Die Artikel, im Schnitt zwei, aber in Einzelfällen auch bis zu fünf Druckseiten lang, tragen im Kopf die Geburts- bzw. Sterbedaten und beginnen mit einem ordentlichen, ca. 4 x 3 cm großen Autorenporträt. Die Einträge sind mehr oder minder einheitlich aufgebaut: Nach einem kurzen, prägnanten Überblick über die Stellung des Autors in der amerikanischen Literatur- bzw. Kulturgeschichte folgt die Biographie und die Darstellung der wesentlichen Werke mitsamt der Einbettung in den Kontext. Die Artikel enden mit einer kurzen Bibliographie. Weit über eine Inhaltsangabe hinausgehend wird eine Interpretation und ein Abriß der Rezeption vermittelt. Es sollen dabei nicht nur die "Klassiker", sondern auch "Repräsentanten der Literaturen ethnischer Gruppen" (S. VI) wie auch die Autoren der "Populärkultur" (S. VI) auf der Basis eines "erweiterten Literaturbegriffs" (S. VI) einbezogen werden. Die im Text erwähnten Werke sind kursiv gesetzt, die Erstausgabe bzw. die Übersetzung und ihr Jahr werden in Klammern genannt.
Die für die Beurteilung maßgeblichen Faktoren der Autoreneinträge, der Bibliographien sowie der Beigaben und des Index seien kurz erläutert:
1. Autorenauswahl und Qualität der Artikel.
Da den einzelnen Autoren eine relativ große Breite zugestanden wird, ist die Auswahl im Rahmen eines einbändigen Lexikons am unteren Ende des mittleren Preissegments nicht ohne Probleme, aber vertretbar. Freilich werden Kompromisse nötig und Prioritäten gesetzt, die den Informations- und Nachschlagewert des Lexikons mindern. Weil eine repräsentative Darstellung der Klassiker, der ethnischen Literaturen wie auch der populären Literatur bis hin zum Kriminalroman und zur Science Fiction angestrebt wird, müssen naturgemäß Autoren entfallen, die unverzichtbar erscheinen. So sind, aus Platzgründen seien jeweils nur wenige signifikante Beispiele genannt, bei der älteren Literatur Samuel Sewall und John Smith, bei den Südstaatenautoren Erskine Caldwell, Ellen Gilchrist, Caroline Gordon und Peter Taylor, sowie bei den Afro-Amerikanern Alice Childress, Alain Locke und Margaret Walker nicht aufgenommen. Bei den asiatisch-amerikanischen Autoren bleiben beispielsweise Frank Chin oder Garrett Hongo, bei den Hispanos etwa Gloria Anzaldua, Nash Candelaria oder Denise Chavez, um nur Namen vom Beginn des Alphabets zu nennen, ausgeschlossen. Schließlich werden im Bereich der Lyrik des 20. Jahrhunderts unter anderen Vachel Lindsay, Kenneth Rexroth, Karl Shapiro, Richard Wilbur und Louis Zukofsky nicht berücksichtigt.
Die Artikel sind, wenn man auch über die in Einzelfällen getroffenen Akzentuierungen durchaus streiten kann, in ihren biographischen Daten, der Analyse und der Rezeption sowie zentralen Fragen der Fachdiskussion bis hin zur literaturgeschichtlichen Bewertung formal und sachlich korrekt und bieten in der Mehrzahl der Fälle eine recht gute Information und eine verläßliche Vielfalt an Wissen in der ausführlichen Beschreibung und Interpretation.
2. Bibliographische Angaben bei den Artikeln.
Die Artikel enden, je nach der Einschätzung der individuellen
Verfasser, in einem Anhang, der nach Werkausgabe, also der
Primärliteratur, und nach Literatur, also der Sekundärliteratur,
untergliedert ist. In einer ganzen Reihe von Fällen wird allerdings
unverständlicherweise auf die Angabe der Primärliteratur verzichtet
- dies auch, wenn anerkannte Editionen vorliegen. Sofern Titel der
Primärliteratur genannt sind - bei einer ganzen Reihe von Autoren
erlaubt die editorische Situation freilich keine verläßliche Nennung
-, bieten sie in den meisten Fällen einen bibliographisch
zuverlässigen und zeitsparenden Einstieg, da anerkannte Gesamt-,
Teil- und Einzelausgaben aufgeführt sind. Wünschenswert wären freilich
auch
Angaben über Archive und Nachlässe, eine einheitliche Handhabung bei
der Nennung von Briefeditionen und nicht zuletzt die konsequente
Angabe der meist exzellenten Ausgaben in den Norton critical editions
und der Library of America. In einer Reihe von Einträgen wird leider,
hierin liegt ein anderes Problem dieses Lexikons, der Leser
irregeführt oder ungenügend informiert.[1]
Auch bei der Sekundärliteratur, die ebenfalls in der Mehrzahl der
Fälle gut ausgewählt ist, allerdings manche Wünsche offenläßt, wäre
die ordnende, koordinierende und ergänzende Hand der Herausgeber nötig
gewesen, da das insgesamt recht positive Bild in einer Reihe von
Einträgen massiv beeinträchtigt wird. Dies gilt etwa für Nathaniel
Hawthorne, William Dean Howells, Langston Hughes, Harriet Beecher
Stowe oder Henry David Thoreau.
3. Beigaben, Index, Verweisungen.
Die Beigaben entsprechen dem in solchen Werken Üblichen. Die im Anhang
enthaltene Liste der Literaturgeschichten und Nachschlagewerke (S. 755
- 756) spart allerdings am falschen Platz, da sie zwar eine
ordentliche Auswahl bringt, aber auch bei knappem Raum unentbehrliche
Titel[2] nicht aufführt. Es wird zwar ein Verzeichnis der
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (S. 757 - 760) angeboten, das den
Hochschulort angibt und dazu die von den Beiträgern verfaßten
Autorenartikel in alphabetischer Folge enthält, aber eine getrennte,
selbständige Liste der Einträge wäre für den Leser wohl günstiger
gewesen. Das zweispaltige, korrekte Personenregister (S. 761 - 766)
hebt die Hauptstellen der Autoren durch kursive Seitenzahlen hervor.
Es fehlt aber der in meinen Augen unerläßliche Index der in den
Artikeln behandelten Primärwerke.
Im Text selbst, abgesehen bei den Autorennamen im Kopf der Artikel,
und am Ende der Einträge fehlt jede Art von Verweisungen, so daß der
Leser nicht im Kontext nachschlagen kann. Diese Defizite, die zwar bei
der Erstellung eines Lexikons Kosten und Zeit sparen, sind jeoch für
den Leser von Nachteil.
Zur Einschätzung des Lexikons, auch im Vergleich mit ähnlichen Werken,
läßt sich zusammenfassend feststellen:
1. Trotz der Problematik der Autorenauswahl, der Mängel im Register,
der fehlenden Verweisungen und der schwankenden Qualität der
bibliographischen Angaben kann dieses preisgünstige und aktuelle
Lexikon für allgemeine und philologische Lesesäle empfohlen werden.
Für die (retrospektive) Titelauswahl, die Bestandskontrolle und
Fortbildung im Fachreferat ist es durchaus nützlich, für den
Signierdienst und rein bibliographische Zwecke allerdings nur begrenzt
geeignet. In den Lesesälen reicht es als alleiniges Nachschlagewerk
nicht aus, kann jedoch die üblicherweise vorhandenen Nachschlagewerke,
wie etwa Alfred Hornungs vorzügliches Lexikon amerikanische Literatur,
1992, (IFB 93-1/2-061), den in seiner Konzeption revisionsbedürftigen
Oxford companion to American literature, 1997, (IFB 97-1/2-149),
Steven R. Serafins Encyclopedia of American literature, 1999, (IFB
00-1/4-184) oder Thomas Riggs' Reference guide to American literature,
2000 (4. Aufl.), partiell ergänzen.
2. Aufgrund der unterschiedlichen Konzeptionen ist das vorliegende
Werk jedoch mit diesen anderen Lexika nur bedingt vergleichbar. Trotz
der in der Regel gut gelungenen Darstellung und der größeren Tiefe der
Beschreibung ist sein reiner Nachschlagewert in vielen Fällen deutlich
geringer. Durch eine verbesserte Autorenauswahl und eine einheitliche,
revidierte und erweiterte Verzeichnung der Primär- und
Sekundärliteratur könnten die Vorzüge des Werkes, gegebenenfalls in
einer zweibändigen Ausgabe, besser zur Geltung kommen.
Sebastian Köppl
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