Die ersten drei Bände wurden hier bereits besprochen.[1] Es wurden der
Fleiß und die Energie der Bearbeiterin sowie einige Vorzüge der
bibliographischen Ordnung gelobt, aber auch kritische Einwände,
besonders zur Vollständigkeit bzw. Auswahl erhoben. Nicht alles soll
wiederholt werden. Wie schon in der ersten Rezension vermerkt, ist die
Grundanlage der Bibliographie sehr praktisch. Die Autorennamen sind
durchnumeriert und innerhalb jedes Autors sind dessen Werke für sich
wieder durchgezählt unter Voranstellung der betreffenden
Autorennummer. So sind Verweisungen leicht möglich und jeder Titel
kann bequem zitiert werden. Bei klassischen Kinderbüchern, bei
Büchern, die in vielen Bearbeitungen erschienen sind, wird die
Übersicht, das Finden einer bestimmten Bearbeitung dadurch
erleichtert, daß die Bearbeiter und Herausgeber gleich nach dem
Verfassernamen aufgeführt werden und auf ihre Bearbeitung verwiesen
wird. Bei einigen Autoren, bei denen die Erstauflagen ihrer
Kinderbücher vor dem Berichtszeitraum erschienen sind, wird ein
Überblick über die Erst-Erscheinung der wichtigsten Werke in
chronologischer Folge vorangestellt, so z.B. bei Christoph v. Schmid.
Andererseits wurde in der Rezension das Fehlen der Angabe von
Auswahlkriterien bemängelt: was gilt hier als Kinder- und
Jugendliteratur und wo liegt die Begrenzung? Es zeigte sich, daß
Bilderbücher ebenso fehlen wie Sachbücher. Auch fehlen ohne Begründung
alle anonym erschienenen Titel: In den beiden GV findet man allein
unter Wörtern und Wortverbindungen wie Märchen, Bilder-, Jugend- ,
Kinder- u.a. seitenweise Titel, die alle bei Klotz fehlen.
Hat sich nun etwas in den folgenden Bänden geändert? In den weiteren
Bänden selbst findet sich dazu kein Hinweis. Erst im letzten Band, im
Nachwort wird zur Auswahl und einigen Problemen der Begrenzung
Stellung genommen. Das Nachwort liest sich wie eine nachträgliche
Rechtfertigung. Leider auch mit falschen Vorgaben. So heißt es dort:
"Nachdem einmal feststand, daß anzustrebende Vollständigkeit allseits
erwünscht sei, wurde die ursprüngliche Begrenzung auf 2 Bände
aufgehoben. Dementsprechend hat sich vom 2. Band an die Gesamtlage
etwas verändert." Dieser Satz ist sonderbar. Natürlich war
Vollständigkeit "erwünscht", aber auch schon vom ersten Band an, denn
sie wurde dort bereits versprochen. Der Untertitel lautet ab Band 1:
Gesamtverzeichnis der Veröffentlichungen in deutscher Sprache und in
der Vorbemerkung des ersten Bandes heißt es nochmals, daß
"Vollständigkeit angestrebt" wird.
Die "ursprüngliche Begrenzung auf 2 Bände" ist kaum glaubhaft, wenn
der erste Band nur von A-F reicht, also noch nicht einmal ein Viertel
des Alphabets umfaßt. Sonderbar ist auch die Bemerkung "Nach dem neuen
erweiterten Konzept wurden nun auch viel mehr Werke von dichtenden
Illustratoren aufgenommen." Es fehlen aber immer noch dichtende
Illustratoren wie Lothar Meggendorfer, Oscar Pletsch oder Gustav Süs
und viele andere, obwohl es von ihnen Werkbibliographien gibt. Die zu
Lothar Meggendorfer wird sogar bei den Verwendeten Nachschlagewerken
... angeführt. Warum waren dichtende Illustratoren vorher weggelassen
worden, während dichtende Lehrer, Pfarrer, Juristen, u.a. aufgenommen
wurden?
Der angegebene Berichtszeitraum wird auch in den folgenden Bänden
nicht eingehalten. Um nicht "den Gesamteindruck von Werk und
Persönlichkeit zu verstümmeln" bei "jenen Autoren, deren
umfangreichere Produktion die gesetzten Erscheinungsgrenzen sprengt",
wurde praktisch ein einmal im Berichtszeitraum erfaßter Autor komplett
über den gesetzten Zeitraum hinaus verzeichnet. Man gewinnt auch den
Eindruck, daß öfter ein nun einmal ermittelter Autor aufgenommen
wurde, obwohl kein einziges Werk von ihm im vorgegebenen Zeitraum
erschienen ist. So sind z.B. J. Rion mit 16 Titeln, alle vor 1838
erschienen, Carl Schartmann mit 6 Titeln, J. G. Ziehnert mit 16
Titeln, P. N. Zink mit 10 Titeln vertreten. Anna Seghers ist mit nur
einem Titel verzeichnet und der ist 1966 erschienen. Das sind zufällig
gefundene Abweichungen und vielleicht Ausnahmen, aber es wirkt doch
etwas zufällig, wenn dagegen andere Autoren mit ihren Kinderbüchern
fehlen, obwohl sie im GV verzeichnet sind. Bei der Aufnahme im
Berichtszeitraum erschienener Werke wurde die angestrebte
Vollständigkeit auch bewußt durchbrochen und eine Auswahl getroffen.
So findet man allein in den letzten zwei Bänden unter mindestens zwei
Dutzend Verfassernamen den Hinweis Auswahl ohne jegliche Begründung.
Bei einigen anderen steht Auswahl für die Jugend, das ist aber das
eigentliche Auswahlprinzip der Bibliographie und wird sonst auch nicht
erwähnt. Seltsamer noch wirken subjektive Auswahlbegründungen wie
jugendgeeignete Ausgaben, Auswahl der Werke, die für die Jugend
geschrieben wurden, oder von Pädagogen und Verlegern als
jugendgeeignet eingeschätzt wurden oder von Jugendlichen gelesene
Titel.
Dennoch steckt in diesen fünf Bänden eine riesige Anzahl von
Werkbibliographien. Die Titel sind korrekt verzeichnet und sämtliche
Auflagen mit ihren Abweichungen von der Erstauflage gleich
angeschlossen. Bei den sehr erfolgreichen Titeln, deren wechselnde
Ausgabenarten vom Verlag in einer durchgehenden Auflagenzählung
herausgegeben wurden, erfolgt eine tabellarische Aufstellung. Sie
ermöglicht eine bequeme Übersicht. Erwähnt werden müssen noch einige
Annehmlichkeiten. Das sind vor allem die Auflösungen von Pseudonymen,
die Klärung der Autorschaft bei Wendungen wie "Verfasser von ..."
sowie die Enthüllung der vielen Onkel ... und Tanten ... als
Verfasser.
Sehr verdienstvoll ist die Erarbeitung der Bibliographie der Märchen
der Brüder Grimm, die im letzten Band angefügt ist. An die schwierige
Erfassung der Märchen hat sich bisher noch niemand herangewagt. Es
wurden bisher lediglich die zu Lebzeiten der Brüder Grimm
erschienenen, also die noch von ihnen bearbeiteten Ausgaben
bibliographisch erfaßt. Nun sind fast zweitausend Titel zu den
Grimmschen Märchen nach Gesamtausgaben, Auswahlbänden und
Einzelmärchen verzeichnet. Hinzu kommen noch 755 Theaterstücke nach
Märchen der Brüder Grimm. Vorangestellt sind die Namen von über 350
Herausgebern und Bearbeitern, von denen auf ihre Ausgabe verwiesen
wird. Das Material mit seinen zahlreichen gleich- und
ähnlich-lautenden Titeln hat natürlich seine Tücken. Hier bewährt sich
das Prinzip, gleichlautende Titel nach Verlagen zu ordnen. Die
Erstausgaben der Großen und Kleinen Originalausgabe hätte man aber
doch an den Anfang stellen sollen. Jetzt findet man nach Titel 621
eine Verweisung auf Titel Nr. 745, wo die Erstausgabe verzeichnet ist.
Den Märchen der Brüder Grimm folgen noch die Märchen von
Tausendundeine Nacht mit 286 Titeln.
Das gesamte Titelmaterial wird durch acht Register erschlossen. Es
gibt Register für Titel, Illustratoren, Erscheinungsjahre, Suchworte,
Sachgruppen, Verlagsorte, Verlage und Reihen. Bei der Benutzung der
Register ist zu beachten, daß sie anders geordnet sind als der
Hauptteil mit den Titeln nach Verfassern. Während bei den
Verfassernamen die Umlaute ä, ö, ü (wie allgemein üblich) aufgelöst
wurden und wie ae, oe, ue ordnen, geschieht das im Titelregister und
im Suchwortregister sowie im Register der Illustratoren, Verlagsorte,
Verlage und Reihen nicht. Hier wird ä wie a, ö wie o und ü wie u
behandelt. Im folgenden Anmerkungen zu Besonderheiten und Mängel
einzelner Register.
Das Titelregister ordnet "unverfälscht vom ersten Zeichen an nach der
festgelegten Ordnung". So werden die Artikel am Anfang des Titels
nicht übergangen, sondern zum ersten Ordnungswort. Außerdem ist zu
beachten: "Unverfälscht" heißt, die Titel wurden in der vorliegenden
Orthographie übernommen und geordnet. Titel in alter abweichender
Orthographie sind für sich extra geordnet. Worte in früherer
Schreibweise z.B. mit th muß man zweimal nachschlagen. Titel wie
Abenteuer, Märchen Rätsel, Tier stehen mit th in eigener Ordnung mal
weiter vor (Mährchen, Räthsel, Thier) mal weiter hinter (Abentheuer)
dem Ordnungswort in der heutigen Schreibweise. Leider wurde darauf
nicht hingewiesen.
Das Illustrationsregister verzeichnet seltsamerweise nicht
"selbständige Werke der Künstler".
Das Register der Erscheinungsjahre "greift etwas weiter aus, als es
der Titel der Bibliographie ankündigt. Für den Zeitraum 1840 - 1950
wurde Vollständigkeit angestrebt; die Begrenzung der Kernzeit wurde
jedoch vielfach überschritten ...". Das Register reicht von 1830
- 1960.
Das Register "der Suchworte (Stichworte)" soll helfen, "Titel zu einem
Thema aufzufinden bzw. Titel wiederzufinden, von denen nur noch das
wichtigste Wort im Gedächtnis haftet". Das wäre ein Stichwortregister
und ein solches ist immer nützlich. Entstanden ist aber überwiegend
ein verkürztes Titelregister, da vom Titel lediglich die Artikel
weggelassen wurden. Dadurch sind viele z.T. nichtssagende Adjektive
wie z.B. alle, allerlei, allerneuestes, alte, beste, erste, gute,
kleine, neue, schöne u.a. mit dem nachfolgenden Substantiv zum
Suchwort geworden. Da in diesem Register alle Titel nur einmal
verzeichnet sind, fehlt häufig der Zugriff gerade auf das
aussagekräftige Substantiv: Die große Erfindung steht unter g, neuer
Hiob unter n. Zu beachten ist, daß auch hier die im Titel vorliegende
Orthographie übernommen wurde. Wer Titel unter dem Stichwort Tiere
sucht, muß beachten, daß zwei Spalten vorher unter Thiere bereits
viele Titel verzeichnet sind.
Das Sachgruppen-Register bietet "Informationen zu insgesamt zwölf
Interessengebieten". Informationen sind es aber nicht, es werden
lediglich Titelnummern geboten und bei 75.000 Titeln sind 12 Gebiete
ohne weitere Untergliederung gänzlich unzureichend. Es nützt wohl
nicht viel, wenn zur Abenteuer-Literatur über 6000 Titelnummern in
aufsteigender Zahl angeboten werden: das sind über 20 eng bedruckte
Spalten à 60 Zeilen nur mit Zahlen. Im ähnlichen Umfang werden
Historische Erzählungen oder Märchen angeboten. Religiöse oder
moralisch-belehrende Schriften werden auf 17 Spalten, Mädchenbücher
mit über 3000 Titelnummern verzeichnet. Man hätte natürlich die
endlosen Zahlenkolonnen beträchtlich verringern können. Es ist
überhaupt nicht notwendig alle fortlaufenden Titelnummern
auszudrucken, statt sie zusammenzuziehen. Bei Andersens Märchen z.B.
wurden alle 157 fortlaufenden Titelnummern gedruckt, ein Bindestrich
zwischen der ersten und letzten Zahl hätte genügt. Dadurch wären
allein hier einhundert Zeilen mit Titelnummern weggefallen.
"Reihen, Jahrbücher und Anthologien. Mit diesem Register wird ein
Überblick möglich über die Vielzahl der anthologischen
Veröffentlichungen." So steht es in den Benutzungshinweisen. Vor dem
eigentlichen Register steht nur Reihen. Das ist wohl auch
zutreffender, denn man findet zumindest keine Jahrbücher. Die
Verzeichnung der Jahrbücher ist in diesem Gesamtverzeichnis ein
Kapitel für sich. In der Vorbemerkung im ersten Band wird gefragt:
"Was war früher und weiter verbreitet: Jahrbücher für Mädchen wie
'Töchteralbum' und 'Herzblättchens Zeitvertreib' oder die für Buben
wie 'Der gute Kamerad' und 'Das neue Universum'? Zu diesen und
ähnlichen Fragen gibt das bibliographische Lexikon Auskunft." Versucht
man nun, sich diese Auskunft zu holen, stößt man gleich auf
Schwierigkeiten. Die Titel dieser Jahrbücher findet man in der
Bibliographie nicht, denn die Bibliographie ordnet "zunächst nach
Autoren" und dabei ist es geblieben. Titel kann man nur unter ihren
Verfassernamen oder im Titelregister finden. Das Titelregister
verweist von Töchteralbum und Herzblättchens Zeitvertreib jeweils zu
deren Herausgebern. Dort sind mit einer kleinen Lücke die über 70
Jahrgänge der beiden Jahrbücher verzeichnet. Vom Titel Der gute
Kamerad wird im Titelregister viermal verwiesen, aber nur einer
verweist auf einen Herausgeber des Jahrbuches. Max Felde hat die
Jahrgänge 13 (1898) - 25 (1911) herausgegeben. Mehr erfährt man zu
diesem Jahrbuch, das von 1887 - 1978 in 78 Jahrgängen erschienen ist,
nicht. Der Herausgeber der ersten 12 Jahrgänge, Wilhelm Spemann, war
Verleger und hat kein Kinder- oder Jugendbuch geschrieben, so
erscheint er auch nicht in der Bibliographie. Den Titel Das neue
Universum findet man erst gar nicht im Titelregister. Der erste
Herausgeber des von 1880 - 1974 in 81 Jahrgängen erschienenen
Jahrbuches war wieder der Verleger Wilhelm Spemann. Die späteren
Herausgeber werden wohl auch keine Kinder- oder Jugendbücher
geschrieben haben und fehlen deshalb als "nur" Herausgeber ebenfalls
in der Bibliographie der Autoren. Die versprochene Auskunft "Was war
früher und weiter verbreitet ..." kann mit dieser Bibliographie also
nicht eingeholt werden. Durch das Prinzip der Berücksichtigung nur von
Verfassern fehlen in der Bibliographie nicht nur die vielen anonym
erschienenen Schriften, sondern auch zahlreiche Jahrbücher für Kinder
und Jugendliche.
Alle diese kritischen Bemerkungen beeinträchtigen nicht die
Anerkennung der enormen Leistung. Sie zeigen aber, daß so ein
umfangreiches und schon allein von der Quellenlage her schwieriges
Vorhaben die Möglichkeiten eines Einzelnen übersteigt. Geschaffen
wurde dennoch eine nützliche Bibliographie für Verfasserschriften der
Kinder- und Jugendliteratur. Für die Ermittlung der Kinder - und
Jugendbücher einzelner Autoren ist es mit Einschränkungen (verläßliche
Angabe der Erscheinungsjahre) gut. Zum Schluß kann nur wiederholt
werden: Man wird bei Recherchen im Bereich der Kinder- und
Jugendliteratur immer zuerst zur Bibliographie von Klotz greifen, sich
aber nicht damit zufrieden geben dürfen. Das Werk macht leider die
vielen kleinen Bibliographien, Bestandsverzeichnisse und
Werkbibliographien nicht überflüssig. Es ist aber der Ort der ersten
Orientierung.
Heinz Wegehaupt
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