Bietet die elektronische Erschließung und digitale Darstellung gedruckter und handschriftlicher Dokumente möglicherweise neue Lösungen? Das Stadtarchiv Göttingen, mit mehr als 300 Stammbüchern Besitzerin einer der größten Sammlung Deutschlands, legt in Form einer CD-ROM eine interessante Kombination von Katalog und Bildteil ihrer Stammbuchsammlung vor. Auf der Basis des Datenbankprogramms ALLEGRO sind 17.665 Datensätze mit ca. 800 Abbildungen erfaßt, die formale und inhaltliche Angaben zu den Stammbüchern enthalten. In 10 Registern (Personen, Herkunft/Nation, Eintragungsort, Eintragungsdatum, Sprache, Zitat, Brednich-Nr./Illustration, Stichwörter, Signaturen und Diverses) ist der Bestand recherchierbar. Die Stammbücher sind einzeln in 316 Hauptaufnahmen kurz formal und inhaltlich beschrieben. Mehrere tausend Unteraufnahmen verzeichnen dann jeweils über die Register zu recherchierende Einzelinformationen zu den Einträgen. Die Datenbank wird ergänzt durch eine Sammlung von etwa 800 Abbildungen von enthaltenen Stammbuchillustrationen, die man mit einem Viewer betrachten kann. Die Registereinträge, die auch in drei Eingabefeldern mit unterschiedlichsten Kombinationen durchsucht werden können, bieten eine sehr komfortable Recherche für den Göttinger Stammbuchbestand. Beispielsweise lassen sich in wenigen Sekunden alle Stammbücher dieses Bestands ermitteln, die Einträge aus Göttingen aus dem Jahr 1804 enthalten, alle Alben mit französischen Beiträgen polnischer Einträger oder Alben, die deutschsprachige Einträge und studentische Szenen als Illustrationen enthalten und vieles mehr.
Könnte diese Form der Erschließung die gedruckten Kataloge ersetzen? Der höhere Recherchekomfort ist ohne Frage ein Gewinn gegenüber der konventionellen Verzeichnung und auch die beigegebenen Abbildungen der Stammbuchillustrationen sind von großem Vorteil. Der entscheidende Fortschritt der elektronischen Erschließung liegt nach Meinung der Rezensentin jedoch in der unmittelbaren Präsentation der Quellen selbst, den dieses Projekt gerade nicht nutzt. Auch wenn aufgrund eines zu hohen Erfassungsaufwands die Volltextrecherche im Eintrag nicht ermöglicht würde, wäre - gerade bei dieser Art von Materialien - zumindest doch die Wiedergabe der Stammbucheinträge als Bildseiten wünschenswert und dem gedruckten Katalog vorzuziehen. Als Inventar oder Repertorium ist die Datenbank dem Druck nicht überlegen, wohl aber in der vollständigen Präsentation der Stammbuchseiten. Deshalb wird auch Ingeborg Kreklers Buchkatalog der Stuttgarter Stammbuchsammlung seinen Wert als nützliches und minutiöses Forschungsinstrument behalten und dem Benutzer Respekt vor der beeindruckenden Erschließungsleistung abverlangen.