Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 8(2000) 1/4
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Bücherverzeichnis zur Kirchengeschichte


00-1/4-144
Bücherverzeichnis zur Kirchengeschichte : eine kommentierte Bibliographie / hrsg. und bearb. von Lutz E. von Padberg und Michael von Fürstenberg. Unter Mitw. von Karl Dienst ... - Baderborn : Bonifatius Druck, Buch, Verlag, 1999. - 245 S. ; 23 cm. - (AMATECA : Repertoria ; 1). - ISBN 3-89710-061-4 : DM 49.80
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Die Publikation einer Bibliographie ist immer ein mühevolles Unternehmen; ihre Nützlichkeit wiederum hängt sehr davon ab, ob sie auf ein Bedürfnis antwortet, das diese Mühe rechtfertigt. Durch die rasante Entwicklung der Informationstechnologien und der mit ihrer Hilfe in den letzten Jahren erstellten Informationsmittel kommt zudem für die gedruckte Bibliographie eine Konkurrenz auf, die dieser an Aktualität immer voraus sein wird. Das alles ändert nichts daran, daß es nach wie vor Segmente gibt, denen das gedruckte Literaturverzeichnis adäquat ist.

Das vorliegende Bücherverzeichnis nimmt diese Situation zur Kenntnis, wenngleich nicht unbedingt als Gegenwart, wenn prognostiziert wird, daß "bald auch für die Geisteswissenschaften Datenbanken zur Bewältigung der Informationsflut bereitgestellt werden müssen" (S. 12). Wenn dann noch warnend gesagt wird, es bestehe "hier zumindest die Gefahr, daß wissenschaftliche Arbeit zum elektronischen Spiel zwischen Halbgebildeten verflachte", so ist das amüsant gesagt; daß daraus folgt, der rechte Weg zum rechten Buch sei wiederum ein Buch, ist aber nicht zu folgern.

Mögliche Kriterien für die Beurteilung einer Bibliographie sind: 1. das beabsichtigte Ziel und seine Bewältigung, 2. die Anlage, 3. die Auswahl des Verzeichneten.

1. Das Bücherverzeichnis, dessen Manuskript im Sommer 1998 abgeschlossen wurde und dessen Vorwort vom August 1999 datiert ist, denkt an "Studienanfänger, die etwa im Proseminar sich mit der Forschung vertraut machen sollen oder an die Abfassung ihrer ersten schriftlichen Arbeit gehen", will den Theologiestudenten aber bis zum Examen begleiten, wo man sich "mit Gebieten vertraut machen muß, in denen man noch keine vertieften Literaturkenntnisse erwerben konnte" - vom Nutzen für weitere Personengruppen einmal abgesehen. Damit übersteigt die Absicht bei weitem die Nennung der grundlegenden Hilfsmittel, mit denen man im Studium vertraut werden muß, gleichgültig, wo man seine Schwerpunkte setzt. Daß Bibliographien für diese Aufgaben nur eine Hilfestellung geben können, scheint mir evident. Reine Titelangaben helfen wohl nur, wo man klare Kategorien - Lexika, Wörterbücher etc. - nennen und die Spitzenliteratur nach common sense aufführen kann. So hängt die mehr oder weniger gute Bewältigung der weitergehenden Aufgabe m.E. wesentlich von der Anlage solcher Werke und von den kommentierenden Hilfestellungen ab.

2. Die einleitenden Hinweise zur Literatursuche von Stephan Holthaus (S. 20 - 29) versuchen eine Übersicht zu Bibliotheken, Bücherverzeichnissen (Neuere Literatur), Nachschlagewerken und Bibliographien; es folgen Ältere Literatur, Zeitschriftenverzeichnisse und Spezielle Verzeichnisse (enthalten sind biographische Werke!). Das scheint mir insgesamt nicht stringent.[1] Neuere Literatur etwa kann man schließlich nicht nur in Buchhandels-, sondern auch in Bibliothekskatalogen ermitteln etc.; m.E. hätte zum Aspekt "Literatursuche" schon unbedingt ein Hinweis auf elektronische Kataloge gehört; die Bibliotheksverbünde, der Karlsruher virtuelle Katalog sollte erwähnt werden etc.

Sechzig Seiten des Bandes entfallen auf den zweiten Abschnitt Empfohlene Studienlektüre und grundlegende Sammelwerke. Abgesehen davon, daß ich die Einteilung nicht ganz nachvollziehen kann (Studienbücher: Bihlmeyer-Tüchle; Sammelwerke: Jedins Handbuch; gebräuchlicher schiene mir - wenn das gemeint sein sollte - "Lehrbücher" und "Handbücher", was allerdings auch nicht immer einfach abtrennbar ist) ist dieser Teil m.E. durch seine Kommentierung wertvoll. Er verzeichnet Gesamt- und Epochendarstellungen, wobei Frühe Kirche, Mittelalter, Reformationszeit und Neuzeit abgetrennt werden (so auch beim dritten Abschnitt). Er ist durchaus als Lesestoff geeignet - was bibliographische Listen ansonsten ja nur sehr bedingt sind - und für Anfänger im Fach sehr hilfreich.

Nach diesem Teil wechselt der Stil des Buches zu unkommentierten Listen,[2] die in zwei Rubriken untergebracht sind: III. Grundbestand an Quellen, Bibliographien, Zeitschriften und Fachbüchern und IV. Allgemeine Bibliographie zum Studium der Kirchengeschichte. Auch diese Unterscheidung scheint mir erklärungsbedürftig. Ersteres ist im wesentlichen eine chronologisch aufgebaute Bibliographie. Die Epochen sind dabei wie im vorangehenden Abschnitt unterteilt. Die zweite Rubrik beginnt sozusagen wieder mit dem Allgemeinsten (Allgemeine Einführungen, Hilfsmittel zum wissenschaftlichen Arbeiten ...), was doch wohl besser weit nach vorn gehört hätte, und führt dann zu thematischen Teilbereichen der Kirchengeschichte (von der Dogmengeschichte über Liturgiegeschichte, Ordensgeschichte etc. bis zur regionalen Kirchengeschichte.

In einem abschließenden stärker kommentierend geschriebenen Teil V. Elektronische Datenverarbeitung und Kirchengeschichte findet man vor allem wichtige bibliographische und Volltextdatenbanken. So nötig eine Einführung in den Umgang mit elektronischen Medien ist, so schade finde ich es doch, daß diese Medien von den papiernen Quellen abgetrennt sind: Bei der Patrologia (S. 92) hätte auch die PL database genannt werden sollen etc. In anderen Fällen ist dies wiederum durchgeführt (Zeitschriften-Inhaltsdienst Theologie S. 28 und S. 244). Am problematischsten finde ich es aber, daß nicht grundlegender die Möglichkeiten der internationalen Datennetze angesprochen werden (S. 242 ist auf "die immer mehr sich ausweitenden Möglichkeiten des Zugriffs auf das INTERNET" hingewiesen; aber es ist kein Hinweis zum Einstieg für den Studenten gegeben).

Diese problematisierenden Bemerkungen zum Aufbau mögen gegenstandslos werden, wenn man sich genauer mit der Struktur vertraut gemacht hat. Die Benutzung des Werkes wäre allerdings leichter, wenn der Aufbau an einigen Punkten konsequenter wäre.

3. Entscheidend bei Bibliographien ist letztlich, was verzeichnet ist und was man in ihnen finden kann - letzteres wiederum hängt bei Werken ohne Register wie dem vorliegenden auch vom Aufbau ab. Dabei ist nicht nur die Struktur des gesamten Verzeichnisses, sondern auch seine Kapitelgliederung zu betrachten. Die Unterteilung in Quellensammlungen, Bibliographien - Enzyklopädien und Lexika - Zeitschriften - Einführungen ... - Darstellende Literatur - in einigen Fällen ergänzt oder etwas umstrukturiert - ist für die ersten Rubriken unproblematisch. Schwierig wird immer die rechte Auswahl der darstellenden Literatur. Teilweise wird hier wieder zurückverwiesen (so gut S. 103, wo in Kurzform die in II. genannten Werke erneut angeführt werden; daß Campenhausens Kirchenväter hier wie bei den einführenden Werken des Abschnitts auftauchen, zeigt, daß auch hier Abgrenzungen problematisch sind). Die ausgewählte Literatur ließe sich in vielen Fällen problematisieren. Das ist sicher unvermeidlich, rührt aber ein wenig an der Nützlichkeit solcher Auswahllisten, die man m.E. auch aus guten Handbüchern, umfassenden Lexikonartikeln und ergänzend aus aktuellen Bibliothekskatalogen zusammenstellen könnte.

Der Teil IV. Allgemeine Bibliographie zum Studium der Kirchengeschichte hat m.E. dagegen erhebliche Probleme der Ausgewogenheit: eine Seite Kirchenrecht gegen elf Seiten Kirchenbau scheinen mir doch verwunderlich, so gut letzteres ist. Dies ließe sich an Einzeltiteln weiter präzisieren: Warum fehlen die Zisterzienser bei der Ordengeschichte (S. 178 - 179), sind aber bei Kirchenbau (S. 195) zu finden; warum ein Index verborum ... zum so wenig "rechtlichen" II. Vaticanum gerade beim Kirchenrecht (wegen des Autors?) etc. pp. Das alles wäre unproblematisch, wenn die Auffindbarkeit durch Register gegeben oder die Liste als elektronische Datei mit Suchfunktionen zur Verfügung stände.

Die Redaktion des Verzeichnisses ist im übrigen m.E. sehr sorgfältig, was nicht verhindert, daß es gelegentlich der Aktualität hinterherhinkt (S. 159: TRE "bis Band 12. 1984" - 1998 waren 29 Bände erschienen!) oder durch Versehen auftauchen, - besonders schön das Handbuch der Marienkirche (S. 158), wo man vor vierzig Jahren vielleicht noch an Absicht hätte denken können ... Es soll hier auf weitere Beckmesserei verzichtet werden. Wer selbst bibliographisch gearbeitet hat, weiß, wie viele Fehlerquellen es gibt und daß gerade bei empfehlenden Bibliographien große Ermessensspielräume bleiben. Sehr wünschenswert wäre es aber, wenn dieses Arbeitsinstrument in einer neuen Auflage in seiner Anlage gründlich überprüft, aktualisiert, neu organisiert und vor allem durch Register ergänzt würde, die zur Auffindbarkeit einzelner Titel oder nicht in der Systematik enthaltener Themen sowie auch im Falle von Überschneidungen unentbehrlich sind. Wenn das Ganze in elektronischer Form - etwa als CD-ROM - angeboten würde, ließen sich die Probleme vermutlich leichter lösen und evtl. auch eine Aktualisierung via Internet dazukomponieren, die das Problem der Aktualisierung mindestens hinsichtlich der Monographien lösen könnte, zumal im gesamten deutschen Sprachraum inzwischen mit der Schlagwortnormdatei gearbeitet und Suchanfragen in großen Verbundkatalogen - etwa dem Südwestdeutschen Bibliotheksverbund, der das Sondersammelgebiet Theologie in Tübingen mit umfaßt - oder gar im Karlsruher virtuellen Katalog u.U. voreingestellt mitgeliefert werden könnten. Wenn gar der ausgezeichnete Zeitschriften-Inhaltsdienst Theologie der Universitätsbibliothek Tübingen noch in einer Netzversion zumindest in den deutschen Universitäten zur Verfügung stände (etwas Futurologie sei hier gestattet), wäre solch ein Einstiegsinstrument ein hervorragendes Medium! Das müßte zu keinem "elektronischen Spiel zwischen Halbgebildeten" führen, sondern würde die heutigen - gewiß noch nicht voll befriedigenden - Potentiale nützen und könnte zudem durch erläuternde Kommentare in seiner Reichweite und seinen Grenzen eingeordnet werden.

Albert Raffelt


[1]
Das ist freundlich ausgedrückt, doch ist dieses ganze Kapitel eine einzige Zumutung was Gliederung, Beschreibung, Titelauswahl und Aktualität betrifft, und die Formulierungen sind z.T. so putzig, daß man lachen könnte, wenn es nicht ernst gemeint wäre.
Hier nur Beispiele aus dem Abschnitt 3. Nachschlagewerke und Bibliographien (es nennt auf einer einzigen Seite übrigens ausschließlich Bibliographien): "Bibliographien sind Bücherlisten zu einem bestimmten Thema oder einer bestimmten Person. ... Mittlerweile gibt es auch zu theologischen Themen Bibliographien. Nach und nach setzen sich heute zudem computergespeicherte Bibliographien durch. Wie findet man zu einem Thema oder einer Person die passenden Bibliographien? Dazu sind wiederum bestimmte Bibliographieverzeichnisse erschienen ... Zu empfehlen ist z.B. die Internationale Bibliographie der Bibliographien 1959 - 1980 ... 12 Bände. München 1994 - 1996." Wie schön, daß der Verlag seine Prospekte immer rechtzeitig herausgibt, auch wenn die Realisierung der Projekte z.T. beträchtlich hinterherhinkt, aber Hauptsache ist ja, daß Bearbeiter dieses Abschnitts es glaubt, ohne sich davon zu überzeugen, daß Bd. 1 erst 1998 erschienen ist (bis Mitte 2000 lag erst Bd. 4 vor). Dafür läuft und läuft und läuft für ihn immer noch die Bibliographie der deutschen Bibliographien (deren neuere Titel kennt er ebenfalls nicht). Daß der Besterman "etwas älter und nur für den englischsprachigen Raum interessant ist" zeigt ebenfalls, daß er diese Bände nie in der Hand hatte. "... die großen Nationalbibliotheken ... geben regelmäßig Listen ihrer Neuaufnahmen [sic] heraus, die sogenannten Nationalbibliographien. Für den deutschen Sprachraum ist hier zu nennen die Deutsche Nationalbibliographie 1986 - 1990 ... 1992. Seit 1991 erscheint dieses Verzeichnis in Halbjahresbänden. Für den amerikanischen Sprachraum [sic] ist das Gegenstück der National Union Catalog ... (jährlich ca. 10 Bände)." Usw. usf. Gäbe es ein theologisches Seminar mit angeschlossenem Studentenkabarett, wäre dem Verfasser dieses Abschnitts bei einem Auftritt eine Lachnummer sicher.
Wenn dergleichen durchgelassen wird, stellt das natürlich die Solidität des ganzen Werkes in Frage, weshalb wenigstens auf zwei ältere Titel - eine Bibliographie und eine bibliographische Einführung zur Kirchengeschichte - hingewiesen sei, von denen sich erstere durch ihren Titelreichtum auszeichnet. Beide dürften im Bücherverzeichnis fehlen, obwohl sich diese Tatsache wegen der problematischen Systematik und des fehlenden Registers nur unter Vorbehalt behaupten läßt:
Kirkehistorisk bibliografi / af Torben Christensen ... - Kobenhavn : Gad, 1979. - 423 S. ; 25 cm. - ISBN 87-12-13627-1. - 6074 Titel mit Register.
Bibliographical introduction to church history / Karel Blockx. - Leuven : Acco, 1982. - XII, 98 S. ; 24 cm. - (TG ; 162). - ISBN 90-334-0618-7. - 729 Titel mit Register. [sh] (zurück)
[2]
Die unkommentierten Titel (nur Monographien, leider ohne Umfangsangabe) füllen 148 S., im Gegensatz den 56 S. mit 85 kommentierten Titeln in Teil II, und somit spiegelt auch der Zusatz zum Sachtitel des Bücherverzeichnisses die Wirklichkeit nur ganz unzureichend. [sh] (zurück)

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