B. J. Rion mit 16 Titeln, alle vor 1838 erschienen, Carl Schartmann mit 6 Titeln, J. G. Ziehnert mit 16 Titeln, P. N. Zink mit 10 Titeln vertreten. Anna Seghers ist mit nur einem Titel verzeichnet und der ist 1966 erschienen. Das sind zufällig gefundene Abweichungen und vielleicht Ausnahmen, aber es wirkt doch etwas zufällig, wenn dagegen andere Autoren mit ihren Kinderbüchern fehlen, obwohl sie im GV verzeichnet sind. Bei der Aufnahme im Berichtszeitraum erschienener Werke wurde die angestrebte Vollständigkeit auch bewußt durchbrochen und eine Auswahl getroffen. So findet man allein in den letzten zwei Bänden unter mindestens zwei Dutzend Verfassernamen den Hinweis Auswahl ohne jegliche Begründung. Bei einigen anderen steht Auswahl für die Jugend, das ist aber das eigentliche Auswahlprinzip der Bibliographie und wird sonst auch nicht erwähnt. Seltsamer noch wirken subjektive Auswahlbegründungen wie jugendgeeignete Ausgaben, Auswahl der Werke, die für die Jugend geschrieben wurden, oder von Pädagogen und Verlegern als jugendgeeignet eingeschätzt wurden oder von Jugendlichen gelesene Titel.

Dennoch steckt in diesen fünf Bänden eine riesige Anzahl von Werkbibliographien. Die Titel sind korrekt verzeichnet und sämtliche Auflagen mit ihren Abweichungen von der Erstauflage gleich angeschlossen. Bei den sehr erfolgreichen Titeln, deren wechselnde Ausgabenarten vom Verlag in einer durchgehenden Auflagenzählung herausgegeben wurden, erfolgt eine tabellarische Aufstellung. Sie ermöglicht eine bequeme Übersicht. Erwähnt werden müssen noch einige Annehmlichkeiten. Das sind vor allem die Auflösungen von Pseudonymen, die Klärung der Autorschaft bei Wendungen wie "Verfasser von ..." sowie die Enthüllung der vielen Onkel ... und Tanten ... als Verfasser.

Sehr verdienstvoll ist die Erarbeitung der Bibliographie der Märchen der Brüder Grimm, die im letzten Band angefügt ist. An die schwierige Erfassung der Märchen hat sich bisher noch niemand herangewagt. Es wurden bisher lediglich die zu Lebzeiten der Brüder Grimm erschienenen, also die noch von ihnen bearbeiteten Ausgaben bibliographisch erfaßt. Nun sind fast zweitausend Titel zu den Grimmschen Märchen nach Gesamtausgaben, Auswahlbänden und Einzelmärchen verzeichnet. Hinzu kommen noch 755 Theaterstücke nach Märchen der Brüder Grimm. Vorangestellt sind die Namen von über 350 Herausgebern und Bearbeitern, von denen auf ihre Ausgabe verwiesen wird. Das Material mit seinen zahlreichen gleich- und ähnlich-lautenden Titeln hat natürlich seine Tücken. Hier bewährt sich das Prinzip, gleichlautende Titel nach Verlagen zu ordnen. Die Erstausgaben der Großen und Kleinen Originalausgabe hätte man aber doch an den Anfang stellen sollen. Jetzt findet man nach Titel 621 eine Verweisung auf Titel Nr. 745, wo die Erstausgabe verzeichnet ist. Den Märchen der Brüder Grimm folgen noch die Märchen von Tausendundeine Nacht mit 286 Titeln.

Das gesamte Titelmaterial wird durch acht Register erschlossen. Es gibt Register für Titel, Illustratoren, Erscheinungsjahre, Suchworte, Sachgruppen, Verlagsorte, Verlage und Reihen. Bei der Benutzung der Register ist zu beachten, daß sie anders geordnet sind als der Hauptteil mit den Titeln nach Verfassern. Während bei den Verfassernamen die Umlaute ä, ö, ü (wie allgemein üblich) aufgelöst wurden und wie ae, oe, ue ordnen, geschieht das im Titelregister und im Suchwortregister sowie im Register der Illustratoren, Verlagsorte, Verlage und Reihen nicht. Hier wird ä wie a, ö wie o und ü wie u behandelt. Im folgenden Anmerkungen zu Besonderheiten und Mängel einzelner Register.

Das Titelregister ordnet "unverfälscht vom ersten Zeichen an nach der festgelegten Ordnung". So werden die Artikel am Anfang des Titels nicht übergangen, sondern zum ersten Ordnungswort. Außerdem ist zu beachten: "Unverfälscht" heißt, die Titel wurden in der vorliegenden Orthographie übernommen und geordnet. Titel in alter abweichender Orthographie sind für sich extra geordnet. Worte in früherer Schreibweise z.B. mit th muß man zweimal nachschlagen. Titel wie Abenteuer, Märchen Rätsel, Tier stehen mit th in eigener Ordnung mal weiter vor (Mährchen, Räthsel, Thier) mal weiter hinter (Abentheuer) dem Ordnungswort in der heutigen Schreibweise. Leider wurde darauf nicht hingewiesen.

Das Illustrationsregister verzeichnet seltsamerweise nicht "selbständige Werke der Künstler".

Das Register der Erscheinungsjahre "greift etwas weiter aus, als es der Titel der Bibliographie ankündigt. Für den Zeitraum 1840 - 1950 wurde Vollständigkeit angestrebt; die Begrenzung der Kernzeit wurde jedoch vielfach überschritten ...". Das Register reicht von 1830 - 1960.

Das Register "der Suchworte (Stichworte)" soll helfen, "Titel zu einem Thema aufzufinden bzw. Titel wiederzufinden, von denen nur noch das wichtigste Wort im Gedächtnis haftet". Das wäre ein Stichwortregister und ein solches ist immer nützlich. Entstanden ist aber überwiegend ein verkürztes Titelregister, da vom Titel lediglich die Artikel weggelassen wurden. Dadurch sind viele z.T. nichtssagende Adjektive wie z.B. alle, allerlei, allerneuestes, alte, beste, erste, gute, kleine, neue, schöne u.a. mit dem nachfolgenden Substantiv zum Suchwort geworden. Da in diesem Register alle Titel nur einmal verzeichnet sind, fehlt häufig der Zugriff gerade auf das aussagekräftige Substantiv: Die große Erfindung steht unter g, neuer Hiob unter n. Zu beachten ist, daß auch hier die im Titel vorliegende Orthographie übernommen wurde. Wer Titel unter dem Stichwort Tiere sucht, muß beachten, daß zwei Spalten vorher unter Thiere bereits viele Titel verzeichnet sind.

Das Sachgruppen-Register bietet "Informationen zu insgesamt zwölf Interessengebieten". Informationen sind es aber nicht, es werden lediglich Titelnummern geboten und bei 75.000 Titeln sind 12 Gebiete ohne weitere Untergliederung gänzlich unzureichend. Es nützt wohl nicht viel, wenn zur Abenteuer-Literatur über 6000 Titelnummern in aufsteigender Zahl angeboten werden: das sind über 20 eng bedruckte Spalten à 60 Zeilen nur mit Zahlen. Im ähnlichen Umfang werden Historische Erzählungen oder Märchen angeboten. Religiöse oder moralisch-belehrende Schriften werden auf 17 Spalten, Mädchenbücher mit über 3000 Titelnummern verzeichnet. Man hätte natürlich die endlosen Zahlenkolonnen beträchtlich verringern können. Es ist überhaupt nicht notwendig alle fortlaufenden Titelnummern auszudrucken, statt sie zusammenzuziehen. Bei Andersens Märchen z.B. wurden alle 157 fortlaufenden Titelnummern gedruckt, ein Bindestrich zwischen der ersten und letzten Zahl hätte genügt. Dadurch wären allein hier einhundert Zeilen mit Titelnummern weggefallen.

"Reihen, Jahrbücher und Anthologien. Mit diesem Register wird ein Überblick möglich über die Vielzahl der anthologischen Veröffentlichungen." So steht es in den Benutzungshinweisen. Vor dem eigentlichen Register steht nur Reihen. Das ist wohl auch zutreffender, denn man findet zumindest keine Jahrbücher. Die Verzeichnung der Jahrbücher ist in diesem Gesamtverzeichnis ein Kapitel für sich. In der Vorbemerkung im ersten Band wird gefragt: "Was war früher und weiter verbreitet: Jahrbücher für Mädchen wie 'Töchteralbum' und 'Herzblättchens Zeitvertreib' oder die für Buben wie 'Der gute Kamerad' und 'Das neue Universum'? Zu diesen und ähnlichen Fragen gibt das bibliographische Lexikon Auskunft." Versucht man nun, sich diese Auskunft zu holen, stößt man gleich auf Schwierigkeiten. Die Titel dieser Jahrbücher findet man in der Bibliographie nicht, denn die Bibliographie ordnet "zunächst nach Autoren" und dabei ist es geblieben. Titel kann man nur unter ihren Verfassernamen oder im Titelregister finden. Das Titelregister verweist von Töchteralbum und Herzblättchens Zeitvertreib jeweils zu deren Herausgebern. Dort sind mit einer kleinen Lücke die über 70 Jahrgänge der beiden Jahrbücher verzeichnet. Vom Titel Der gute Kamerad wird im Titelregister viermal verwiesen, aber nur einer verweist auf einen Herausgeber des Jahrbuches. Max Felde hat die Jahrgänge 13 (1898) - 25 (1911) herausgegeben. Mehr erfährt man zu diesem Jahrbuch, das von 1887 - 1978 in 78 Jahrgängen erschienen ist, nicht. Der Herausgeber der ersten 12 Jahrgänge, Wilhelm Spemann, war Verleger und hat kein Kinder- oder Jugendbuch geschrieben, so erscheint er auch nicht in der Bibliographie. Den Titel Das neue Universum findet man erst gar nicht im Titelregister. Der erste Herausgeber des von 1880 - 1974 in 81 Jahrgängen erschienenen Jahrbuches war wieder der Verleger Wilhelm Spemann. Die späteren Herausgeber werden wohl auch keine Kinder- oder Jugendbücher geschrieben haben und fehlen deshalb als "nur" Herausgeber ebenfalls in der Bibliographie der Autoren. Die versprochene Auskunft "Was war früher und weiter verbreitet ..." kann mit dieser Bibliographie also nicht eingeholt werden. Durch das Prinzip der Berücksichtigung nur von Verfassern fehlen in der Bibliographie nicht nur die vielen anonym erschienenen Schriften, sondern auch zahlreiche Jahrbücher für Kinder und Jugendliche.

Alle diese kritischen Bemerkungen beeinträchtigen nicht die Anerkennung der enormen Leistung. Sie zeigen aber, daß so ein umfangreiches und schon allein von der Quellenlage her schwieriges Vorhaben die Möglichkeiten eines Einzelnen übersteigt. Geschaffen wurde dennoch eine nützliche Bibliographie für Verfasserschriften der Kinder- und Jugendliteratur. Für die Ermittlung der Kinder - und Jugendbücher einzelner Autoren ist es mit Einschränkungen (verläßliche Angabe der Erscheinungsjahre) gut. Zum Schluß kann nur wiederholt werden: Man wird bei Recherchen im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur immer zuerst zur Bibliographie von Klotz greifen, sich aber nicht damit zufrieden geben dürfen. Das Werk macht leider die vielen kleinen Bibliographien, Bestandsverzeichnisse und Werkbibliographien nicht überflüssig. Es ist aber der Ort der ersten Orientierung.

Heinz Wegehaupt


[1]
1. (A - F). - 1990. - VII, 522 S. - (... ; 11). - ISBN 3-476-00702-2 : DM 298.00. - Rez.: ABUN in ZfBB 39 (1992),2, S. 131 - 136. - 2. (G - K). - 1992. - 548 S. - (... ; 12). - ISBN 3-476-00703-0 : DM 328.00. - 3. (L - Q). - 1994. - 485 S. - (... ; 13). - ISBN 3-476-00704-9 : DM 328.00. - Rez: IFB 95-4-505. (zurück)

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