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Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 9(2001) 1
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Juristen für das Reich


01-1-113
Juristen für das Reich : die deutschen Rechtsstudenten an der Universität Bologna 1265 - 1425 / von Jürg Schmutz. - Basel : Schwabe. - 23 cm. - (Veröffentlichungen der Gesellschaft für Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte ; 2). - Zugl.: Bern, Univ., Diss., 1997. - ISBN 3-7965-1437-5 : SFr. 85.00, DM 98.00
[6165]
Teil 1. Text. - 2000. - 311 S. : Ill.
Teil. 2. Personenkatalog und Ortsregister. - 2000. - S. 317 - 800.

Unter den europäischen Universitäten des Mittelalters nahm die Universität Bologna stets eine Sonderstellung ein, galt sie doch mit einem angenommenen, wenn auch nicht ganz gesicherten Gründungsdatum 1088 als die älteste Universität, die vor allem als Ausbildungsstätte für Juristen einen vorzüglichen Ruf genoß und in Ermangelung von Hochschulen im Alten Reich bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts für deutsche Rechtsstudenten äußerst attraktiv war.

Die vorliegende, an der Universität Bern angenommene Dissertation untersucht die deutsche Studentenschaft Bolognas im ersten Band detailliert nach ihrer geographischen und sozialen Herkunft, der Organisation ihrer Studien in Bologna und den späteren Karrieren. Der zweite Band enthält eine ausführliche prosopographische Dokumentation von 3601 deutschen Rechtsstudenten der Jahre 1265 bis 1425, darunter 40 anonym gebliebene Juristen.

Da die Geschichte der Universität Bologna nicht zuletzt wegen der guten Quellenlage schon frühzeitig das Interesse der Universitätshistoriker gefunden hatte, konnte Schmutz auf solide Vorarbeiten zurückgreifen. Besonders eng verbunden ist sein Werk mit dem biographischen Lexikon Deutsche Studenten in Bologna (1289 - 1562) des bekannten Universitätshistorikers Gustav Knod.[1] Knods mittlerweile gut hundert Jahre altes Werk basierte wiederum auf den Acta Nationis Germanicae Universitatis Bononiensis.[2] Schmutz hat eine Reihe von weiteren Quellen entdeckt und ausgewertet, unter den "universitären" Quellen neben den erwähnten Acta die Libri secreti iuris caesarei et pontifici, die Promotionsregister, sowie die Statuten der Deutschen Nation. Unter den kommunalen Quellen erwiesen sich die umfangreichen städtischen Notariatsregister, die Memoralia communis, als besonders ergiebig. Ihr Einsetzen im Jahre 1265 war hier ausschlaggebend für die Wahl des Anfangsjahrs, während das Schlußjahr mehr oder weniger willkürlich gewählt wurde. Der Rückgriff auf derartige "Ersatzquellen" erwies sich gerade wegen des generellen Fehlens von Matrikeln bei italienischen Hochschulen des Mittelalters als nötig.

Der besonders wichtige Personenkatalog (Teilband 2) will Knods erwähnten Index auch für den sich in beiden Werken überschneidenden Berichtszeitraum bewußt nicht ersetzen, sondern ihn ergänzen und erweitern, ihn auf den neuesten Forschungsstand bringen. Eine Konkordanz (Teil 2, S. 320 - 338) verknüpft die prosopographische Dokumentation von Schmutz mit der von Knod. Der Aufbau des Personenkatalogs gliedert sich wie folgt: Laufende Nummer im Katalog, Name und belegte Aufenthaltsjahre in Bologna, Nummer bei Knod, mögliche Identität mit anderen aufgeführten Personen, jeweils mit weiteren Unterpunkten: Studium in Bologna, Herkunft, Familie und Lebensdaten des Studenten, Studium an anderen Universitäten, akademische Titel, weitere Ausbildung sowie Funktionen, Tätigkeiten, Wirken, Werke.

Das Ergebnis ist eine sehr dichte Prosopographie deutscher Rechtsstudenten in Bologna, methodisch an den Arbeiten der Doktorväter Rainer Chr. Schwinges und Peter Moraw orientiert, zugleich ein weiterer wichtiger Baustein zum vollständigen personengeschichtlichen Inventar deutscher Studenten im Mittelalter und letztlich eine schöne Ergänzung zum leider steckengebliebenen Biographischen Repertorium der Juristen im Alten Reich.[3] Es wäre schön, wenn diese sehr gelungene Arbeit eine Fortsetzung für die Zeit nach 1425 fände, eventuell bis zum Ende des Knodschen Index im Jahre 1562, vielleicht sogar darüber hinaus.

Wie die kürzlich edierte, leider offensichtlich nur noch fragmentarisch überlieferte Matrikel der Deutschen Nation in Bologna belegt,[4] existieren weitere wichtige Quellen zur Universitätsgeschichte Bolognas und seiner deutschen Studenten in der frühen Neuzeit.

Manfred Komorowski


[1]
Deutsche Studenten in Bologna (1289 - 1562) : biographischer Index zu den Acta Nationis Germanicae Universitatis Bononiensis / Gustav Knod. - Berlin, 1899. - Reprint: Aalen, 1970. - Knod edierte auch die alten Matrikeln der Universität Straßburg 1621 - 1793 in drei Bänden (Straßburg 1897 - 1902, Reprint 1976). (zurück)
[2]
Acta Nationis Germanicae Universitatis Bononiensis : ex archetypis tabularii Malvezziani / iussu Instituti Germanici Savignyani ediderunt Ernestus Friedlaender et Carolus Malagola. - Berolini : Reimer, 1887. - XXXIX, 503 S., [5 Bl.] : Ill. - Reprint: Bologna : Forni, 1988. - (Athenaeum ; 24). (zurück)
[3]
Biographisches Repertorium der Juristen im Alten Reich : 16. - 18. Jahrhundert, A - E [Computerdatei] / hrsg. von Filippo Ranieri und Karl Härter. - Frankfurt am Main : Klostermann, 1997. - (Ius-commune-CD-ROM ; 1). - Enthält außerdem: Katalog der Sammlung Lehnemann : juristische Schriften des 16. - 18. Jahrhunderts / hrsg. von Ulrich Dingler und Karl Härter. - ISBN 3-465-02954-2 : DM 148.00 [4455]. - Rez.: IFB 99-B09-409.
Für die Buchstaben A, C, D und E existieren auch Druckausgaben. (zurück)
[4]
Natio Germanica Bononiae. - Bologna : CLUEB. - 27 cm [5714]. - 1. La matricola : 1573 - 1602, 1707 - 1727 = Die Matrikel / a cura di M. Luisa Accorsi. - 1999. - 239 S. - ISBN 88-491-1255-6 : Lit. 40.000. - Rez.: IFB 00-1/4-304. (zurück)

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