Der in diesem Verfahren begründete Zwang, immer an zwei Stellen
nachschlagen zu müssen, ist in Bd. 1 für die Primärliteratur besonders
ärgerlich, selbst wenn die Gliederung in beiden Teilen dieselbe ist:
1. Gesamtausgaben, 2. Gesammelte Romane und Ähnliches, 3.
Einzelausgaben der Romane, 4. Vermischte Sammlungen und ausgewählte
Kurzprosa, 5. Einzelveröffentlichungen und andere Prosa (innerhalb
alphabetisch); auf die deutschsprachigen Originale folgen jeweils die
Übersetzungen im Sprachenalphabet. Die Titelaufnahmen folgen keinem
bestimmten Regelwerk und sind vor allem im alten Teil gekürzt (so
fehlt zumeist die Umfangsangabe, selbst bei unselbständigen
Publikationen). Erklärende Angaben zur Textgestalt der verzeichneten
Ausgaben fehlen[2] bzw. beschränken sich auf das, was im Titel steht,
und bei Nachauflagen kann man dann raten, auf welche Ausgabe sich der
Zusatz "nach der kritischen Ausgabe" bezieht. Ein kleiner Teil der
verzeichneten Titel sind im alten Teil mit einem Asteriskus als nicht
nach Autopsie verzeichnet markiert; der Rez. vermutet, daß deren
Anteil wesentlich größer ist. Das Werkregister erschließt beide Teile
und enthält auch Eintragungen unter den englischsprachigen Titeln,
nicht dagegen unter den Übersetzungen in sonstige Sprachen;
aufgenommen und mit Asteriskus markiert sind auch "kleinere, nicht in
diese Bibliographie aufgenommene Titel ... um eine möglichst
vollständige Werkliste in beiden Sprachen zu bieten" (S. 195), ohne
daß der Rez. sähe, wem damit gedient wäre. Sonstige Register, etwa der
Herausgeber oder vor allem der Übersetzer fehlen leider. - Davon, was
eine gute Bibliographie der Werke eines Autors an Informationen zur
Textgestalt zu bieten hat, von adäquaten Registern ganz zu schweigen,
kann man sich ein Bild an Hand der Weimarer Nietzsche-Bibliographie[3]
machen.
Bd. 2 verzeichnet in den beiden Teilbänden die Sekundärliteratur von
1955 - 1980 bzw. 1981 - 1997, erster als unveränderter Nachdruck der
Ausgabe von 1987. Lediglich die damals bereits gebotenen Nachträge für
Titel bis 1985 wurden in den zweiten Teil eingearbeitet. Dafür gibt es
zu letzterem bereits wieder Addenda (Neues und Ergänzungen) auf S. 961
- 997. Warum für den ersten Teil der Berichtsbeginn bei 1955 gewählt
wurde,[4] ist dem Vorwort nicht zu entnehmen, wo es lediglich heißt, daß
"Die Bibliographie ... zugleich als Einführungs- und Kommentarwerk zur
Kafkaforschung eines halben Jahrhunderts verstanden werden (will), das
auch einen guten Teil der vor 1955 erschienenen Sekundärliteratur in
Neuauflagen und Sammelbänden einschließt" (Bd. 1, S. XIV). Der
Anspruch, "Kommentarwerk zur Kafkaforschung" zu sein, rechtfertigt
freilich primär der erste Teil, in dem nicht nur die Monographien,
sondern auch viele Aufsätze mit kurzen oder ausführlichen Annotationen
versehen sind, eine sehr nützliche Beigabe, die sich im zweiten Teil
leider auf die Monographien beschränkt. Englischsprachige
Zusammenfassungen dieser Kommentare aus dem zweiten Teil (und einigen
ausgewählten aus dem ersten) sind im Anhang (S. 999 - 1079) im
Alphabet der Verfasser zusammengestellt. Einteilung in fünf
Abschnitte: 1. Bibliographien, 2. Sammelbände (mit einleitenden
Kurztiteln, nach denen in Abschnitt 4 zitiert wird), 3.
Dissertationen, 4. Artikel, 5. Bücher, innerhalb alphabetisch. Auch
hier sind die bibliographischen Angaben im zweiten Teil vollständiger
als im ersten, dafür sind nur in diesem die nicht nach Autopsie
zitierten Titel markiert. Wie es um die Vollständigkeit bestellt ist,
und ob diese angestrebt wurde, ist nicht vermerkt. Wenn man bedenkt,
daß Heiner Schmidts titelreiches Quellenlexikon zur deutschen
Literaturgeschichte[5] für Kafka ca. 4900 Eintragungen enthält, so hätte
dessen Auswertung vermutlich viele zusätzliche Titel erbracht, (ganz
abgesehen von den zwischen 1945 und 1954 erschienenen Publikationen).
Beide Teile der Sekundärliteratur werden durch ein gemeinsames
Register 1. der Schlagwörter und der behandelten Personen sowie 2. der
Werktitel (mit Verweisungen von den englischen Übersetzungstiteln auf
die deutschen) erschlossen; da die Titel der Bibliographie nicht
durchnumeriert sind, verweisen die Register auf die Seiten; die vor
allem im zweiten Register vorkommenden langen Eintragungen (unter Der
Prozeß ca. 520 Nennungen) sind deshalb kaum noch nutzbar, zumal man
immer die ganze Seite überprüfen muß.
Auch wenn es sich bei vorliegendem Werk um die
"Standard"-Bibliographie zu Franz Kafka handelt, hätte dieser Autor
Besseres verdient.
Klaus Schreiber
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